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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 8
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Kohut, Adolph; Schwind, Moritz von [Honoree]: Moritz von Schwind: ein Gedenkblatt zu seinem 100. Geburtstag, 21. Januar 1904
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Gagliardi, Ernst: "Ara pacis Augustae"
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Die A u n st - H a l l e.

Nr. 8

U6

seiner humoristischen weise, „um mir Platz zur Aus-
führung dieses langgehegten planes zu verschaffen".
Als er den Auftrag erhielt, war er sich über eins sofort
klar: „Dahin gehört vor allem der größte Tondichter
(Oesterreichs, und das ist Mozart." Und so hat er
denn auch Mozart am eingehendsten und liebevollsten
behandelt. Schwind, der warme Musikfreund, der
leidenschaftliche Geiger, der Iugendgenosse eines Franz
Schildert, war wahrlich der rechte Mann, um das
Wiener Opernhaus auszumalen, und so hat er denn
auch hier prächtige Sachen geschaffen, wie urgemüth-
lich ist z. B. Dittersdorfs: Doktor und Apotheker! und
welch' herrlicher bsmnor spricht aus dem Barbier von
Sevilla. „Schwind's Gperufresken", bemerkt Friedrich
Lsaack treffend, „sind nicht Illustrationen im gewöhn-
lichen Sinne des Wortes, sondern freie, aus dichterischer
Seele geborene Nach- und Neuschöpfungen. . . ." Be-
merkenswerth ist übrigens auch des Künstlers Talent,
sich in den äußeren Lsabitus, wie in das innere Denken
und Fühlen der verschiedenen Zeitperioden hineinzudenken,
wir sehen da keine Akademiemodelle, die sich in den
alten Prachtkostümen höchst unbehaglich fühlen, sondern
wir haben es überall mit Menschen von Fleisch und
Blut zu thun, denen ihre Kleider wie angegossen am
Leibe sitzen, denen ihre bfaar- und Barttracht ganz vor-
züglich steht, die sich völlig natürlich bewegen und
handeln. Da ist keine Spur vou Affektation. Be-
wuudernswerth ist auch Schwind's Geschick, den ge-
gebenen Raum auszunutzen, wie glücklich hat er z. B.
einen großen Theil der Lünetten in drei Abteilungen
gegliedert! Oder wie wundervoll ist k^aydn's
„Schöpfung" in dem Halbkreis komponirt!
Ich erwähne noch den mit unerschöpflichem Lsumor
gezeichneten Zyklus wichtiger Momente aus dem Leben
seines schon genannten Freundes Franz Lachner,
sowie den lieblichen Aquarellen-Zyklus von der schönen
Melusine, welcher nebst den sieben Naben sein Haupt-
werk ist. Die Melusine wurde f870 zum ersten Mal
ausgestellt, nachdem Schwind an seinem 66. Geburtstag
deu letzten piuselstrich daran gethan hatte. Ts war
dem Gemälde ein Triumphzug durch ganz Deutschland
beschieden, bis es in Wien in der Kaiserlichen Gallerte
eine dauernde cheimstätte fand, aber das Werk war
auch des Künstlers Schwangesang.
Moritz von Schwind, der längere Zeit schon an
einen: bserzübel und asthmatischen Beschwerden gelitten
hatte, schloß seine Augen am 8. Februar l87s. Sechszehn
Jahre zuvor hatte ihn Kaiser Franz Joseph von Oester-
reich in den erblichen Nitterstand erhoben. Graf von
Schack aber nannte ihn treffend den Karl Maria
von Weber der Malerei. Und was einst Richard
Wagner am Grabe des Komponisten des „Freischütz"
gesprochen, paßt völlig auch auf Moritz von Schwind.
„Nie hat ein deutscherer Küustler gelebt als Du!
Wohiu Dich auch Dein Genius trug, in welches ferne,
bodenlose Land der Phantasie, immer doch blieb er nut
jenen tausend zarten Fasern an seines deutschen Volkes

bserz gekettet, mit dem er weinte und lachte, wie ein
gläubiges Kind, wenn es den Sagen und Märchen der
Lseimath lauscht. Ja, diese Kindlichkeit war es, die
Deinen männlichen Geist wie sein guter Engel geleitete,
ihn stets rein und keusch bewahrte; und in dieser Keusch-
heit lag Deine Eigentümlichkeit; wie Du diese herrliche
Tugeud stets ungetrübt erhieltest, brauchtest Du nichts
zu erdenken, nichts zu erfinden. — Du brauchtest nur
zu empfinden, so hattest Du auch das Ursprünglichste
erfunden. Du bewahrtest sie bis an den Tod, diese
höchste Tugend, Du konntest sie nie opfern, dieses schönen
Erbmals Deiner deutschen Abkunft Dich nie entäußern,
Du konntest uns nie verrathen! — Sieh, nun läßt der
Brite Dir Gerechtigkeit widerfahren, es bewundert Dich
der Franzose, aber lieben kann Dich nur der Deutsche,
Du bist sein, ein schöner Tag aus seinem Lebeu, ein
warmer Tropfet: seines Blutes, ein Stück von seinen:
lfterzen!"

„fira pacis Nugustge".
von Ernesto Gagliardi, Non:.
(Schluß.)
größte Verdienst um die Aufdeckung der ^ra
paois gebührt, wie selbst die Italiener neidlos
einräumen, dem Professor Petersen, dem früheren
Leiter des deutschen Archäologischen Instituts in Nom.
In einer Aufsehen erregenden Abhandlung hat
dieser Gelehrte in erschöpfender weise Alles zusammen-
gefaßt, was man von der pavis wußte, und bis
auf einige unwesentliche Abweichungen ihre genaue
tage angegeben und selbst die Ergebnisse der jetzigen
Ausgrabungen vorausgesehen. Ohne seine Anregung
und seinen Beistand wäre der Professor pasqui kaum
im Stande gewesen, anläßlich des jüngsten inter-
nationalen Geschichtskongresses in Nom, in Michel-
angelos Kreuzgang im Thermenmuseum mit den dort
vorhandenen Fragmenten einen Theil des Friedensaltars
wieder aufzurichten. Sein Interesse für die Inangriff-
nahme der Ausgrabungen hat Deutschland auch dadurch
dokumentirt, daß es einen Beitrag von (fOOO Lire dazu
beisteuerte, einen weiteren Beitrag von öOOO Lire
lieferte der Eigenthümer des bsiauo, Tommen-
datore Almagist. Das mit so spärlichen Mitteln be-
gonnene Werk hat jetzt die Regierung in die Lsand ge-
nommen, die vor der Kulturwelt die Ehrenpflicht hat,
es möglichst bald zum Abschluß zu bringen. Der
italienische Minister für Volksaufklärung, der Vatikan
und selbst Frankreich sollen ihre Bereitwilligkeit erklärt
haben, wenn wir Professor pasqui, dem Leiter der
Ausgrabungen, Glauben schenken dürfen, durch ^er-
gäbe der sich in ihrem Besitz befindlichen Fragmente
 
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