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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 8
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R., M.: Aus den Berliner Kunstsalons
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Unsere Abbildung
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Kunstchronik
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Ausstellung
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Die Kunst-Halle.

Henry Taro-Delvaille, der sich sehr anspruchsvoll
gebärdet und zum Theil recht unangenehme Em-
pfindungen weckt. Dazu kommt der fixe Schilderer der
pariser Lebewelt in den Sommerfrischen, H. George
Ieanniot, ein Faiseur von forzirtem Esprit, dessen
Machwerke man uns wohl hätte ersparen dürfen. Als
Dritten begrüßen wir den uns wohl vertrauten Desire-
Lucas mit einer langen Reihe von neuen Arbeiten.
Desire-Lucas gehört zu der Gruppe der „Bretonen",
d. h. derjenigen Maler, die vorzugsweise in der Bretagne
ihre Studien betreiben und Land und Leute dort zum
Inbegriff ihres Schaffens machen. In seinen Land-
schaften zeigt Lucas eine gewisse Verwandtschaft mir
dem großen und strengen Gourbet, weniger in Nach-
ahmung von Äußerlichkeiten, als vielmehr in der
geistigen Auffassung und in der starkmalerischen Tharakte-
risirung der Naturstimmungen. Es sind meist kleine
Bilder, voller Verve im Vortrag und von schöner Tiefe
in der Stimmung. So schildert er die See, die sich zu
perlmuttergrauem Glanz besänftigt und von den
Schleiern der Dämmerung wundervoll umfangen wird,
dann die sturmgepeitschte See in herorischem Aufruhr
mit wild entrollten schwarzgrauen Wolkenfahnen. Und
immer wieder erlabt sich der Künstler am Frieden der
Abendstunde. Schöne Stimmungen meistert er in den
Bildern, wo das Dorf sich schwermüthig dunkel gegen
die letzten Tageslichter zusammenrafft, die grünen Felder
gegen den Hügel andunkeln, und gegen diese weithin-
laufende Hügellinie, die im kühlen Abendschein erbebt.
Noch mehr kultivirt Desire-Lucas das Interieur. Die
Bauernhäuser in der Bretagne sind seit Jahrhunderten
im Innern unwandelbar geblieben, es sieht da heute
noch so aus wie zu Rembrandt's Zeiten, eng, ver-
räuchert, dunkel und mit klobigem Hausrath. Das
fordert natürlich zu den Hell-Dunkel-Stimmungen heraus
und darin leistet Lucas auch sein Bestes und Eigenstes.
Hier beobachtet er das Thun der Leute, ihre kleinen
Freuden und Sorgen und darüber huscht der Goldschein
des Mondes in warmen Tönen oder ein funkelndes
Reflerlicht springt vor der geöffneten Thür vom Boden und
verklärt die rauchgeschwärzten wände der Hütten. Jener
Taro-Delvaille verlegt sich auf Horträt-Sensationen
groben Kalibers. Er besitzt gewiß eine malerische
Routine, er liefert brillante Akte und versteht sich in
seinen: lärmenden Kolorit auf Modeschlager. Aber in
seiner ganzen Art liegt etwas Ungeschlachtes und Un-
feines. Das ist Kokottenkunst zweiter Ordnung, die des
feinen pariser Geschmacks entbehrt. Er malt brillant-
strotzende weibliche Wesen von etwas zweifelhaftem
Gebühren, langhingestreckt auf Haradebetten in großer
Toilette. Auf den geschminkten starren Gesichtern gähnt
eine bche Oede und Leere und so hat der Künstler nur
Gelegenheit zur Reauisitenschilderung minderer Gattung.
LI. Isi
X8. wegen Raummangel mußte der Bericht über die
Ausstellung der Münchener Rezession im Künstlerbause
Zurückbleiben. D. Red.
llnrere Milöung.
wir versagen uns nicht, dem vorliegenden Beste unserer
Zeitschrift zwei Abbildungen aus dem kürzlich erschienenen,
von uns bereits in Ur. 7 gewürdigten neuen „Riedersächsischen
Kalcnderbuch" Der Heidjer (Verlag von Gebr. Iäi lecke in
Hannover. Hr. ; Mk.) beizulegen.. Die Künstler beider Werke,

benannt: „Die Treidelpferde" und „Auf einsamer Höhe", die
Maler Hugo Friedr. Hartmann und Ernst Müller-
Sch eebel gehören einer Vereinigung des Namens an, der
auch der Lite! des Kalenders ist und deren künstlerischen Be-
strebungen, da sie gleichzeitig in der Liebe zur Heimat wurzeln,
wir stets hochgehalten haben. Uebrigens enthält das Büchlein
einen lesenswerthen illustrirten Aufsatz über die genannte
Vereinigung und das Schaffen ihrer strebsamen Mitglieder.
M

Aunrtckronik.
* Berlin. Bildhauer Kraus-Rom erhielt von: Kaiser
den Auftrag, die Büste des Admirals Brommy für die Kieler
Marincakademic auszuführcn.
* Boppard a. Rh. Kupferstecher Hrof. Rud. Stang ist
mit einer großen Radirung des Horträts des Hrinzen Heinrich
der Niederlande beschäftigt, als Hendant seines Bildes der
Königin Wilhelmine.
* Düsseldorf. Die städtische Gallerie erwarb aus der
Sonderausstellung der Werke H. Hermanns in der Kunsthalle
ein „Kircheninterieur" aus llnterfranken; auch ein „Vorfrühling"
wurde der Gallerie überwiesen.
* Elberfeld. Jin Museumsverein sieht inan ein Ge-
mälde des A. von wernerschülers Haul vowe, darstellend eine
Szene, die sich beim Besuch des Kaisers im Rathhausc Hooo>,
aus Anlaß des ihm dargcbotenen Ehrentrunkes, abgespielt
hatte. Die Schilderung enthält sehr gelungene Horträts und
ist als Geschenk mehrerer Bürger für die Stadt bestimmt.
* Hohenseeden. In der alten Kirche sind s. Zt. unter
dem Hutz kostbare Malereien entdeckt worden. Diese sollen
restaurirt werden. Die Arbeiten sind auf etwa ;ooooM. ver-
anschlagt worden. Der Staat hat hierzu eine Beihilfe von
nooo M. gewährt.
* Leipzig. Die Hrelle r-Gen elli Fresken im „Rö-
mischen Baus" sind beim Abbruch des Hauses in Gefahr ver-
nichtet zu werden. Die Deutsche Gesellschaft zur Beförderung
rationeller Malvcrfahrcn in München, gez. v. Lenbach, bietet
sich dem sächsischen Kultusministerium und dein Rath zu
Leipzig an, die Uebcrtragung der gefährdeten Gemälde auf
eine andere wand auszuführen. Leider hatten die Schöpfer
jener Werke bei ihrer mangelhaften Kenntniß der Frcskotcchuik
die Stuckschicht so dünn genommen, daß die Uebcrtragung nur
möglich ist, wenn zugleich die ganze Mauer ausgesägt wird.
(? D. Red.)
* Haris. Dem Louvre hinterließ der au: io. Dezember
zu Monte-Larlo verstorbene Baron Arthur von Rothschild ca.
wo Gemälde seiner Sammlung, darunter Werke von Hobbcma,
Ruysdeel, Wouwermans, Bakhuyscn, Tcniers und Grenze.
* Rom. Der französische Bildnißinalcr Gabriel Ferrier
hat unlängst Hapst Hins X. in den: einstigen vatikanischen
Atelier Raphael's porträtirt. Der Hapst sitzt im feierlichen Ornat
auf einem byzantinischen Throne.
* Wiesbaden. In einer Hrivatsammlung befindet sich
ein von I. L. David ;700 gemaltes Brustbild der Königin
Maria AiUoinctte von Frankreich; cs ist von einfach vornehmer
Auffassung.

Mzkllungen.
* Barmen. Die Ausstellung des Kunstvereins in
der Ruhmeshalle enthält, außer der früher angekündigten
H. Thoma-Kollektion, biblische Darstellungen von Franz - chmid-
Breitcubach und O. Rofsow, Landschaften des Düsseldorfers
Tiarenbach u. A.
Bonn. Im akademischen Kunstmuseum: Eifel Land-
schäften von Marie Kunz.
 
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