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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 6
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Kiesling, Ernst: Leipziger Kunstbericht
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Rapsilber, M.: Von Berliner Kunst
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Nr. 6

Die Run st-Halle.

87

sonstigen mitunter recht dekorativ ausgefallenen Dar-
stellungen. Seine Buntstiftzeichnung „Der gefesselte
Loki" ist als der vielversprechende Anfang eines Edda-
Zyklus anzusehen. Lin sehr gutes plastisches Werk
bietet Johannes Hartmann mit seinem ,,^mor trinm-
pbator", den er mit Adam und Lva in Verbindung ge-
bracht hat. Dieser selbstbewußte, kraftstrotzende Amor
hat zwar etwas Urwüchsiges in seinem Sichgeben,
jedoch wirkt er als Bindeglied zwischen den beiden
liegenden bezw. kauernden Figuren ganz ausgezeichnet.
Feinsinnige Naturpoesie und schöne leuchtende Farben-
wirkung enthalten die Landschaften von Fritz Brändel
und Horst Schulze. Der letztere ist noch mit einem
interessanten Bildniß des Bildhauers Felix Pfeifer ver-
treten, welcher ebenfalls die Ausstellung beschickt hat
und zwar mit einer vorzüglich durchgebildeten porträt-
büste eines alten Herrn und einer guten farbigen
Studie. Mit der Persönlichkeit pfeifer's hat sich auch
Walter Oueck beschäftigt, welcher den Bildhauer bei
der Arbeit darstellt. Lin Bild, an dem der ungemein
plastisch modellirte und von lebendigem Ausdruck be-
seelte Kopf das Beste ist. Daneben zeigt Oueck noch
ein ansprechendes Damenbildniß. O. R. Bossert's
tief gefärbtes und breit hingestrichenes „Herrenbildniß"
besticht durch Ton und Mache, könnte jedoch sorg-
fältiger durchgebildet sein. Franz Bender und Fritz
Rentsch haben sich mehr nach kunstgewerblicher Rich-
tung hin bethätigt; der erstere zeigt ein koloristisch
wirksames Glasgemälde, dessen Komposition „Musik",
auch die formale Behandlung von guter Seite sehen
läßt, der letztere ein feintoniges dekoratives Supra-
portabild „Frühling" und mehrere reizvolle Stickereien
auf Tischdecken.
Lrnst Riesling.
W

Von Zerliner Aunnt.
<^Lm Rünstlerhause ist die übliche Weihnachts-
FH) ausstellung veranstaltet, enthaltend allerlei mindere
Werke, aber lieblich anzuschauen für das große
Publikum. Doch ist der offenbare Schund, der hier in
früheren Jahren zuweilen erschrecklich grassirte, heuer-
möglichst in die Winkel abgeschoben, so daß man im
Ganzen immerhin ein freundliches Bild vom Berliner
Kunstschaffen zweiter Güte erhält. Um indeß auch den
anspruchsvolleren Kunstfreunden eine Augenweide zu
bereiten, hat man einige Novitäten ernsterer Art in den
Vordergrund gerückt. Ganz nach vorn zwei neue
Malereien von Ludwig Knaus, welche von dem unge-
minderten Arbeitsernst und der rüstigen Frische des
vierundsiebzigjährigen Zeugniß ablegen. Ls sind
Bilder nach italienischen Motiven in dem sattgoldigen
Ton und in der schönen Sauberkeit des Vortrages,
welche seit jeher dem Altmeister zu eigen gewesen. Da
sehen wir zwei italienische Mädchen auf antiken Säulen-
trümmern sitzend, und während die Ziegen sich am
wilden Rosengesträuch erlaben, umgoldet die sinkende
Sonne das liebreizende Idyll, und in der Ferne kleiden
sich die Berge in das erste Blau der Dämmerung.
Dann die Heimkehr einer Schafherde: duftig webt der
Abend durch's Thal, alle Formen und Farben tauchen
unter in dem tieftönigen Frieden, und nur am ragenden

Berggrat hängt noch ein scharffunkelnder Sonnengruß.
An zwei überlebensgroßen Idealstatuen bekundet des
Ferneren Wilhelm Wandschneider ein ernstes Streben in
die große Form, weniger ernsthaft zu nehmen sind die
Konkurrenzentwürfe für die Lhrenmedaille, mit welcher
die Stadt Berlin verdienstvolle Stadtväter bei geeigneten
Gelegenheiten auszuzeichnen trachtet. Der zur Aus-
führung erkorene Entwurf von Lederer zeigt nur eben
erst die Idee und die Richtung, in welcher sich die
Ausgestaltung bewegen wird. Dazu kommt eine Nach-
laß-Ausstellung von Landschaften und Studien des ver-
storbenen Georg Schmitgen. wach werden da wieder
liebe Erinnerungen an den Künstler, welcher allezeit ein
getreuer Arbeiter im Weinberg des Herrn gewesen,
sonst indeß nicht zu den ragenden Größen gehört hat.
Und endlich verankert sich die Schauensfreude vor
36 sauberen und routinirten Aquarellen von Hans
Bohrdt. Ls handelt sich um Stimmungen von der
Insel Sylt und dann vor Allem um sebulgerechte
Marinebilder von der Uebungsfahrt des Ersten Ge-
schwaders unter dein Kommando des Prinzen Heinrich
im Mai und Juni dieses Jahres. Die Fahrt ging nach
Vigo, einer herrlich gelegenen Hafenstadt in der spani-
schen Provinz pontevedra in Gallicien. Da schauen
wir die verschiedenartigen Schiffsmanöoer der kriegerisch
sich geberdenden Panzerkolosse, aber auch die strenge
Schneidigkeit der Nordsee, die majestätuche Größe des
Atlantic und die südliche Glorie des Golis von Biscaya
und die paradiesische Schönheit der gallicischen
Küstenorte.
Der Salon A. Wertheim bleibt zwar auch dies-
mal seinem streng umgrenzten Programm der sezessio-
nistischen Studie getreu, aber es fand sich doch auch
Raum für einige wenige Meisterwerke der modernen
Malerei. Fritz Overbeck-Worpswede sandte zwei Bilder,
die einem wundervoll gereiften Können entsprungen
sind. In einer Hügelkuppe veranschaulicht er die Größe
der Mutter Erde. Gegen gelbe und grüne Felder-
streifen breitet sich das braune, frischumgebrochene
Ackerland in brünstig herber Kraft. Der Berg ragt
gegen das Licht, so daß die wuchtende Masse sich
hünenhaft anstemmt gegen das hastig jagende, schwarz-
graue Wolkengesindel. Linen ähnlich großen Kontrast
zwischen Hell und Dunkel verwerthete Overbeck auch
auf einem Maienbild. Hier kommt dazu noch eine
lyrische Bewegsamkeit der Himmelstöne und auf dem
schwerdunklen Hintergrund das ätherisch frische Grün
der schlanken, schwanken Bäume. Als eine dem
Niederdeutschen ebenbürtige Erscheinung stellt sich der
Norweger Otto Sinding dar, der Bruder des be-
rühmten Bildhauers. Auch hier ein Kontrast zwischen
Hell und Dunkel, aber an zwei Gegenstücken verdeut-
licht. Reber dem uralten Erlenwald nebeln die Sumpf-
geister, fern entweicht der Tag auf den rosig ver-
dämmernden Wolken, und wie ein Schuhu schaut des
ausgehenden Mondes glührothe Scheibe in Erlkönigs
düsteres Reich. Daneben ein lichtverklärtes Vorfrüh-
lingsbild. Vor dem dichten Wald steigen die nordisch
schlanken Birken aus dem fahlen Med kerzengerade in
den jubilirenden Himmel, es ist, als ob das zarte Geäst
sich in dem lichtesten Licht zu Lerchenschlag und Engels-
gesang vergeistige. Auch hier spricht ein Maler zu uns
von der Höhe seiner genialen Reife. Neben diesen
Meistern muthen die neumodischen Münchner beinahe
wie Kulissenreißer an in ihrer vertrackten dekorativen
Manie. Der jetzt nach Berlin übergesiedelte Theodor
Hummel, ein geborener Schlierseer, Löfftz - Schüler und
eines der markantesten Talente der Münchner Sezession,
malte ein „Stürmisches Wetter" in forschem, großem
 
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