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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 3
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Rapsilber, M.: Aus den Berliner Kunstsalons
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Kunstchronik
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Nr. 3

Die Run st-Halle.


durch die ruhige Art einer absoluten Schlichtheit. Das
schwarze mit Grau stark durchsetzte Kostüm, der graue
Hintergrund und das durch Reflexlicht sozusagen abge-
blendete Antlitz ergeben einen Zusammenklang von einer
merkwürdigen Noblesse, allerdings nur rein äußerlicher
Art, da offenbar das Vorbild zur Ausarbeitung psychischer
Züge keinen Anlaß gab. Daneben erscheint der be-
kannte Strandreiter in einer neuen Auflage, aber dies-
mal aus einer so abscheulich verzeichneten Rofinante,
daß es räthselhaft bleibt, wie ein solcher Mißgriff an
die Meffentlichkeit gelangen konnte. Der Mangel an
Selbstkritik ist übrigens bei einem so lebensklugen
Künstler wie Liebermann seit jeher ein scharf hervor-
stechender Zug gewesen.
Endlich wäre noch die Ludwig Richter-Gedächtniß-
ausstellung im Salon Keller Lc Reiner zu registriren.
Ueber Richter selber dürfte an dieser Stelle nach all
dem Ueberschwang, den der hundertste Geburtstag des
Meisters entfesselt, nichts Neues mehr beizubringen sein.
Aber es verlohnt sich festzustellen, daß die ob ihrer
Blafirtheit und ihres geistigen Hochmuths verschrieenen
Bewohner von Berlin F^. zu dieser Ausstellung wie zu
einem Heiligthum voller Andacht und Ergriffenheit
pilgern, um den Ludwig Richter von Neuem zu entdecken
und ihm einen Ehrenplatz neben Moritz Schwind
feierlichst anzuweisen. Die Sammlung bei Keller öc Reiner
umfaßt fO Gelbilder und f56 Wasserfarbenblätter und
Zeichnungen, die sämmtlich aus Privatbesitz stammen
und alle Wandlungen des Meisters veranschaulichen.
Nun kommt dazu, daß die wundersamen kleinen Kunst-
werke sozusagen in ihrem eignen Milieu inszenirt sind.
Zn lauter kleinen intimen Kabinetten, die im Bieder-
maierstil mit geblümten Tapeten, die Heinrich Vogeler-
Worpswede für seine Zimmer entworfen, mit antikisirendem
Porzellan und dazu passenden alten Möbeln ausgestattet
sind. Zn einer blumengeschmückten Lhrenhalle ist die
Marmorbüste LudwigRichter's aufgestellt und überhaupt
sind durchgehends auserlesene Blumenarangements zur
Erhöhung der festlichen Stimmung von den Herren
Ausstellern herangezogen. Durch all diese Künste wird
der Besucher nicht nur angenehm überrascht, sondern
auch mit einem Schwung in jene Rührseligkeit versetzt,
die ein Echo des Richter-Zubiläums ist, zumal heut-
zutage, wo man sich zu einem stellenweise foroirten
Kultus des Kindes und der Kindlichkeit begeistert hat.
Zetzt aber ist ein neuer Stein ins Rollen gekommen,
denn nunmehr werden wir zu den vielen anderen
Künsten die Kunst des Ausstellens sich entwickeln sehen,
wohl zumeist an dieser Stelle, wo seit jeher dekorative
Neigungen sich schön bethätigt haben.
M. Rapsilber.
W
Unsere MilSung.
Von Prof. Paul poecker, der seit einiger Zeit nicht
mehr seinen Wohnsitz in München hat, erregte auf der letzten
Berliner Kunstausstellung das kleine Gemälde „Begütigung"
als Muster malerischer Zartheit und feingestimmtes Interieur
allgemeines Interesse, wir freuen uns, das liebenswürdige
Werk des geschätzten Künstlers, der z Zt. in Rom lebt, in
dem vorliegenden pefte reproduzirt zu bringen.

RunMronik.

Berlin.^ Lin Konnte beabsichtigt die Errichtung eines
Kunst- und Mu 1 ikpalastes. — Die vom Bildhauer vuqo
Lederer, dem Sieger im engeren Wettbewerbe für den Magistrat
geschaffene Plakette ist für verdiente Persönlichkeiten in
städtischen Aemtern bestimmt.
I-Dortmund. Kunstförderung? Lin eigenartiges
Schicksal fand, nach der Dortm. Itg., der Antrag des Magistrats,
von den 50 ooo Mk., die der Stadt aus den Üeberschüssen der
Düsseldorfer Ausstellung für ein Gewerbemuseum übermittelt
worden sind, 20000 Mk. zum Ankäufe kunstgewerblicher
Gegenstände aus der Sammlung des verstorbenen Bürger-
meisters Thewalt in Köln zu entnehmen. Der Berichterstatter
des Magistrats beantragte die Genehmigung des Antrages,
indem er auf den hohen Kunstwerth der Sammlungen hinwies.
Im Namen seiner liberalen Freunde brachte Stadtverordneter
Lrüwell aber Bedenken zum Ausdruck, ob das Geld auch für
den Zweck verwendet werden dürfe; er wollte nur 6— ;o 000 Mk.
aus andern Mitteln, den Sparkassenüberschüssen, bewilligen.
Stadtverordneter Meyer meinte, man könne wohl bis ;5 000 Mk.
gehen und die Summe aus andern, noch näher zu bezeichnen-
den Fonds decken, vielleicht würden sich auch für einzelne
Gegenstände freiwillige Stifter finden. Stadtverordneter Jul.
Brand wollte gar nichts bewilligen. Museumsdirektor Baum
empfahl die Bewilligung auf's wärmste und wies darauf hin,
daß fast zwei Drittel der Dortmunder Museumsschätze durch
ihn ohne Geld zusammengebracht worden seien. Schließlich
wurden aber, da keiner leiden wollte, daß der andere für ihn
zahle, die sämmtlichen Anträge abgelehnt. Die Stadtväter waren
selbst verblüfft ob dieses Ausganges der Sache.
* Marburg. Man beabsichtigt das uralte Kiliangebäude
abzubrechen und wieder neu aufzu b auen und die alsdann
entstehenden Räume zu Ausstellungszwecken für kunstge-
schichtliche und kunstgewerbliche Gegenstände resp. zur Aufnahme
des hessischen Geschichts- und Alterthumsvereins, die zur Zeit
im Schlosse untergebracht ist, jenem zu überweisen.
* Mokropetz. In der kleinen Kirche des böhmischen
Ortes entdeckte der Bildhauer Prof. I. Mauder zwei Originale
von Lukas Lranach mit Monogramm und Jahreszahl, an-
scheinend Theile eines ehemaligen Flügelaltars, mit den Ge-
stalten der peiligen Barbara und Katharina.
* Ruf ach. Die Stadt läßt ihre reiche Sammlung alter
2 bis 2P2 m großen Grabdenkmäler aus dem t^., O.
und t8. Jahrhundert in der früheren Franziskanerkirche zu-
sammenstellen. Man spricht gegenwärtig auch von der Er-
richtung eines Museums. Die Stadtverwaltung und viele
hiesige Bürger besitzen Alterthümer in Masse, so daß es sich
lohnen würde, dieselben als Sammlung in einem Museum zur
Schau zu stellen.
* Venedig. Die Wiederherstellung der „Loggetta"
Sansovinos nimmt unter Leitung Manfredis guten Fortgang.
Im Dogenpalast wurde das Riesengemälde von Lint oretto
„Das Paradies" behufs Reinigung und Ausbesserung von
der Ostwand der „Sala del Maggior Lonsiglio" herabge-
nommen; zunächst wurde es auf eine neue Leinwand gespannt.
Pinter dem Gemälde kam an der wand ein leider halbzer-
störtes Fresko aus dem ;5. Iahrh. zum vorschem.
* Warschau. Lin hier vor 2 Jahren verstorbener
Kunstfreund perr I. G. Blioch hinterließ der Stadt eine
Sammlung von mehr als tooo O rigin alz ei chnungen
hervorragender Künstler, u. a. Feder- und Bleistiftzeichnungen
von Tizian, Tintoretto, Paolo Veronese, perugino, Rembrandt,
Rubens, Dürer, porace Vernet, Kaulbach u. a. Die Sammlung
ist dem Museum des hiesigen Vereins zur Förderung der
Künste überwiesen worden.
* Weimar. Dem ersten Kunst-Lrziehungstag in
Dresden ist hier kürzlich in zweijährigem Abstand ein Zweiter
gefolgt, war der erste der Bedeutung der bildenden Künste
für die Schule gewidmet, so galt es auf dem zweiten, eme
Klärung der Ansichten über Art, Auswahl und Behamlung
des sprachlichen und dichterischen Lehrstoffes herbeizufuhren.
die deutsche' Sprache und Dichtung in ihrer Lmwirkung auf
die Erziehung der Jugend war Gegenstand der verhanö-
vr Alois Trost hat ein vergessenes Bild Moritz
v. Schwind's wieder aufgefunden, ein ausgestellt gewesenes
 
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