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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 18
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Galland, Georg: Grosse Berliner Kunstausstellung 1904
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Zum Jubiläum der Kunstakademie
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Nr. (8

D i e R n n st - H a N o.

28 f

von Köschinger, namentlich einen im vornehmen silbrigen
Tone, dann den rothhaarigen pikanten Kopf der Frau
Merk, das zarte Profil der Frau von Lenbach, einen
wundervoll weich modellirten Frauenakt und mehrere
phantastisch kostümirte und kolorirte Rinderfiguren, die
Lenbach's Farbensinn besonders gereizt haben.
Trotzdem läßt sich nicht behaupten, daß aus der
diesmaligen Ausstellung die Münchner jOorträtkunst gut
vertreten sei; es sehlt z. B. F. A. von Kaulbach. 2lber
einer seiner Imitateure, Karl Langhorst, hat mit hübschen:
Gelingen das Rniestück einer jungen Schauspielerin im
Profil dargestellt. Tin kleiner Trost ist indes geblieben
in Gestalt zweier scharf individualisirten Bildnisse von
Karl Gussow, wohl eines älteren Ehepaares, und
eines jugendlichen Mädchenkopses von Walter Thor,
eines Bildes, das jenen Arbeiten geistig und koloristisch
verwandt ist in der ehrliche:: Art und Einfachheit der
Naturwiedergabe.
Die noch immer zahlreieben Freunde der G. Max-
schen Muse finden hier, was sie suchen: eine blasse
Mädchenhalbfigur nut dem obligaten tränsoendenteu
Blick; der koloristischen Seite ist durch ein hellgrünes
Meid, ein rothbraunes Rissen und eine verlöschende
Feuersbrunst in der Ferne Genüge gethan. A. Erdtelt,
der sich ebenfalls aus weibliche Elnzelfiguren zu be-
schränken liebt, hat dieses Mai eine „Sklavin" in: Hell-
Dunkel wirksam gemalt. Die Gebiete der Historie und
des Genres sind u. A. von I. Brandt, H. Räuber,
W. von Diez, A. von Rowalski-Wierusz betreten, nut
durchweg kleinen Bildern, die uns die bekannten stoff-
lichen und malerischen Eigenthümllchkeiteu dieser aus-
gezeichneten HAnselsührer von Neuen: vergegenwärtigen.
Eine der liebenswürdigsten Arbeiten der Ausstellung ist
das warmtonige, dunkle Bildchen von F. Meyer-Mainz
„Leichte Musik", aus den: zwei Mädchen den Guitarre-
klängen zweier alter Don Juans schalkhaft lauschen.
Auch s)aul Hoecker's feinbeleuchtetes Interieur verdient
Beachtung. Karl Hartmann's Leinwand „Venus und
Tannhäuser" giebt Lieser romantischen Liebesszene keine
neue aufregende Wendung. W. Firle's lebensgroße
Rekonvaleszentin, die von der alten Mutter im blüthen-
reichen Garten sorgsam geleitet wird, zeigt den
Maler auf bekanntem Wege. Dagegen ist in Alfred
Schwarzschild, der einen Herkules mit Jagdbeute
und eine seltsame Allegorie des Frühlings in lebhaften
Fleischtönen und schwarzen Schatten malte, e:n alter
Vläme aus der Rubenszeit neu erstanden. Er wirkt
übrigens genau so altmeisterlich wie der famose Adam
Kunz, der wieder mit einigen vollsaftigen Fruchtstillleben
koloristisch weitaus das Beste auf diesem Felde erreicht,
das übrigens gerade :n der Münchner Abtheilung ein
schmuckes j)aradefeld ist.
Unter den Münchner Landschaftern ist es schwer,
die richtige Auslese zu treffen, da sich das Meiste in:
mittlerer: Niveau bewegt. Vortrefflich wirkt von Alfred
Bachmann der graue Ton einer größeren Rüsten-
perspektive, die nasse Luft, die melancholische Stimmung;
auch seine kleine grau-blaue „Mondnacht" fesselt den
Beschauer. Desgleichen bietet die umfangreiche Rollek-
lwn von Erich Rubierschky trotz der matten Ein-
tönigkeit der Bildchen reizvolle Belege von intim be-
handelten landschaftlichen Szenen. Die Sammlung ist
entschieden erträglicher wie ein ganzes Rabinet von
Temperabildern Ludwig Dill's (jetzt Karlsruhe), die
— ob sie nun Birken, Wachholderbüsche, Disteln oder
Königskerzen, ob Gewitter, Thauwetter, Nebel, Abend
oder Morgen schildern — sämmtlich übereinstimmend
in jener flauen, zerlassenen, lehmigen Farbe erscheinen,
womit Dill sein eigenthümliches Stimmungsbedürfniß

noch immer nicht befriedigt hat. Dabei muß zugestanden
werden, daß manches Gemälde mit seinen: abgestimmten
Nahmen für sich einen höchst noblen, feindekoratioen
Effekt verursacht, Hermann Urban wirkt dieses Mal
mehr als je wie ein falscher Böcklin, besonders in der
anspruchsvoll gemalten Elegie, die er den Manen des
echten Böcklin widmet. Sonst habe ich mir noch be-
sonders zwei Winterlandschaften vermerkt: eine von
Hermann Neuhaus, wegen des geschnitzten seltsamen
Rahmens, welcher eine Symbolik des Winterschlafes der
Erde veranschaulicht, und dann ein Aquarell von Mar-
Ed. Giese, wegen der zarten Nüanzirung der bläulichen
Schatten auf weißem Grunde.
(Weitere Artikel folgen.) G. G.


Aarkrulie:
Milsum Ser Amcksksöemie.
Akademie der bildenden Künste kann in diesen: Jahre
y ) auf eine fünfzigjährige, reich gesegnete Thätigkeit
zurückblicken. Sie verdankt ihre Gründung den kunst-
sinnigen Bestrebungen und der Munifieenz des Großherzogs
Friedrich, der in: Jahre eine Kunstschule errichtete, um
seinen Landeskindein Gelegenheit zu geben, künstlerische Aus-
bildung in: eigenen Laude zu erlangen. Dieses Ziel ist dem
Landesherrn durch Gewinnung hervorragender Künstler an der
Anstalt in besonderen: Maße gelungen. Zur Einrichtung und
Leitung der Anstalt wurde w. Schirmer aus Düsseldorf be-
rufen, dem in der Folge Historienmaler Des Loudres aus
Düsseldorf und Naler Vollweider von Lichstetten beigegeben
wurden. Schon wenige Jahre nach ihren: Bestehen konnte die
Schule ihr eigenes, noch heute seiner Bestimmung dienendes
Gebäude, das von Serger erbaut wurde, beziehen, und von da
an nahm die Schule einen raschen Aufschwung. Sowohl die
Kosten für Herstellung und Einrichtung des Gebäudes, wie auch
für den Betrieb bestritt Großherzog Friedrich aus eigenen
Mitteln, obwohl es sich hier nicht um ein Unternehmen des
Hofes, sondern um ein den Landesinteressen dienendes In-
stitut handeln. Aus letzteren Gründen hat man denn auch in:
Jahre 1872 den bis dahin nur auf 2000 Gulden bemessenen
Staatszuschuß auf ooo Gulden (rund 22 500 N.) erhöht.
In: Jahre 1875 wurde die Kunstschule in eine Staatsanstalt
umgewandelt und auch in staatliche Verwaltung übernommen.
Die Kunstschule, die zufolge Entschließung des Landesherrn
von: Jahre I895 an die Bezeichnung „Akademie der
bildenden Künste" führt, verbindet in glücklichster weise
mit der eigentlichen Schule seit dem Jahre 1865 eine Meister-
abtheilung während die erstere neben der allgemeinen vor-
bereitenden Abtheilung Fachschulen für Figurenmalerei, Land-
schafts- und Thiermalerei, Bildhauerei und Radirkunst enthält,
soll diese Ausbildung in der Meisterabtheilung durch Ver-
einigung der Künstler, die in ihren Räumen arbeiten und den
dadurch bedingten anregenden künstlerischen Verkehr noch weiter
gefördert werden. Die selbständigen, von der Anstalt un-
abhängigen Künstler erhalten gegen entsprechenden Miethzins
Ateliers in den Anftaltsgebäuden. Schule und Meisterabtheilung
haben sich vorzüglich entwickelt und eine weit über die
Grenzen unseres Heimathlandes reichende Bedeutung erlangt.
 
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