Die Kunst-Halle — 9.1904
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DOI Heft:
Nummer 10
DOI Artikel:Ebe, Gustav: Idee und Baustoff
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Berlin, 15. Aeöruar 1904.
IX. Jahrgang
Nummer 10.
LeitscftrM für llunn uns !Zii»rrge«>nbe.
Organ für die Interessen alter Kildendrn Künstler.
Herausgeber: ?rof. vr. 6eorg llallanä, Lharlottenburg
telepkon Amt Lharlottendurg, No. IOZZ.
Erscheint am 1. unä IZ. lies Monats. Abonnement pro Ouartal 2 Mk. — 2 Xr. 40 l)r. (bei clirekter
^urenäung 2,30 Mk. — 2 Ar. ZO Ar.) bei alten öuchhanälungen unä Postämtern, (porlreitungs-preirtiste
No. 44Z0.) kinretnummer 40 Pt. — SO Ar.
Verlag von ch barrwitr Nachfolger, Berlin SW. H8, Friedrichstraße (6.
1966 un9 Saustosf.
von Gustav Tbe, Berlin.
(cÄ^ie Aufgabe des künstlerischen Architekturschasfens erfüllt sich durch
die Beseelung des Stoffs; ist dieser ganz vom Geist durchdrungen,
so daß kein formloser Nest übrig bleibt, so ist ein Ideal erreicht,
wie beispielsweise im griechischen Tempel, von dem es im Faust heißt:
„Der Säulenschaft, auch die Triglyphe klingt, ich glaube gar, der ganze
Tempel singt."
Der geheimnißvolle, in seiner Ursache unerklärte Drang der Materie
zu regelmäßigen, in sich abgeschlossenen Gestaltungen, das eigentliche
Weltbildungsgesetz, findet in dein Kunsttrieb des Menschen eine im
geistigen Sinne frei gewollte parallele. Die unorganischen Stoffe schießen
zu Krystallen mit mathematisch streng bestimmten Achsenlagen an, wenn
sie aus dem wässerig- oder feuerflüssigen Aggregatzustande in den festen
übergehen, und besiegen in dieser Umwandlung die sonst nivellirend
wirkende Schwerkraft. Das Streben nach regelmäßiger Gestaltung be-
herrscht sogar mit unerbittlicher Macht ganze Gebirgszüge. Die kolossalen
Säulenbildungen des Basalts sind noch kristallinischer Art, aber auch alle
Felsarten, von denen des Urgebirges bis herunter zum bunten Sandstein,
haben das Bedürfniß, sich in mannigfachen regelmäßigen Schichtungen
zu trennen, so daß große Parallelozipeden entstehen, welche wieder in der
Diagonale sich zu durchschneiden die Geneigtheit haben. Man kann sich
vorstellen, daß eine Urdurchzitterung durch die Steinmassen hindurchgeht,
und zwar sechsseitig, wodurch so viele einzelne regelmäßige Körper
Inhalt: Idee und Baustoff, von Gustav Lbe. — L. M. Lilien, von
L. Brieg er - was s ervo geI. — wiener Kunstbrief: XIX. Ausstellung der Sezession,
von Wilhelm. — Münchner Kunstbrief. von Georg Jacob Wolf. —
Frankfurter Kunstbrief, von M. Bodmer. — Aus den Berliner Kunstsalons,
von M. Rapsilber. — Unsere Abbildung: L. M. Lilien „UasTrauer-
Zeichnung zu „Juda".
Uotizentheit. ----
IX. Jahrgang
Nummer 10.
LeitscftrM für llunn uns !Zii»rrge«>nbe.
Organ für die Interessen alter Kildendrn Künstler.
Herausgeber: ?rof. vr. 6eorg llallanä, Lharlottenburg
telepkon Amt Lharlottendurg, No. IOZZ.
Erscheint am 1. unä IZ. lies Monats. Abonnement pro Ouartal 2 Mk. — 2 Xr. 40 l)r. (bei clirekter
^urenäung 2,30 Mk. — 2 Ar. ZO Ar.) bei alten öuchhanälungen unä Postämtern, (porlreitungs-preirtiste
No. 44Z0.) kinretnummer 40 Pt. — SO Ar.
Verlag von ch barrwitr Nachfolger, Berlin SW. H8, Friedrichstraße (6.
1966 un9 Saustosf.
von Gustav Tbe, Berlin.
(cÄ^ie Aufgabe des künstlerischen Architekturschasfens erfüllt sich durch
die Beseelung des Stoffs; ist dieser ganz vom Geist durchdrungen,
so daß kein formloser Nest übrig bleibt, so ist ein Ideal erreicht,
wie beispielsweise im griechischen Tempel, von dem es im Faust heißt:
„Der Säulenschaft, auch die Triglyphe klingt, ich glaube gar, der ganze
Tempel singt."
Der geheimnißvolle, in seiner Ursache unerklärte Drang der Materie
zu regelmäßigen, in sich abgeschlossenen Gestaltungen, das eigentliche
Weltbildungsgesetz, findet in dein Kunsttrieb des Menschen eine im
geistigen Sinne frei gewollte parallele. Die unorganischen Stoffe schießen
zu Krystallen mit mathematisch streng bestimmten Achsenlagen an, wenn
sie aus dem wässerig- oder feuerflüssigen Aggregatzustande in den festen
übergehen, und besiegen in dieser Umwandlung die sonst nivellirend
wirkende Schwerkraft. Das Streben nach regelmäßiger Gestaltung be-
herrscht sogar mit unerbittlicher Macht ganze Gebirgszüge. Die kolossalen
Säulenbildungen des Basalts sind noch kristallinischer Art, aber auch alle
Felsarten, von denen des Urgebirges bis herunter zum bunten Sandstein,
haben das Bedürfniß, sich in mannigfachen regelmäßigen Schichtungen
zu trennen, so daß große Parallelozipeden entstehen, welche wieder in der
Diagonale sich zu durchschneiden die Geneigtheit haben. Man kann sich
vorstellen, daß eine Urdurchzitterung durch die Steinmassen hindurchgeht,
und zwar sechsseitig, wodurch so viele einzelne regelmäßige Körper
Inhalt: Idee und Baustoff, von Gustav Lbe. — L. M. Lilien, von
L. Brieg er - was s ervo geI. — wiener Kunstbrief: XIX. Ausstellung der Sezession,
von Wilhelm. — Münchner Kunstbrief. von Georg Jacob Wolf. —
Frankfurter Kunstbrief, von M. Bodmer. — Aus den Berliner Kunstsalons,
von M. Rapsilber. — Unsere Abbildung: L. M. Lilien „UasTrauer-
Zeichnung zu „Juda".
Uotizentheit. ----