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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 19
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Wolf, Georg Jacob: Münchner Kunstverein: Lenbach-Ausstellung
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Dworaczek, Wilhelm: Aus Wien
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Kiesling, Ernst: Aus Leipzig
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296 Die Run st-Halle. Nr. (9

und deutlich schrieb er unter seinen Namen das richtende
Wort „Mißlungen". — Ls würde zu viel sein, auch
nur die Namen aller Leute, die wir in der Ausstellung
abkonterfeit sahen, aufzuzählen. Aus der beglückenden
und zugleich verwirrenden Fülle nur ein paar Bilder,
die besonders auffielen: Da waren vorAllem einprächtiger
Döllinger aus dem Besitz des Herrn pringsheim, ein
markiger Gedon, mehrere Bismarckbildnisse, Porträts
von Heigel, Dreher, Possart, Stuck, Oberländer, Knorr,
Lugen Wolf, probst, Arco-Zinneberg, Lramer-Klett,
Graf Moy rc.
Zn den Frauenbildern ist eine Unsumme von Schön-
heit, Tugend, Eleganz und Grazie aufgehäuft. Man
begegnet allen den feinen, pikanten und geistreichen
Röxfen, die Lenbach so gern gemalt. Manche der
Damen sind drei-, viermal in Porträts festgehalten, und
immer wieder ist's eine neue Seite, von der aus sie
uns der Meister zeigt. Interessant sind auch die Rinder-
bildnisse, es ist erstaunlich, was Lenbach aus den noch
des tieferen Ausdrucks ermangelnden Gesichtern heraus-
zubringen wußte. Neben dem Bildniß seines Töchterchens
Marion (in dem rothen Rleid von pikanter, farbiger
Wirkung) ist in dieser Klasse besonders das Knaben-
porträt aus dem Besitz des Neichsraths von Lramer-
Klett anziehend: ein etwa (Pjähriger Bub, kränkelnd
und unmuthig vom Stubensitzen, müd und ohne Lust —
das altkluge Stadtkind. — Lin Selbstporträt des Meisters
stammt aus der allerletzten Zeit, es ist während des
Krankheitsjahres entstanden. Das ist nicht mehr die
Wucht von früher, der Muth und die stolze Zuversicht,
das ist der Müde, Gebrochene, der sich zwar gegen
den Tod tapfer wehrt, aber nicht recht an seinen Sieg
glaubt. Das ist nicht der „Ewig-Junge", als den ihn
Franz Stuck karikirt hat, das ist der Greis, der dem
Tod in die Augen gesehen hat.
Georg Jacob Wolf.


Mr Vien.
^»m Kunstsalon Miethke war eine reichhaltige Kollektiv-
ausstellung des Malers I. V. Krämer zu sehen.
Die zahlreichen Studien und Bilder von einer
Mittelmeerreise des Künstlers würden schon durch den
Reichthum und die Mannigfaltigkeit der Motive inter-
essiren, stünden sie nicht auch künstlerisch auf sehr
respektabler Höhe. Krämer gehört nicht zu den Im-
pressionisten der Landschaft. Lr führt einen feinen und
vornehmen pinsel und hat für die verschiedenartigsten
Motive, sei es aus Italien, Spanien, Arabien oder
Lorfu einen guten Blick und eine frische Wiedergabe
erwiesen. Da giebt es eine Fülle künstlerischer Fein-
heiten in Licht- und Luftstimmungen, im Kolorit und in
der Subtilität seiner, nicht ängstlichen, aber auch nicht
gerade breit hinsetzenden Technik. Und es will mir
scheinen, daß seine Kunst zur Größe seiner Formate in
umgekehrtem Verhältnis steht, wo der Künstler sich
zu stärkerem Wurf aufrafft, versagt seine geschickte, wie
es scheint, mehr zarte als kräftige Hand. So sind mir
seine kleinen unscheinbaren Skizzen am liebsten, die
feinen Studien der Alhambra u. A. Auch seine Typen
und Köpfe sind voll Frische, Verve und sehr wirksam
im malerischen Ausdruck. Seine großen Bilder, wie
die „Nausikaa" und „Daphne" wollen mir weniger

gefallen. Da setzt der Künstler leuchtende Farben neben
stumpfe, satte neben kreidige, und vermag trotz mancher
Qualitäten weder im Kolorit noch im Zeichnerischen
den Vorwürfen völlig gerecht zu werden. Krämer ist
ein hochbegabter Landschafter, ein durchaus ernster und
ernst zu nehmender Künstler. Ls ist gewiß nur zu
loben, daß sich sein Ehrgeiz damit nicht begnügt,
sondern auch nach Höherem strebt — andererseits aber
möge Krämer bedenken, daß man auch in der klugen
Beschränkung ein voller und ganzer Künstler sein kann.
Und ein solcher ist Krämer, das erweist sich aus einer
Fülle seiner Studien, warum also den guten, zum
Theil vortrefflichen Eindruck durch verunglückte Kraft-
proben beeinträchtigen?
p. w.
W

M Leiprig.
Leipziger Kunstverein hatten kürzlich die Mitglieder
des hiesigen Künstlervereins eine Sonderausstellung
veranstaltet. Bot diese Ausstellung auch kein ab-
schließendes Bild von dem Schaffen der hier ansässigen Künstler,
so enthielt sie doch einige höchst interessante und zum Theil eine
Anzahl tüchtiger Arbeiten. Hierher gehörten zunächst zwei ge-
zeichnete weibliche Studienkopfe von Max Klinger voll geist-
voller Charakteristik, die technisch virtuosen und originell er-
fundenen graphischen Blätter Bruno Heroux', sowie die
meisterhafte Bildnißbüste des Oberbürgermeisters Dr. Tröudlin
von Carl Seffner. Sehr gut war die Landschaft vertreten
durch Walter Oueck's stimmungsvolle „Elsterlandschaft",
Fritz Brändel's kraftvolle Naturschilderungen und die Land-
schastsbilder von Horst Schulze, Alfred Liebing, Felix Pfeifer,
Franz Schmidt-GIinz, Max Heiland und Emil Fröhlich. Das
Gebiet der Porträtmalerei wies tüchtige, wenn auch keine be-
sonders hervorragenden Persönlichkeitsschilderungen auf, von
deren Vertretern hier Max Seliger, Anton Klamroth, Emil
Fröhlich, Richard Bossert, w. Bergmüller, Philippine Wolff-
Arndt, Walter Oueck, p. Weinhold, F. Lederer und G. Wust-
mann genannt seien. Ganz vorzügliche Stücke fanden sich noch
unter den plastischen Kunstwerken vor: z B. Adolf Lehnert's
Büste des bekannten verstorbenen Musikers Riedel, eine schöne
Frauenfigur von Johannes Hartmann, die Bronzestatuette eines
Kugelsxielers von Moritz Fritzsche, zwei Büsten von Paul
Zuckoff, sowie feiufühlig behandelte Plaketten von Felix Pfeifer
und Hans Zeißing.
Gegenwärtig interessiren hier namentlich die Arbeiten
Albert Stagura's um ihrer auserlesenen malerischen Eigeu-
thümlichkeiten willen. Diese Naturschilderungen, theils land-
schaftlichen, theils figürlichen Charakters, rufen den wohl-
thuenden Eindruck hervor, daß ihr Urheber zu den Künstlern
zählt, die nicht nach bewährten Mustern arbeiten, vielmehr
einzig und allein dem eigenen Empfinden, der eigenen Auf-
fassung Ausdruck verleihen. Alles, was uns Stagura zeigt, ist
um der Freude an der Erscheinung, um des rein malerischen
Eindrucks willen entstanden. Daher mag auch diese Freudig-
keit in der Darstellung, die Frische der Farbe herrühren. Wohl
macht sich in seinen Bildern eine gewisse Vorliebe für
Stimmungen, wie sie vorzugsweise der Herbst bietet, geltend,
jedoch ist aus allen und zwar sehr mannigfaltigen Motiven
 
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