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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 9
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Hillig, Hugo: Die Revision des Kunstschutzgesetzes und die Wünsche der Kunstgewerbler
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Nr. 9

Die Kunst-Halle.

Die llevkion Ser XimkclmkgeLeker unl>
i>ie Mnrcke Ter Kunrtgeverliler.
von Hugo Willig, Leipzig.

^^?ine der nächsten Aufgaben, die des neuen Reichs-
tags in der kommenden Legislaturperiode harren,
wird eine Reform des Gesetzes, betr. das Ur-
heberrecht an Merken der bildenden Künste vom
9. Januar (876 sein.
Mit dieser Reform beschäftigen sich die beteiligten
Kreise schon seit längerer Zeit. Die Allgemeine Deutsche
Kunstgenossenschaft hat schon vor einigen Zähren eine
besondere Kommission eingesetzt, die einen vollständigen
Entwurf eines revidirten Kunstschutzgesetzes ausgearbeitet
hat und ihn jedenfalls auch der Regierung unterbreiten
wird. Zn die!em Entwurf wird zunächst der Begriff
des Urheberrechtes präziser gefaßt und auch das Recht
des Urhebers an der Signatur des Werkes festgestellt,
was in dem jetzigen Kunstschutzgesetz gänzlich fehlt und
was in neuerer Zeit einige eigentümliche Rechtsfragen
gezeitigt hat. Auch die freie Benutzung eines be-
stehenden Werkes der bildenden Künste zur Hervor-
bringung eines neuen, künstlerisch selbstständigen Werkes
läßt der Entwurf gelten. Bei der Aufzählung der
nicht verbotenen Nachbildungen scheidet der Entwurf
alinkL 1 und 2 des ß 6 des jetzigen Kunstschutzgesetzes
aus und läßt nur sllnes, 3 und Nachbildung von
Werken der bildenden Künste, die sich an Straßen oder
öffentlichen Plätzen befinden, und Aufnahme von Nach-
bildungen einzelner Werke als nicht verboten gelten,
macht indes die Genehmigung des Urhebers oder von
dessen Erben bei der Aufnahme von Nachbildungen
zur vorbedingurig. K 10 des jetzigen Kuustschutzgesetzes
ist fallen gelassen, ferner wird bei Besitzveränderungen das
Nachbildungsrecht, außer bei Porträts, ausschließlich
dein Urheber vorbehalten. Die Schutzdauer verlängert
den Entwurf auf 30 (start 30) Zahre nach dem Tode
des Urhebers oder nach dein Tage der Veröffentlichung.
Der vielumstrittene K 1Z des jetzigen Kunstschutz-
gesetzes behält den Entwurf der Allgemeinen Deutschen
Kunstgenossenschaft unverändert bei. Nun bestehen aber
noch andere Wünsche in Bezug auf die Neugestaltung
des Kunstschutzgesetzes, wünsche, die auf eine Ausdeh-
nung des Kunstschutzes auf das Kunstgewerbe, also
auf die angewandte Kunst hinzielen. Und weil die
Zeit immer näher kommt, wo diese Frage auch die
gesetzgebenden Körperschaften beschäftigt, erscheint es
uns rathsam, diese Frage der Ausdehnung des Kunst-
schutzes auf die angewandte Kunst nock? recht eingehend
zu besprechen, damit die beteiligten Kreise auch über
die Tragweite dieser Ausdehnungswünsche im Klaren
sind.
Die Allgemeine Deutsche Kunstgenossenschaft, resp.
die zur Ausarbeitung des Reformentrvurfs eingesetzte
Kommission hat sich in ihrer Begründung, die im
Uebrigen das Bedürfniß nach einem besseren kunst-
gewerblichen Urheberschutz anerkennt, direkt gegen die
Ausdehnung des Kunstschutzes auf die angewandte
Kunst ausgesprochen und etwaige Vorschläge für den
besseren kunstgewerblichen Urheberschutz als in das
Gesetz betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen
gehörig verwiesen.
Auch die Hauptversammlung der Znternationalen
Vereinigung zum Schutze der Autoreurechte auf den
Gebieten der Kunst und Wissenschaft, die vom 2^. bis
50. September in Weimar stattgefunden hat, beschäftigte

sich mit der Revision des deutschen Kunstschutzgesetzes,
ohne indes weitere bestimmtere Vorschläge zu machen,
wie weit diese Revision gehen soll, und wie sich diese
Znteruationale Vereinigung gerade zum kunstgewerb-
lichen Urheberschutz stellt. Es wurde hervorgehoben,
daß von der Negierung eine Kommission berufen
werden soll, die, aus Künstlern bestehend, weitere Vor-
schläge zur Reform des Kunstschutzgesetzes ausarbeiten
soll, damit diese die Basis für die Regierungsvorlage
bilden können.
Die andere Partei, die Partei der Kunstgewerbler,
die den Kunstschutz auch für das Kunstgewerbe bean-
spruchen, hatten ihren eifrigsten Verfechter in dem ver-
storbenen Professor Otto Eckmann, der sich auch publi-
zistisch für diese Forderung der Kunstgewerbler be-
thätigte. Die eigentliche Propaganda führt jetzt der
Deutsche Verein für den Schutz des gewerblichen Eigen-
thums, der, wie es scheint, auch den verband Deutscher
Kunstgewerbevereine für diese Aktion interessirt hat,
wenigstens hat der Delegirtentag des Verbandes
Deutscher Kunstgewerbevereiue 1903 den Beschluß ge-
faßt, eine Kommission, bestehend aus Prof. Dr. Brink-
mann, Hamburg, Dir. p. Zessen, Berlin und I)r. Mste-
rieth einzusetzen, die entsprechende Anträge im Sinne
des Deutschen Vereins zum Schutz des kunstgewerblichen
Eigenthums berathen und bearbeiten und an das
Neichsamt des Znnern das Ersuchen richten soll, zur
näheren vorbereitenden Regelung dieser Frage einen
Sachverständigen aus dein Kreise der Mitglieder des
Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine hinzuzuziehen.
Das wären die Vorbereitungen, die bis jetzt von
beiden Seiten getroffen sind, wenn die Diskussion darüber
noch nicht in erwünschter Lebhaftigkeit eingetreten ist,
so mag das daran liegen, daß der genaue Zeitpunkt
der parlamentarischen Behandlung dieser Frage noch
nicht bekannt sein kann; wenn diese erst in nächste
Nähe gerückt sein wird, ist es möglich, daß die Be-
sprechung dieser Künstler wie Kunstgewerbler gleich
naheliegenden Frage in regeren Fluß kommt; allerdings
ist es daun auch leicht zu spät für wirklich gute Zdeen,
daß sie berücksichtigt werden können.
wir wollen uns nun mit der Frage beschäftigen,
wie weit die Wünsche der Kunstgewerbler mit Aus-
dehnung des Kunstschutzes auf die angewandte Kunst
Berechtigung haben, und wo die gesetzestechnischen und
praktischen Hindernisse liegen, die sich der gewünschten
Ausdehnung des Kunstschutzes in den Weg stellen.
Die Kunstgewerbler, sowohl die kunstgewerblich-
thätigen Künstler, als auch die Kunstgewerbetreibenden
und die Kunstindustriellen, gehen von den: an sich voll-
ständig richtigen Standpunkt aus, daß er einen Unter-
schied zwischen sogen, hoher Kunst undangewandter Kunst
eigentlich nicht gab; der künstlerischeZntellekt könne zwar,
aber müsse nicht verschieden sein. Der künstlerische
Werth, das ästhetische Ausgangsvermögen kann sogar
bei einer kunstgewerblichen Schöpfung viel größer, viel
bedeutender sein als bei einem Werke der sog. hohen,
der reinen Kunst.
Aber dieser künstlerische Mehr- oder Minderwerth
eines zu schützendeu Kunstgegenstandes kann nicht die
Grundlage eines juridischen Unterscheidungsmerkmales
sein, weil zunächst die künstlerische Vualifizirung eines
Kunstgegenstandes eine subjektive Auffassungssache ist,
die sowohl der Zeit nach, wie auch nach örtlichen und
persönlichen Verhältnissen schwankenden Ausdruck findet.
Aber das ist es ja auch nicht, was den Unterschied
im Urheberschutz begründet; der Unterschied liegt in der
Zweckbestimmung der Kunsterzeugnisse, die durch die
Verschiedenartigkeit der Zweckbestimmung sehr deutlich
 
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