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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 17
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Bodmer, M.: Aus Frankfurt a. M.
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Wolf, Georg Jacob: Münchner Kunstbericht
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Nr. (7 Die Kunst-Halle. 263

M frsnklurt s. jil.

/^?^^ie die Schotten oder die niederländischen Land-
/ schafter, so bilden auch die Norweger, Dänen
und Schweden auf den modernen Ausstellungen
eine fest abgeschlossene Gruppe. Insbesondere zeichnen
sich die Norweger durch eine Exklusivität aus, die den
Stempel nationaler Eigenart in sich trägt, Hermes
zeigte in seiner letzten Ausstellung eine Kollektion von
Thorolf Holmboe. Dieser Lhristianier ist vorwiegend
Landschafter und Thiermaler; auf letzterem Gebiete ist
er nicht frei von Einflüssen Liljefors, aber gegen sein
Vorbild steht Holmboe doch weit zurück. Nein und um
berührt aber wirkt des Künstlers Muse in der Natur-
schilderung. wie die Lofoteubexge mit ihren graublau-
beschatteten Schneefeldern gegen den hellgrünen Morgen-
himmel sich abheben, wie die rollenden wogen ein-
förmig und einschläfernd an den Felsenklippen sich
brechen, wie die norwegischen Fischerhütten in ihrem
Schmutz und in ihrer Buntheit die einzige lebhafte
Note in die Einförmigkeit der Landschaft bringen, das
ist Alles mit prätentionslosem und ehrlichem Realismus
studirt und wiedergegeben. — In derselben Aus-
stellung haben einheimische Meister eine Reihe be-
zeichnender Werke vorgeführt. Fritz Aug. Kaul-
bach's „Bildniß der Guerrero" scheint der Maler nur
der prachtvollen Schulter der Spanierin wegen gemalt zu
haben, so wie er in dem „Mädchen mit dem rothen
Haar" nur seine Virtuosität in der Wiedergabe des be-
rühmten Tizianblonds zeigen wollte. Eine Kollektion
Degouve de Nunques giebt einen Einblick in die
Strömungen der belgischen Kunst, die sich den Ein-
flüssen der pariser Schule vielfach in höherem Maße
zugänglich zeigt, als es dem Interesse einer strengen
Entwicklung auf nationaler Grundlage entspricht.
Degouve bringt den frankophilen Geist der vlämischen
Malerschule besonders deutlich zur Geltung. Line
Kollektion von Steinzeichnungen des Berliner Alex
Liebmann sucht den dekorativ-dankbaren Charakter
der Lithographie durch eine stark farbige Wirkung zu
steigern. Das Zusammenfassen breiter Flächen zu einer
geschlossen malerischen Wirkung prädestinirt die Litho-
graphie mehr als jede andere Technik für das Plakat;
merkwürdiger weise ist die Bewegung zur Hebung der
künstlerischen Affiche neuerdings wieder in Stockung
gerathen.
Bei Schneider-Andreas sind die „Llbier" ein-
gekehrt. Die jungen Dresdener Maler bilden eine
Gruppe, die es mit der Kunst ernst nimmt. Ohne
gerade Spezialitätmalerei zu pflegen, zeigt jedes Mit-
glied der Llbier eine prägnante, hier schon wiederholt
gewürdigte Note. Walter Sin tenis ist der einzige
Plastiker der Gruppe; die Bronze „Haarflechterin" ist
in der knieenden Stellung gut beobachtet.
Im Kunstverein ist eine schöne Separat-Aus-
stellung den Manen Moritz von Sch wind's ge-
widmet, etwas post, ksstuin für den Gedächtnißtag am
2s. Januar, aber auch so willkommen und dankens-
werth. Berufene und unberufene Federn haben die
Zentenarfeier Schwind's benutzt, den schlicht-genialen
und biderben Märchen- und Legendenmaler in über-
schwenglichen Dithyramben zu feiern. Aber man darf
wetten: würde Meister Schwind heute noch leben, so
würde sich sein geistsprudelndes Temperament mit eben
demselben Witz gegen diese Lobredner wenden, mit
denen er sich einst die Gunst der hochmögenden Kreise
verscherzte. Nein, zu einer leeren Modeströmung ist
uns Schwind doch zu gut. Er, der sich sein Leben

lang nicht um Schulkliquen und kleinliche Vereins-
querulanten scheerte, würde auch heute die Kunstsnobs
aus seinem Atelier hinausjagen.
Mitten ins moderne Lager der realistischen Wirk-
lichkeitsmalerei führten uns Arbeiten von G. Kuehl:
Pastelle von Dresdener Stadtansichten, die Larola-
brücke, das Elbufer, der alte Schloßhof. Auch eine
Szene aus dem Danziger Waisenhaus ist in der Serie.
Eine superbe Sammlung Tourtens'scher Kohle-
zeichnungen bringt die breitspurige, schwere Art des
Mannes trefflich zum Ausdruck. Ls ist nicht möglich,
mit einfacheren Mitteln und einfacherer Technik eine
gleich malerische Wirkung zu erzielen.
M. Bodmer.


Mnckner Aunrtberickt.

ie kurze Spanne Zeit, die zwischen dem Schluß
der Frühjahrsausstellung der Sezession und der
Eröffnung der Ausstellung der Münchner Künstler-
genossenschaft im Glaspalast und des neuen „Deutschen
Künstlerbundes" im Haus der Sezession liegt, wird
durch eine Reihe beachtenswerther Ausstellungen, ver-
anstaltet von unseren Kunstsalons und kleineren künstle-
rischen Vereinigungen, ausgefüllt.
Heinemann hat in den Parterreräumen seiner
Gallerte allerlei Neues und Altes zu einer Sommer-
ausstellung vereinigt, in der auch Lenbach stark ver-
treten ist, allerdings nur mit älteren, längst bekannten
Arbeiten, darunter eines jener anziehenden Thierstücke
(Fuchs und Hühner), die Lenbach mit seinem alten
Freund Hofner zusammen gemalt. Interesse erweckt
wegen seines sensationellen Titels besonders ein Ge-
mälde von Gabriel Max: es heißt „Die Büchse der
Pandora", wer da aber glaubt, das Bild habe
etwas mit dem gleichnamigen Drama Frank wedekind's
zu thun, der täuscht sich. Es ist nichts weiter als einer
der lieblichen weichen „Gabriel Max-Köpfe", ein liebes,
holdes Mädchen, das in den Händen die Büchse des
verderbens trägt. Der „Dämon Weib" regt sich nicht,
Max hat es nicht einmal versucht, darauf auch nur
hinzudeuten. von dem verstorbenen Schweizer Stäbli
sah ich eine markige, kraftvolle Landschaft; was wir
an dem zu Lebzeiten wenig beachteten, sich nirgends
vordrängenden Künstler verloren und besaßen, wird
uns erst jetzt klar, wo wir eine gewisse Perspektive zu
ihm haben. Sonst sieht man noch Arbeiten von Con-
stable, Dupre, Zügel, Stuck, Hößlin, Echtler und von
manchem anderen, alles zusammen eine respektable
Revue zeitgenössischer Kunst.
In dem oberen Geschoß sind drei Kollektiv-Aus-
stellungen untergebracht. Mit Hans von Faber du
Faur weiß man nichts Rechtes anzufangen. Ueberall
steckt noch der Sturm und Drang in den Bildern, ein
rechtes, ehrliches wollen, dem noch das Können, viel-
leicht auch die Kraft fehlt. Koloristische Geschicklich-
keiten, die bei Hans von Marses und Leibl gelernt
sein mögen, können uns über ein gewisses Gefühl
innerer Leere nicht hinweghelfen. Die Iagdszenen sind
relativ das Beste, wie denn lebhafte Bewegung dem
jungen Maler nicht selten überraschend gut gelingt.
Dagegen lassen die Porträts, die durch eine naive
Unaufdringlichkeit wirken wollen, recht viel zu wünschen
 
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