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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 14
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Kiesling, Ernst; Preller, Friedrich [Gefeierte Pers.]: Zum 100. Geburtstage Friedrich Preller's d.Ä.
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Heilmeyer, Alexander: Frühjahrsausstellung der Münchner "Sezession"
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2^0 Die Aun st-Halle. Nr.

same gewesen sein muß. Hatte er doch bereits als
angehender Künstler sich der Sympathie Goethe's zu
erfreuen, der ihn der Protektion seinesFürsten empfahl,
während er in späteren Jahren mit Liszt, Genelli,
Hebbel, den beiden Cornelius (Maler und Komponist)
eng befreundet war. Sein „Studio" pflegte von allen,
Weimar besuchenden, hervorragenden Persönlichkeiten
aufgesucht zu werden, und sein Haus war Jahr-
zehnte lang der Sammelpunkt der vornehmen Kreise
Weimars.
Die künstlerischen Absichten seiner Vorgänger,
Carstens und Koch, hat Preller in der Landschaft zu
höchster Vollendung und stärkstem Ausdruck gebracht.
Auf dem klassischen Boden Weimars geboren, war es
Goethe, der zuerst seinen Blick auf das wesentliche und
Bedeutsame lenkte und dadurch gewissermaßen die
Richtung bestimmte, in der sich später seine Kunst ent-
wickeln sollte, poussin und Claude Lorrain wurden zu-
nächst seine Lehrmeister, bis er sich, als er (828 nach
Nom kam, auf's Engste an Koch anschloß. Obgleich
er Kochs herbe Linienführung und harte Malweise
späterhin im Erfassen des rein Malerischen wesentlich
überragte, blieb die Verehrung für seinen Meister un-
geschwächt; er hat ihn als Vorbild betrachtet bis an
sein Lebensende.
Als Hauptwerk seines Schaffens hat er den Zyklus
Odysseelandschaften hinterlassen, dessen erste Fassung,
(832 bis (83^ im Auftrage des I)r. Härtel in Leipzig
entstanden, neuerdings durch das zum Abbruch bestimmte
Haus Härtel's wieder viel von sich reden gemacht hat.
Zwanzig Jahre später greift Preller die Zdee zu seinem
Gdysseezyklus nochmals auf, denselben von sieben auf
zwanzig Bilder erweiternd. Diese in Kohlezeichnung
ausgeführten Kartons besitzt die Nationalgallerie.
Daraufhin erfolgte der Auftrag des Großherzogs zu
Weimar, diesen Zyklus als Wandbilder für das Wei-
marer Museum auszuführen, zu welchen das Leipziger-
Museum irr einem eigens für den Zweck erbauten,
kuppelartigen, stimmungsvollen Raum die Kartons be-
wahrt. Die malerische Ausführung geschah in Wachs-
farben. Die Gestaltung des Stoffes ist hier noch durch
eine mit figürlichen Darstellungen geschmückte Predella
erweitert. Irr diesen Bildern erreicbt Preller eine
Größe und Kraft der Darstellung, eine Schönheit der
Linienführung, sowie eine Einheitlichkeit zwischen Land-
schaft und Figur, wie sie vor ihm keiner erreicht hatte
und auch bis heute von keinem wieder erreicht wurde.
Er hat mit seiner Odyssee der heroischen Landschaft in
Wahrheit erst ihre Daseinsberechtigung und Bedeutung
gegeben, indem er Werke von echter Monumentalität
schuf. Und so hat er ferner mit dazu beigetragen, durch
die zahlreichen Nachbildungen, die seinem Lebenswerke
zu Theil geworden find, daß Homer auch in Kreisen
bekannt wurde, die sonst wahrscheinlich von seiner
Dichtung keine Kenntniß erhalten hätten. Unter seinen
Schülern sind, außer seinem Sohne, Edmund Kanoldt
und Karl Hummel hervorzuheben.

Neben der Odyssee und dem später entstandenen
Landschafts-Zyklus zum Buche Nuth hat Preller eine
ganze Reihe schöner, charakteristischer deutscher und
nordischer Landschaften geschaffen, in welchen ein ernstes,
oftmals düsteres Stimmungselement vorherrscht und die
ebenfalls Zeugniß ablegen von der Erhabenheit seiner
Auffassung, von seiner reifen Naturkenntniß und un-
ermüdlichen Naturbeobachtung. Den ewigen unwandel-
baren Gesetzen der Natur folgend, hat er jedem von
ihm im Bilde dargestellten Stück Natur den tiefsten und
malerisch wirksamsten Ausdruck zu geben gewußt.
Die Mode in der Kunst unserer Zeit gravitirt nach
einer anderen Richtung als Preller's großzügige Kunst,
und angesichts dieser ist es beklagenswerth, daß man
überhaupt von einer Mode in der Kunst sprechen darf;
aber es ist doch thatsächlich der Fall, wie uns ja das
geläufige Wort „Moderne" zur Genüge lehrt. Trotz-
dem wird das Werk dieses Meisters bestehen bleiben,
so lange es noch Menschen giebt, welche die Kunst nicht
als eine besondere Sache, sondern als ein Seelen-
bedürfniß ansehen.
Ernst Kiesling.


MliMnurrteHuiig Ser Mnclmer
„5ererüan".
ie jährlichen Frühjahrsausstellungen bringen uns
immer einen Nachwuchs, der freilich noch sehr
grün ist, und bei denen man nicht weiß, wie er sich
entwickelt und einmal Früchte trägt. Manche Erscheinung
hält sich kaum bis zum nächsten Sommer. Manche
Blüthe fällt ab, ohne eine Frucht zu zeitigen. Ls ist
kein gutes Symptom, dieses Blühen ohne Früchtetragen.
München zählt an ein Dutzend Malschulen mit oft
hundert und mehr Schülern und Schülerinnen, wohin
mit diesen malenden Händen, mit diesen vielen Köpfen
voll Phantasien und Träumen, wenn's nur immer so
wäre. Man beschränkt sich aber nur aus's Malen. Die
ganze Dressur läuft darauf hinaus, bestimmte farbige
werthe aus der Natur zu ziehen, besonders ein gutes
Auge für gewisse feine Töne zu bilden und die Technik
beherrschen zu lernen; immerhin ein gewisser Fonds
von Kenntnissen und Praktiken, die für einen angehenden
Maler unerläßlich sind, aber doch nur Mittel zum Zweck
sein können. Manche Schulen genießen den Ruf, junge
Leute in kurzer Zeit auszubilden. Wenn sich der Drill
nur bewährt! Aber es ist zu befürchten, daß eine
solche Ausbildung nur einen Theil der künstlerischen
Anschauung des Lehrers und vor Allem seine technische
Manier auf den Schüler überträgt und daß mit dieser
ganzen Methode wohl schöne Erfolge in Schüler-Aus-
stellungen erzielt werden, die individuelle Anschauung und
Selbständigkeit des Werdenden aber zu kurz kommt. Das
handwerkliche Können wird gehoben, die Originalität der
Empfindung und Anschauung aber nicht gehörig ent-
wickelt. Zm Malenkönnen allein liegt doch nicht Hie
Kunst. Wir sehen wohin bloßes technisches vermögen,
 
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