Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 9.1904

DOI issue:
Nummer 6
DOI article:
Kiesling, Ernst: Leipziger Kunstbericht
Citation link: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kunst_halle1904/0108

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
86 Die Aun ft-Halle. Nr. 6

sich dem Zyklus „vom Tode" anreihen. „Der Künstler",
geführt von der Phantasie, während hinter ihm der
Mangel folgt, das zweite Blatt, „Die Pest", veran-
schaulicht das Innere eines von pestkranken erfüllten
Saales, durch dessen offenstehende Lenster beutegierig
Naben hineinflattern, jedoch von der im Vordergründe
bei einem Kranken stehenden barmherzigen Schwester
mit dem Rosenkranz abgewehrt werden. Darstellerisch
sowohl wie auch in formaler Durchbildung ist das
zweite Blatt dem ersterwähnten überlegen. Mit der
das unmittelbarste Naturgefühl aufweisenden „Büste
des Königs Georg" bietet Larl Seffner ein neues
hervorragendes Werk der Bildnißplastik, dessen lebens-
volle GestalturkH auch die feinsten Einzelheiten nicht
außer Acht läßt. Von besonderem Interesse ist ferner
eine aus Bildnissen und Studien bestehenden Kollektion
Wilhelm Leiblsff, nicht blos, weil sie einige für
seine Malweise recht bezeichnende Stücke enthält,
sondern auch weil diese Arbeiten seine ganze künstlerische
Entwicklung übersehen lassen, Haftet einzelnen früheren
Bildern noch eine gewisse Glätte des Vortrags an, so
zeigen dennoch andere, wie z. B. „Der Schauspieler",
der ebenfalls aus der ersten Schaffensperiode Leibl's
stammt, wie schnell sein malerisches Können und
Empfinden sich entwickelt haben, wundervoll wirkt
in dieser prima gemalten Figur die Koloristik und
feinfühlige Licht- und Schattenvertheilung. Von
großem malerischen Neiz ist auch der Studienkopf „Der
Grieche", der nach dem Maler Gysis ff entstanden ist.
Auf der Höhe seines Könnens zeigen den Künstler
einige aus seiner letzten Schaffenszeit herrührende
Damenbildnisse, unter denen namentlich das Kniestück
einer Dame in schwarzem Kleide sich durch Größe der
Auffassung und schöner Tongebung auszeichnet.
wie wir bereits in voriger Nummer dieser Zeit-
schrift kurz berichteten, enthält Del Vecchio's Kunst-
salon z.Zt. eine Jagd- und Sport-Ausstellung, in welcher
der Altmeister der deutschen Thiermalerei, Paul Meyer-
Heim - Berlin, mit einem „Löwen im Käfig" ein kolo-
ristisches Kabinetstück bietet, welches auch zugleich in
der Tharakteristik meisterhaft ist. Richard Friese's-
Berlin „Hirsch auf dem Wechsel" ist als eins der
intimsten und stimmungsvollsten Waldbilder der Aus-
stellung anzusehen, weiter zeigt der Künstler noch ein
Motiv aus der „Romintener Heide" mit einem ver-
endeten Hirsch, sowie zwei naturwahre, fein gestimmte
Winterbilder, den „Beschwerlichen Spaziergang" einer
Eisbärenmutter mit ihren Jungen und einem auf den
Fischfang ausgehenden alten Eisbären als „Fein-
schmecker". Wilhelm Kuhnert - Berlin versetzt uns da-
gegen mit seinen Schilderungen in die Tropen und legt
bei seinen Thierdarstellungen mit Vorliebe das Schwer-
gewicht auf dramatisch bewegte Episoden, die er durch
entsprechende stimmungsvolle Landschaftsbilder wirksam
zu unterstützen weiß. Hierher gehören seine „Brüllende
Löwen", die von einem Bergabhang aus in die weite
spähen, ein Löwenpaar, Las bei aufziehendem Gewitter
durch hohes Steppengras schleicht, „Strauße auf der
Flucht", „Geierperlhühner" im Schilf und Elefanten
„Im Bade". Durch Lebenswahrheit und malerische
Feinheiten zeichnen sich auch aus Tarl Zimmermann's-
Berlin „Sichernder Rehbock" im sonnigen Buchenwalde,
die „Gemse" auf schneeigem Bergabhange, „Dachse",
die aus ihrem Bau kommen, Rehe in „Wintersonne"
auf einer Waldlichtung, Larl Wagner's-Berlin „wald-
geheimniß", eine Damwildricke, der sich liebkosend ihr
Junges naht, einen „In der Dickung" lagernden Hirsch
und den „Kampfschrei" eines solchen Waldreckens.
Treffliche Iagdbilder zeigen ferner u. a. Karl Kappstein-

Berlin, Ernst Otto-Berlin, Otto Recknagel-München,
Paul Weber-München, Joseph Schmitsberger-München,
Larl Deiker - Düsseldorf, Arthur Thiele - München,
L. voltz - München, John F. Hulk-Amsterdam, Walter
Syrutschöck-Leipzig, Alfred Weserczick-Berlin, während
sich auf Hundedarstellungen beschränkt haben H. Sper-
ling-Berlin, Georg Wolters-Braunschweig, L. H.
Stenglin-München, Laspar von Reth-München, Wilhelm
Frey-München, Philipp Erlanger-München und Minna
Stocks-München.
Unter den mannigfachen Sportbildern, bei denen
die Darstellung des Pferdes im Vordergründe steht,
sind mit vorzüglichen Schilderungen vertreten: Georg
Koch-Berlin, L. Suhrlandt-Düsseldorf, Otto Huber-
München, Moritz Veit-München und Emil Volkers-
Düsseldorf, welche die prächtigen Gestalten edler Rasse-
pferde auf der Rennbahn, beim Training, vor dem
eleganten Gespann, im Stall rc. veranschaulichen. Daß
auch die Plastik, welche theils lebensgroße Gruppen,
theils Kleinbronzen aufweist, gut vertreten ist, be-
kunden die Namen von Ernst Müller, Gskar Pflug,
Georg Wolters, Martin Meyer-Pyritz, N. Rusche,
Joseph Körschgen und N. pönicke. wir müssen es
uns versagen, hier auf alle fast durchweg trefflichen
Arbeiten näher einzugehen und so sei deshalb noch
darauf hingewiesen, daß u. a. auch w. Verschnür,
Max Leblmg, Jacobus Leisten, Ludwig Fay, Franz
Hochmann, w. Klingender, Fritz Schurmann, Eduard
Gehbe, Maud Earls und Lharles Tooby vertreten sind.
Eine Gruppe von zwölf jüngeren Leipziger
Künstlern hat unter der Bezeichnung „Leipziger
Künstlerbund" jetzt im Oberlichtsaale von BeyerL
Sohn ihre erste Ausstellung veranstaltet, welche zwar
nicht umfangreich, aber durchweg treffliche, zum Theil
sehr interessante Schöpfungen enthält. Gleichzeitig
haben sich diese Aussteller gegenseitig verpflichtet, von
den möglichst niedrigst gestellten Preisen nichts abzu-
lassen. Diese anerkennenswerthe Abmachung ist nur
mit Freuden zu begrüßen. Georg Kolbe, der zugleich
als Maler und Bildhauer künstlerisch thätig ist, zeigt
außer einigen Bildern und Illustrationen zu Goethe's
Faust das getönte Modell zu einer im Auftrage des
Grafen Harrach ausgeführten weiblichen Brunnenfigur,
die als seine bisherige reifste Schöpfung und zugleich
als die hervorragendste der ganzen Ausstellung gelten
darf. Die Formensprache ist in dieser soeben dem
Bade entstiegenen Figur ebenso vollendet, wie die
Linienführung schön ist. Im verhältniß zu seinen im
Anfang dieses Jahres im Kunstverein und in der
Dresdener Ausstellung gezeigten Malereien weisen die
jetzigen weit mehr Geschlossenheit der malerischen Be-
Handlung, bestimmtere und gleichmäßigere Formen und
feinere Farbengebung auf. Dies gilt namentlich von
der interessanten Allegorie des „Sommertages" und
dem weiblichen Akt in der Landschaft. Unverkennbaren
Fortschritt in seiner künstlerischen Entwicklung bekundet
auch Lurt Tuch mit drei Bildern. Seinen pariser
Aufenthalt hat der junge Künstler zweifellos sehr nutz-
bringend verwendet, denn an Stelle der ehemals farh-
losen, mitunter recht harten Malweise, ist ein breiter
flüssiger und farbenfreudiger Vortrag getreten. Sehr
gut gelungen ist sein lebensvoll charakterisirtes „Damen-
porträt" mit dem aus dem Dunkel heroorleuchtenden
Fleischton und das Parkmotiv mit dem im Grase
sitzenden jungen Mann. Ebenso haben sich auch Wil-
helm Stumpf's Arbeiten wesentlich verfeinert; der
goldige Gesammtton, der sich jetzt durch seine poesie-
vollen Naturschilderungen zieht, läßt dieselben ohne
Zweifel künstlerisch werthvoller erscheinen, als seine
 
Annotationen