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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 2
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Rapsilber, M.: Aus den Berliner Kunstsalons
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Aus den Berliner Kunstsalons
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Nr. 2

Die A n n st - Ls a l l e.

25

tragen. Seine Phantasie entfaltet sich unter dein
blühenden und sonnendurchglänzten Apfelbaum, er stellt
hellgekleidete Mädchen in den Blüthenschimmer, läßt
den weißduftigen Frühlingsgruß gegen graues Dom-
gemäuer anklingen, und das Alles ist gar lenzes'risch
empfunden und in fröchlicher Zuversicht gemalt. Lin
im üppigen Wiesengrün erwachendes Mädchen, ein
märchenschönes, rothhaarigcs Aschenputtel, eine Rinder-
hochzeit, eine dreifach variirte Porträt- und Rostüm-
studie von echt malerischen Gepräge sind weitere
Talcntproben. Reber das Alles ragt riesengroß ein
dekorativer Lntwurf von des Drachen Tod, des Ritters
Sieg und der cheimkehr der befreiten Prinzessin, vor-
läufig erst in der Untermalung breit angelegt unter
dem blühenden Apfelbaum in Ueberlebensgröße.
Tummelndes Volk rings um die holde Prinzessin und
dekoratives Rindergewimmel, herzhaft schön und von
echter Frühling-fftimmung. Ohne Zweifel kündigt sich
in Rudolf Rohtz ein berufener Maler an.
Mittlerweile hat auch der Salon Jacques
Tasper in der Behrenstraße seine Pforten wieder ge-
öffnet, und da stellt sich heraus, daß die Räume um
einen neuen Saal vergrößert sind, um ein blaues
Zimmer, in welchem gewisse altmeisterliche Stücke,
denen ein rother Hintergrund etwas weh thut, aus-
gezeichnet zur Geltung kommen. Ueberhaupt wird hier
die seltene Runst des feinen und harmonischen Zu-
sammenstimmens aller Bilder an einer Wand geübt,
und daher kommt es wohl, daß diese Llite-Ausstellungen
von Rabinetstücken einen so vornehmen Lindruck machen.
Nach wie vor finden wir hier ausgesuchte Meisterwerke
älteren und jüngeren Datums, gewiß immer einige
klassische Lngländer und ganz bestimmt eine Reihe von
besseren Arbeiten Liebermann's. Neben einen: normalen
John Doppner sehen wir einen sehr sckönen Lawrence,
ein Bildniß des Mr. Ramble, der ein Bruder der be-
rühmten Schauspielerin Mrs. Siddons war, gleichfalls
Schauspieler und Regisseur am Royal Theatre in
London. Bor Allem aber sind die klassischen Franzosen
des sss. Jahrhunderts zahlreich und glänzend vertreten.
Linen so stimmungsvollen Theodor Rousseau haben
wir wohl noch nie in Berlin zu bewundern gehabt.
Ls ist ein kleines Bild, dunkle Berge gegen den sanft
erglühenden Abendhimmcl, von einer wunderbaren
Tiefe des Tones und von beseligender Ruhe, und dazu
offenbart sich auf dem kleinen Raum eine gewaltige
Malerhand, die auch ein Millct und Tourbet nicht
Überboten haben. Don Jules Duprö eine Marine mit
goldigen: Ton, der gegen das Dunkel anfluthet, von
Diaz eine empfindungsvolle Abendstimmung, von Jean
Boldini ein pikant farbiges Genrebildchen, als er noch
in den Spuren Fortuny's wandelte, von Dagnac
Niviere eins der geschätzten Interieurs, von Boudin
zwei Marinen von ausgesuchter Tonnoblesse, von
Bastien Lepage eine sonnige Landschaft, von I. Degrave
zwei Rinderszenen voller Liebreiz und malerischer Nerve,
von Daumier ein wirklich ausgeführtes Gemälde, also
eine Seltenheit, und von Forain ein spießbürgerlicher
Rauz, der angelnd auf einen: Landungsbrett in grau-
durchleuchteter Dämmerung zwischen bsimmel und
Wasser zu schweben scheint, von Naffaelli ein frühes
Bild mit starken Farben, von Troyon ein reizendes
kleines Stück nut Frauen am Rornfeld und so weiter
und weiter Bilder von Isabey, Boutet de Monvel,
Belon, Bauguies, Berton, Thauchet, Decamps, du Dot,
bselleu, La Touche, Zien: u. A. und alle von einen: be-
sonderen malerischen Reiz, wie man das bei den Vor-
führungen in: Salon Tasper gewöhnt ist. Auch an
neueren Engländern, Schotten und Niederländern fehlt

es natürlich nicht, vor Allen: finden wir Meisterstücke
von Bartlett, Look, Gilsoul, Gilbert, Laing, Brown
priestmann, Nosseels, Struys, Ten Late, Thaulouy
Grosvenor Thomas. Ls ist unmöglich, diese Fülle hier
im Einzelnen zu kennzeichnen. Ohnehin stellen sich
bei jeden: der Namen vertraute malerische Erinnerungen
ein. Unter den deutschen Namen glänzen Rnaus, Stuck,
Rirchner, Müller-Münster, Rauffmann neben Liebermann.
Lin soeben vollendetes Bild von Arthur Rampf frappirt
durch malerische Rraft und Noblesse. Lin vor einem
Terrier scheuender und anspringender chengst wird von
einen: Stallknecht in rother Jacke gebändigt und nieder-
gerissen. Die Bewegung sowohl, wie die interessante
Farhenskala zeigen den ausgereiften Meister. Lin
Sonderdasein führt in der Ausstellung eine Nietzsche-
Statue von Max Rlein. Der Verfasser des Antichrist
sitzt im Lehnstuhl, weltvergessen und in tiefste Abgründe
des dämonischen Denkens versenkt. Wie furchtbar die
tiefliegenden Augen unter den starren Brauen blicken!
Und dann, wie fein das blutleere Antlitz geformt ist!
Man merkt den: Werke an, daß der Rünstlcr nut
tiefster Ergriffenheit daran gearbeitet hat.
Im pohenzollern - Runstgewerbehaus sp.
bsirschwald) endlich lockt eine Sammlung von Gold-
schmiedekunstwerken des weltberühmten Rene Lalique
die Runstfreunde, die noch nicht Gelegenheit hatten,
auf der letzten Weltausstellung sich an den Wundern
moderner Grazie zu erbauen und zu entzücken. In der
angewandten Runst nehmen heutzutage die Arbeiten
von Lalique eme einzigartige Stellung ein, und das ist
das Eigene daran, daß nicht die kostbaren Steine und
perlen, sondern der Geschmack und die feine Lsand des
Künstlers ausschlaggebend sind. In: Gegentheil, je
prunkender das Material, um so diskreter wird es in-
szenirt, und andererseits weiß Lalique dem gewöhnlichen
bsorn in den Schmuckkämmen durch kunstvolle Schnitzerei
und Tönung einen solchen Reiz zu verleihen, daß es
von unschätzbarer Kostbarkeit zu sein scheint. Lalique
befaßt sich mit Diademen, Rolliers, Gängern, Rämmen,
Gürteln, Schnallen und Armbändern. Die letztgenannten
Schmucksachen waren längere Zeit aus der Mode und
wurden vorzugsweise nur von eitlen jungen Männern
und ältlichen Gecken getragen, bis sie nun auch wieder
beim schönen Geschlecht auftauchen, aber in wunderlich
cvklopischen Formen, aus vier bis fünf Gliedern be-
stehend, und diese wieder enthalten eine ganze Welt
von Ranken, Blättern, Figuren in Pochrelief oder gar
von vollplastischen Figurengruppen, in denen Lalique
eine unsagbare Fertigkeit an den Tag legt. Außer der
Feinarbeit spielt vorzugsweise die Tönung und Farben-
gebung, die sich natürlich den Steinen und Perlen an-
paßt, und die farbenglühende Emaille die Pauptrolle,
aber eigentlich auffallende und brillante Farben ver-
meidet Lalique durchaus, und nur den: genaue:: Renner-
soll und will sich der Werth seiner Arbeiten offenbar:::.
M. Rapsilber.
 
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