Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 9.1904

DOI issue:
Nummer 10
DOI article:
Bodmer, M.: Frankfurt a. M. Kunstbrief
DOI article:
Rapsilber, M.: Aus den Berliner Kunstsalons
Citation link: 
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kunst_halle1904/0183

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Nr. f0

Die Kunst-Halle.

s53

einer gewissen Popularität gelangen. Karl Haider's
Landschaften, nicht frei von Manier, athmen Ruhe und
Frieden. Ls sind Bilder wie geschaffen für den Kunst-
freund mit ruhebedürftigen Nerven und ermüdeten
Augen. Ulrich Hübner-Berlin steht im Lager der
Modernen und stimmt seine Bilder auf ein Helles,
leuchtendes Grün.
M. Bodmer.

Mr Sen Zerliner Aunrkslonr.
^Am Salon Jacques Gasper ist nunmehr auch
die zweite Winterausstellung eröffnet worden.
Man weiß, daß an dieser Stelle eine sorgfältige
Auslese aus der Kunst aller Völker und eine wohl-
erwogene Gruppirung von Werken älterer und neuerer
Zeit die maßvoll vornehme Haltung der Kunstschau
bedingt. Fernab von dem Streit der Zeit und doch
wieder der neuesten Entwicklung sich willig anbequemend,
versucht der Salon Gasper jedesmal ein umfassendes
Bild des internationalen Kunstschaffens darzubieten und
alle Schulen und Richtungen, die nationalen wie per-
sönlichen Eigenheiten im Zeichen eines allgemeinen
Kunstfriedens zu vereinigen. Zn diesem Sinne ist auch
der gegenwärtigen Ausstellung bei Gasper Bedeutung
beizumessen. Mehr als fünfzig Künstler deutscher,
französischer, englischer, belgischer und holländischer
Herkunft haben zu diesem schönen Gesammtbilde bei-
betragen. Fassen wir allein die deutsche Gruppe, die
uatürlich die überwiegende Zahl der Theilnehmer auf-
zuweisen hat, ins Auge, so sehen wir da ein Problem
gelöst, das für die Weltausstellung nicht zu ermöglichen
war, und gerade hier sieht man ferner, wie friedlich
sich alle Richtungen vertragen könnten, wie keine die
andere ausschließt oder verdunkelt, wenn nur die Einzel-
arbeiten von einem gediegenen Können zeugen. Bei
der Aufzählung einiger Hauptwerke nach dem un-
parteiischen Alphabet verfahrend, haben wir einem
Altfrauenkopf von H. v. Bartels zuerst die Ehre zu
geben, einer liebevoll charakterisirendeu Malerei, welche
die feinsten Wesenszüge der Persönlichkeit in dem Antlitz
betont. G. Bantzer schuf einen sonnigen Frühlingshymnus
auf junggrünem plan mit tanzenden Amoretten um die
Pracht blühenden Gesträuchs, eiu Bild von echtem
Idealismus, w. Besig's Herbstbilder erfreuen durch
eine schöne Farbenstimmung im goldsonnig erglühenden
Birkenhain und durch die dunkeltönig getragene Schwer-
muth in einer Allee. L. Gorinth malte mit der ihm
eignen Verve des Besenstiels eine Studie vom Strande
mit einer durch die Fluth patschenden Dame. G. Hart-
mann lieferte ein Bild Münchner Romantik, die Tann-
Häuser-Szene aus dem Hörselberg,. und hiebei kam es
vornehmlich auf die aus dem Dunkel verführerisch auf-
gleißende Leibesschönheit der Göttin an. Das Bild hat
eine große Haltung. Ferner sehen wir das bewegsame
Talent von E. Heilemanu in neuer Entfaltung an zwei
Pastellporträts voller Duft und Zartheit und an der
Gharakterstudie eines schleswigschen Jubilars, der so
recht in der Fülle markiger Stammeseigenheit dargestellt
ist. L. Langhammer wiederholt sich in einem schon
häufig bearbeiteten Motiv, das in den röthlichen
Wolkenballen über den pinienhafteu Kiefern gipfelt.

Natürlich ist auch M. Liebermann bei Gasper vertreten,
diesmal mit einem kleinen, meisterhaften Bilde aus dem
Jahr f873. Ls ist ein niedriges Fischerhaus, malven-
farbig getüncht, und dazu stimmt der gelbbraune
Vordergrund, das altrothe Dach und der schmale
Streifen des Wolkenhimmels, einen schlichten und
malerisch vornehmen Akkord bedingend. Vonw.Leistikow
sehen wir dann den üblichen Grunewaldsee im Mond-
schein. Das Silberlicht schwimmt zauberisch auf dem
leis erschauernden Wasserspiegel und zunächst dem Ufer
wirft die Kiefernwaldung einen tiefgrünen, kristallklaren
Schatten gegen das anfluthende Licht. Von F. Skarbina
endlich sehen wir ein weichmalerisches virtuoses Interieur
mit einem alten Juden, der einen kostbaren Goldpokal
kritisch prüft. Unter den ausländischen Malereien fällt
zumeist eine Landschaft des jüngstverstorbenen G. Pissarro
in die Augen. Das aus dem Jahr stammende
Bild, welches einen französischen Farmgarten in voller
Mittagssonne darstellt, zeigt eine wahrhaft klassische
Vollendung und eine eigenartige Ruhe und Größe in
der alles beherrschenden und alle Formen zusammen-
schließenden Sonnenglorie. Und hier ist es gewiß
lehrreich, festzuftellen, daß dieser Effekt nicht auf aus-
gesprochen impressionistischem Wege erzielt wurde, der
Meister und Erfinder der outrirt farbigen pünktelei hat
diese Manier selber als haltlos und überlebt auf-
gegeben, andernfalls hätte er gewiß nicht ein so vor-
nehmes Kunstwerk zu Wege gebracht. Eine düster
getönte Marine von I. Dupre, eine geistreich und
furiös gemalte Abendskizze des dämonischen Radirers
F. Rops, ein von einem Bach durchflossenes Dorf von
F. Thaulow, ferner charakteristische Bilder von Direng,
Balla, Isabey, Laing, Matignon, priestman, Slager
u. a. bringen das Ausland zu voller Geltung. Im
Besonderen wären noch zwei Bilder des Engländers
L. w. Bartlett zu betonen. Das eine, die Heimkehr-
einer Frau mit ihrem Kindlein, gegen den sanft ver-
dämmernden Abend gesehen, ist von einer außerordent-
lichen Stimmungs- und Tonschönheit. Und endlich die
Arbeiten von V. Gilsoul. Ein Stadtbild in der
malerischen Kraft des Vortrages, die den Meister seit
jeher auszeichnet, und ferner eine Mondscheinstimmung.
Es weben die Nebel gespenstig über das dunkle Land
und gegen den sanftgrau flimmernden Himmel empor.
Der Mond steht hinter den Gipfeln einer einsam
ragenden Baumgruppe und umfängt die Umrisse wie
mit flüssigem Silber und es ist dein Beschauer, als ob
hier Shakespeare-Worte lebendig geworden.
Aus der gegenwärtigen Ausstellung im Salon
Schulte ragen zwei Erscheinungen insonderheit hervor.
Einmal eine Sammlung von Bildnissen des Londoner
Lngros-Malers John Lavery. Mit sehr getheilten
Empfindungen schreiten wir an den Bilderreihen entlang.
Die Malereien haben gewiß Stil und nationale Eigen-
art und auch den Schliff der tonangebenden Vornehm-
heit. Man sieht da gewählte und geschmackvolle und
auch geschmacklose Toiletten und Posen und Requisiten
und Hintergründe und sonst noch was, ohne daß ein
tieferes, menschliches Interesse geweckt wird, weil der
Maler das Joch der Modeberühmtheit auf sich genommen
und damit beinahe aufhört, als Künstler ernsthaft in
Betracht zu kommen. Das Zweite ist die in der
Karnevalszeit übliche Sportausstellung der bekannten
Gruppe „Jagd und Sport". Daß die deutschen Künstler
im Allgemeinen sich nicht mit Sport - Darstellungen
befassen, ist leider bekannt. Eine lange Reihe der
interessantesten Motive aus dem modernen Leben lassen
sie sich somit entgehen. Daß aber auch die wenigen
professionellen Sportmaler so völlig der Initiative
 
Annotationen