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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 14
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Dworaczek, Wilhelm: XX. Ausstellung der Sezession
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Höckner, Rudolf: Kunstbrief aus Schleswig-Holstein
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Nr.

Die Run st-Halle.

2f3

den goldenen Mantel gemalt, der sehr glücklich die
dekorative Wirkung mit dem feinen Studium der
nackten Körper verschmilzt. Das Bild zählt mir zu den
liebsten der Ausstellung. Fritz von Nadler hat m
dem Rinderreigen „Die Uebermüthigen" sich un Format
vergriffen. Lin ähnlicher Vorwurf, den der Künstler
vor Jahren im Kleinen durchführte, wirkte sehr gut
durch die lebhafte und unmittelbare Bewegung der
nackten Kindergestalten. Ins Große übertragen, wirkt
Alles schwerer und roher.
Josef Anchentaller hat sich noch nicht von Vor-
bildern frei gemacht. Lr ringt, namentlich in der Farbe,
noch sehr nach dem persönlichen Ausdruck. Auch Baron
Robert Bach steht allzu sehr unter dem Einfluß Klimt's,
ohne dessen koloristischen Geschmack zu besitzen. Lieben-
wein behandelt in einem Zyklus die „Legende vom
heiligen Georg", sehr fein in der Zeichnung, gut in der
Komposition, aber ohne tiefergehenden persönlichen Reiz.
Auch Max Kurzweil ist zu beachten, von Lugenie
Munk ist ein sehr männlich und fest aufgefaßtes Bild
„Der Segler", während Baron F. Myrbach's „Eva"
mir für die duftige Behandlung der Farbe zu groß im
Format gerathen scheint. Sehr fein sind Holzschnitte
von Lmil Orlik, Reichel und Hugo Henneberg
und ein paar technisch vortreffliche und geistvoll kompo-
nirte Original-Radirungen von Alois Kolb. Lin
Stückchen großer Kunst in ihrer bewundernswerthen
Frische bieten, wie immer, ein paar der so unmittelbar
mit feinster Naturbeobachtung hingesetzten Aquarelle des
Altmeisters Rudolf Alt. Lr wirkt im künstlerischen
Sturm und Drang der Sezession immer wie ein ruhiges
Inselchen, reifen, in sich fertigen Könnens. Aber er
würde im „Künstlerhause" oder im „Hagenbund" genau
dieselbe Wirkung erzielen.
Paul Wilhelm.


Aunrtdnej sur 5clile;vig-Mrtein.
^E^'ie III. Wanderausstellung der schleswig-
holsteinischen Kunstgenossenschaft, die am
2?. März gleichzeitig mit der Ausstellung der
für München bestimmten Werke in der Kieler Kunsthalle
eröffnet worden ist, steht nicht auf der Höhe früherer
Veranstaltungen. Ls fehlen Künstler wie Glde, Dett-
mann, Brütt und auch jene schleswigschen Maler, die
auf den Ausstellungen in Flensburg und Husum den
Lokalcharakter ihrer Kunst betonten, sind durchaus nicht
vollzählig erschienen. Im Genrebild, das nur gering
vertreten, ist Aug. wilckens - Hadersleben hervor-
zuheben, dessen Erinnerung die tiefe, ernste Art zeigt,
die er bisher erkennen ließ. Lr schildert mit viel Treue
und inniger Hingabe im Ausdruck, wie zwei Frauen,
anscheinend Mutter und Tochter, mit den Empfindungen
wehmüthiger Erinnerung ein Gedenkblatt betrachten,
wilckens ist in der Farbe etwas kräftiger geworden,
ohne dadurch aber in der Leichtigkeit der Zeichnung viel
verloren zu haben. Daß er auch auf dem Gebiete der
Landschaft Sinn für Komposition und Stimmung hat,
beweist die „Ziegelei", die man sich etwa an der Flens-
burger Föhrde belegen zu denken hat, wo die Küsten-
segler unmittelbar neben dem Ziegeleiwerk festmachen,
um von dort die Steine nach den Nachbarhäfen zu be-

fördern. Tarl Storch-Königsberg hat eine in grünen,
braunen und weißen Tönen fein abgestimmte Skizze
„Rosenzeit" geschickt, von Julius Rehder- Hamburg
sehen wir ein Gartenbild „In der Laube", in welchem
Weichheit der malerischen Gesammtwirkung erreicht
ist. Zwei Skizzen, aus Holland und aus dem Ham-
burger Hafen, von Prof. Kallmorgen-Berlin, sind in
der freien künstlerischen Beherrschung der Motive und
ihrer Stimmung ausgezeichnete Arbeiten. Sie stehen
dem Lharakler der schleswig - holsteinischen Landschaft
ziemlich nahe, desgleichen auch eine dritte Arbeit von
Kallmorgen, ein Blick aus einem Gasthofsfenster auf
die Dorfstraße.
Die schleswig-holsteinische Landschaft nimmt, ver-
glichen mit anderen deutschen Landen, eine Sonder-
stellung ein. wind, Wolkenbildung und Nebel sind
häufige Erscheinungen, Kälte und Hitze sind gemildert,
die schönen Sommernächte, wie man sie in Mittel- und
Süddeutschland kennt, seltene Ausnahmen. Drüben an
der Westküste dehnen sich die Flachlandschaften der
Marsch mit ihren umfangreichen Viehweiden aus, der
Mittelrücken ist meist Haideland, wellenförmige Hügel-
bildungen hat die Ostküste. Buchenwaldungen stehen
hier auf dein Steilabfall am Meer, umsäumen die tief
in's Land sich erstreckenden Föhrden und die zahlreichen
Seen im östlichen Holstein. Auch herrliche alte Lichen, von
Lpheu umrankt, an den wegen in den Distrikten der
adeligen Güter, sind ein Schmuck der östlichen Gebiete.
Anton Nissen weiß in Bauernhäusern von der
Marsch und in einer Winterlandschaft von der Flens-
burger Föhrde die Monotonie nordischer Stimmungen
treffend zu charakterisiren. Auch Alex Eckener hat in
zwei Landschaften „Sturm" und „Geestlandschaft"
Motive seiner Heimath behandelt. Und wie es drinnen
in den Häusern der schleswigschen Lande ausschaut, das
hat wiederum der Nestor der schleswig-holsteinischen
Maler, Tarl Ludwig Jessen-Dazbull mit peinlicher
Sorgfalt und Liebe für die Naturnachbildung in seinen
nordfriesischen Interieurs, den vom Athem der Ver-
gangenheit durchwehten Stätten weltentrückter Stelle
erzählt. Blitzblank wie die Stuben und Kammern ist
auch seine Malerei. Von Hellem Tageslicht ist der mit
geschnitzten Lichenholztäfelungen ausgestattete Pesel aus
Winnert in der Gemeinde Ostenfeld bei Husum durch-
fluthet. Dunkle blaue, grüne, rothe Töne herrschen in
der „alten friesischen Stube" vor. Recht bemerkens-
wert^ ist ferner das „Interieur von der Insel Fanö"
von Tharlotte von Krogh-Hadersleben wegen der an-
spruchslosen Art, in der die blauen Holztäfelungen und
sonstigen Ausstattungen der schlichten Räume wieder-
gegeben sind. Außer einer Mondscheinlandschaft mit
Bauernhäusern im Schnee und einigen kleineren Tempera-
arbeiten von der Haide „Birken am Moor" und „Rauh-
reif" hat Interieurs auch Aug. Westphalen-Neu-
münster gemalt. „Im Kesselraum" und „Küche" sind
vornehm im Ton, lassen es stellenweise aber an der
Unterscheidung des Stofflichen fehlen. Llara v. Sivers
zeigt sich in zwei Stillleben als gewandte Malerin
prächtiger Arrangements von Blumen und Früchten,
Rosa und Elisabeth Krüger stellten einige kleinere
figürliche Arbeiten und Stillleben aus. von den Marine-
malern sind Tarl Leip old-Störort, der außer einer
kleinen Tafel in Grau und Braun „Fischerboote am
Strand" ein großes Seestück „Im Passat", ein Segler
mit vielen Beisegeln vor dem wind auf hohem Wellen-
berg einherschwebend, ausstellte, Georg Burmester-
Möltenort mit einer stimmungsvollen Marine „Am
Sund", Heinrich Petersen-Angeln mit einem farbigen
Hafenbild von Torekow und einer Gracht aus Holland
 
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