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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 1-13 (2. Januar - 30. Januar)
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. Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.

Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.

für Stadt

* Prosit Neujahr!
Der Bote hat bereits beim Abschied vom alten Jahre von
trüben Aussichten gesprochen, die das neue uns eröffne, und es
thut ihm leid, daß er abermals mit diesem schlechten Gruße an
einem Tage allgemeiner Freude in die Stube seines Lesers treten
muß. Doch die Wahrheit, mag sie auch oft bitter sein, geht
über Alles!
Mögen Andere die friedlichen Aussichten beim Zusammen-
klirren der Waffenrüstungen ihren Mitbürgern eröffnen, mögen
Andere die hereinbrechende Soldatenherrschaft als den Gipfelpunkt
einer „freiheitlichen Entwickelung" preisen, mögen sie den öffent-
lichen Credit uno den Volkswohlstand in blühenden Farben schil-
dern , — wir vermögen dies nicht, weil wir uns noch nicht auf
die Höhe dieser „fortschrittlichen Bildung" emporzuschwingen ver-
standen. Es ist leicht sagen: „das Volk kennt keinen Nothstand",
wenn man bei fetten Aemtern und großen Besoldungen den Mangel
nicht kennt und in vornehmer Geringschätzung den Mann aus
dem Volke vor der Thüre warten läßt, — es ist leicht sagen:
der altüberlieferte Glauben der Väter „ist nicht in Gefahr", wenn
man selbst von diesem Glauben nichts weiß und missen mag, weil
man in Freude und Wohlergehen die Tröstungen der Religion
entbehren zu können meint. Das ist es was der unsterbliche
Dichter so schön ausdrückt, wenn er sagt:
„Wer nie sein Brod mit Tbränsn aß,
Wer nie die kummervollen Nächte
Auf seinem Bette weinend saß,
Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte!"
Und so möge denn auch der Leser verzeihen, wenn der Bote heute
nicht fröhlich mit ihm anzustoßen vermag, sondern im ernsten
Augenblick eine sorgenvolle Miene zeigt im Hinblick auf die großen
Entbehrungen und Lasten, die das Volk jetzt zu tragen hat, wie
im Hinblick auf die bevorstehenden Stürme, die manch' braves
Kind von braven Eltern unter den Rasen legen werden.
Die Lage unseres Erdtheiles wird immer gespannter. „Wer
Wind säet, wird Sturm ernten", — das ist die Lehre von 1866.
Alte Bündnisse haben sich gelöst, neue sind im Entstehen be-
griffen. Alle Waffenfabriken sind in fieberhafter Thätigkeit und
täglich berichten die Blätter von neuerfundcnen Mordinstrumen-
ten. Der Stärkere sucht den Schwachen vom Throne zu stoßen
und der Nachbar gönnt ihm die Beute nicht. Die Verträge wer-
den wie alte Fetzen in den Kehrichthaufen geworfen und das Wort
wird nur gegeben um gebrochen zu werden. Die Autorität der

Abenteuer eines englischen PoLizeiofficianten.

(Fortsetzung.)
„Was'.-- rief sie, als sie meine Unschlüssigkeit bemerkte, „haben Sie Furcht
vor einem einzigen Manne? Nach dem, wie ich mich bisher gegen Sie gezeigt
habe, sollten Sie wenigstens kein Mißtrauen mehr gegen mich haben."
„Es ist wahr,-- antwortete ich, „so lassen Sie uns gehen."
Das Haus, vor welchem wir stehen blieben, schien zum größten Theile
unbewohnt. An den Mauern angeklebte Zettel zeigten an, daß es zu verkau-
fen oder zu vermiethen sei. Frau Jaubert klopfte leise an die Thür, welche
sosort von einer Frau geöffnet wurde.
„Ist Herr Browne noch da?" fragte sie mit lauter Stimme.
„Ja, was wollen Sie von ihm?"
„Ich bringe ihm einen mir bekannten Mann, welcher ein Geschäft mit
ihm abschließen will."
„Dann treten Sie gefälligst ein." Die Thür schloß sich hinter uns und
wir befanden uns in der größten Dunkelheit.
„Gehen >^ie nur grade aus--, sagte die Frau, „in einer Minute werde ich
Ihnen Licht bringen."
„Kommen Sie, ich will Sie führen!" setzte Frau Jaubert hinzu und
nahm mich an der rechten Hand.
In demselben Augenblicke hörte ich ein Geräusch und erhielt auch sofort
zwei heftige Schlüge auf den Kopf, ein Freudengeschrei drang in mein Ohr,
dann aber verlor ich die Besinnung und stürzte betäubt nieder.
ich zu mir kam, suchte ich nur das Vorgefallene zu vergegenwärtigen.
E) und nach entsann ich mich der Uebertistung der abscheulichen Frau Jau-
veu dann endlich begriff ich meine Lage. Ich fühlte, daß ich auf einem
^agen tag, der, nach dem Geruch zu urtheilen, mit Getreidesäcken beladen
war. -xeme Hände waren zusammengeschnürt, meine Augen verbunden, und
m meinem Munde stack ein Knebel. Der Wagen fuhr rasch und befand sich in
dem ^ugenbücke, als uh erwachte, in einer der belebtesten Straßen Londons,
war ^amstag Abends. An dem Tone der Glocken, au dem besonderen

Kirche wird von Oben bekämpft, von einer gewissenlosen Rolle
verlacht, —aber wehe ihnen beiden, denn die „Vernunftreligion"
gedeiht nur auf dem NevolutionsalLare und Hal schon einem Kopf
die Krone und dann den Kopf selbst weggeschlagen und in den
Sack des Nachrichlers geworfen. Nur keine Täuschungen! Wer
mit den Männern von Genf den Menschen zum Affen erniedrigt,
kann ohne entgegenschallendes Hohngelüchter keine heilige und un-
verletzliche Majestät für einen Menschen mehr in Anspruch nehmen,
den das Vorrecht der Geburt auf einen Thron gesetzt hat. Keine
Täuschungen! Wer mit Hülfe von genfer Rolhhemden und den
frivolen Männern der Affentheorie den Bau der Kirche zerschlagen
und den Glauben der Väter ausrotten will, liefert sich selbst an's
Messer von Bluthunden, wie sie scheußlicher nicht in den Schreckens-
jahren 1792— 94 in Paris gewüthet haben.
Doch zur Sache, — der Bote soll aus der Lage der Dinge
zeigen, wie und warum der Krieg vor der Thüre steht.
Die Schlacht von Sadowa hat Preußen die Möglichkeit er-
öffnet, seine Herrschaft über das gesammte Deutschland auszu-
dehnen, ein Ziel, dem es mit wachsendem Eifer unablässig nach-
strebt; sie hat aber auch zugleich durch die vollständige Demüthig-
ung Oesterreichs den treuen Wächter an der Schwelle des Orientes
lahm gelegt und auf diese Weile Rußland die glänzendsten Aus-
sichten auf die Zertrümmerung des OsmanenreichS eröffnet. „Eine
schnelle Lösung der orientalischen Frage ist bevorstehend", hat be-
reits der inspirirte russische Invalide ausgerufen, und ein Blick
auf die Gährung der Völker an der Donau wie im allen Hellas
zeigt uns deutlich, daß der Waffentanz jeden Augenblick begonnen
werden kann. Am thätigsten zeigt sich die griechische Regierung,
die unablässig das erlöschende Feuer des Aufstandes auf der Insel
Candia von neuem anzuschüren sucht und von dem russischen Ober-
herrn zu diesem Zweck die Zinsen geschenkt erhielt, die es dem-
selben schuldete. So sind Preußen und Rußland auf einander an-
gewiesen, — natürliche Verbündete: beide erstreben die Zertrüm-
merung Oesterreichs, das eine, um alle deutschen, das andere, um
alle slavischen Völker unter seine Herrschaft zu bringen. Indessen
Höri man, daß der allmächtige russische Minister Fürst Gortschakoff
noch manche Bedenken gegen eine allzu intime Allianz mit Preußen
habe laut werden lassen und daß er bei der entgegengesetzten Strö-
mung, die sich am russischen Hofe in Betreff der deutschen Ange-
legenheiten kund gibt, eine vermittelnde Stellung zwischen den
enragirten Preußenfreunden und den Vertheidigern der Legitimität
deutscher Fürsten einzunehmen trachtet. Damit ist jedoch der ent-
schiedeneren Kriegspartei, die unablässig drängt und treibt, schlecht
Geräusch der Straßen schien es mir, als ob wir in dem Stadtviertel von
Cottenham seien. Ich versuchte mich aufzurichten, allein es war unmöglich.
Ich war auch noch mit starken Stricken an den Boden des Wagens ge-
schnürt.
Was sollte ich machen? Geduldig mich dreinfinden! allerdings leicht ge-
sagt, aber gar schwer nusgeführt. Immer noch war ich in Folge der Schläge
aus den Kopf, welche ich erhalten hatte, wie betäubt und konnte nur mit
Mühe meine Gedanken in Zusammenhang bringen.
Viele Bilder traten mir vor die Seele. Besonders erinnere ich mich, daß
es mir mehrmals war, als sehe ich meine Frau und mein kleines Kind, wel-
ches ich vor meinem Weggehen in tiefer Wehmuth geküßt hatte. Meine Ein-
bildungskraft zeigte mir dann wieder di? Gestalten Martins und der Frau
Jaubert, dann glaubte ich auch Levasseur mit teuflischer Bosheit vor mir
stehen zu sehen. Seltsam! In dem Augenblicke, in welchem ich jenen gräß-
lichen Freudenschrei hörte und dann bewußtlos niedersank, war mir der Ge-
danke an Levasseur wie ein Blitz durch die Seele gefahren.
Jndeß legte sich der Wirrwar in meinem Kopse in dem Maße, als das
Geräusch auf der Straße sich verminderte. Endlich hielt der Wagen an. Ich
hörte, daß eine Thür geöffnet wurde. Einige Augenblicke danach wurde ich
aus den Säcken, unter welchen ich wie begraben lag, herausgezogen, eine
Treppe hinaufgetragen und dann aut das Brutalste auf den Boden geworfen.
Dann drückte man mich an eine Mauer, an die man mich mittelst eiserner
Ringe festschnürte. Endlich befahl eine Stimme, bei deren Klang es mich eis-
kalt überlief, mir die Binde von dem Gesichte wegzunehmen. Ich öffnete
meine Augen, und vor mir standen — Levasseur und der frühere Commis
Dübarle. In ihren Gesichtern lag der Ausdruck des ausgelassensten Trium-
phes. Sie waren bei dem Schiffbruche des Amphytrion nicht umgekommen
und hatten die Kühnheit, nach England zurückzukehren, um sich an mir zu
rächen.
Beim Anblick dieser beiden Verbrecher erstarrte ich vor Schrecken. Ich
versuchte meinen Muth zusammenzunehmen, um dem Tode, der mir gewiß schien,
kühn in's Auge zu blicken, aber ich gestehe, daß meine Anstrengungen vergeb-
lich waren.
(Fortsetzung folgt.)
 
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