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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 102-115 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43881#0461

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Dienstag den 29. September

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Preis vierteljährl. 40 kr. ohns
Träger lohn und Postausschlag.
Jnfs-Geb. 2 kr. die Spaltuüc.

Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag, z'
Donnerstag und Samstag.

Einladung zum Abonnement.
Mit dem I. Oktober beginnt ein neues Abonnement aus den
Pfälzer Boten. Wir ersuchen daher unsere auswärtigen Abonnen-
ten, ihre Bestellungen bei der Post rechtzeitig zu erneuern. Für
Heidelberg, Neusnheim und Schlierbach nimmt Anmeldungen ent-
gegen die Expedition von Leopold Schweiß dahier.
Bestellungen in Paqueten (nicht unter 10 Exemplaren.,, wobei
wobei wir je ein Freiexemplar gewähren, wolle man gleichfalls an
die Expedition des Blattes richten, und ersuchen wir besonders die
seitherigen Empfänger, uns baldigst die Zahl der gewünschten Ex-
emplare mitzutheilen.
Inserate a 2 kr. die Spaltzeile, ein äußerst wohlfeiler Ansatz,
erfuhren bei der großen Auflage unseres im ganzen Lunde gelesenen
Blattes die beste Verbreitung.
Wie der Preis des Blattes — 40 kr. ohne Postausschlag —
so bleibt auch die Tendenz des Boten unverändert, durch die
er sick so viele Freunde unter dem Volk erworben Hal. Wir zwei-
feln nicht, daß auch im folgenden Quartal unsere Leser uns treu
bleiben werden.
Süddeutschland.
* Heidelberg, 27. Sept. Ein neuer schwerer Schlag für das
Ministerium Jolly! Bürgermeister Baumer von Simonswald
wurde gestern beim Oberhofgericht in Mannheim vollständig freige-
sprochen. Der Prozeß Baumer, der so großes Aufsehen erregte
und alle Welt einen so tiefen Blick in das häßlichste Deuunciations-
wesen werfen ließ, das leider! in unserem Laude so vielfach ge-
trieben wird, Hal-gleich dem Lindauffchen — einen großen mm
ralischen Sieg für unsere Sache im Gefolge gehabt, zugleich aber
auch einen abermaligen glänzenden Beweis von der Unparteilichkeit
und Gcrechugkettsliebe unseres obersten Gerichtshofes geliefert. Herr
Bürgermeister Baumer weilt heule in unserem katholischen Casino,
wo der biedere Schwarzwälder der Gegenstand der allseitigstm
Ovationen und Beglückwünschungen ist. Ehre diesem felsenfesten
Manne!

* Heidelberg, 24. Sept. Zur politischen Lage enthalten die
Köln. Blätter folgende interessante Correspondenz aus Berlin:
„Die Officiösen haben Ordre erhalten, in der Kriegs- und Friedensfrage
jeden feindseligen Ton gegen Frankreich oder Oesterreich zu vermeiden, den
chauvinistischen Ausbrüchen der französischen Journale nicht zu antworten und
in der innern Politik Frankreichs -egen die Opposition energisch Partei zu
nehmen. Man leitet diese Instructionen von dem Erfolge der preußischen
Diplomatie her, die in Paris das beste Einvernehmen zwischen beiden Cabiueten
hergestellt haben soll. Nach vorliegenden Berichten, die allerdings aus dem
gegnerischen Lager Preußens kommen, wird die Reise zweier unserer Staats-
männer nach Paris mit der belgischen Frage in Verbindung gebracht. Zwar
behaupten unsere Officiösen, daß es eine belgische Frage im Sinne einer fran-
zösischen Krtegspartel als Brücke zur Behandlung der deutschen Frage völker-
rechtlich gar nicht gebe; aber dem widersprechen englische wohlunterrichtete Blätter.
Jedenfalls gesteht man hrer zu, daß in den Verhandlungen mit England die
Eventualitäten erwogen wurden, welche einen Protest der coalirten Cabinete
gegen einen aufgeworfenen Kriegsfall Hervorrufen würden, und daß die belgische
und die Rheinfrage in erster Linie ständen. Man scheut sich von Seiten der
Freunde Bismarck's nrcht, den Ausspruch zu thun, daß die Compensationssrage,
wenn sie einmal diplomatisch zwischen Frankreich und Preußen erörtert wird,
nothwendiger Weise Belgien und -Holland in ihren- Bereich ziehen muß. Mehr
als ein Kriegsduell zwischen Preußen und Frankreich würde nicht stattfinden
dürfen, ohne Europa in die Gefahr eines-allgemeinen Brandes zu stürzen.
Nächste Folge davon wäre, daß Preußen der Gefahr eines Verlustes des linken
Rheinufers nicht anders vorbeugen könnte, als durch solche Vereinbarung über
Belgien, die es keine territorialen Opfer kostet. Selbstverständlich würde es
sich dabei um die Herstellung der deutschen Einigkeit unter Preußens Scepter
handeln und anderseits Oesterreich isolirt werden. So lauten die Eombinationen
jener Personen, die sich guter Informationen rühmen. Das, was sie sagen,
stimmt in gewissen Beziehungen mit dem überein, was von anderer Seite be-
richtet wird. Demzufolge wäre man hier bereit, alle Opfer zur Erhaltung des
Friedens zu bringen, weil man sich nicht von der Ueberzeugung trennen kann,
daß die sogenannte Neutralitätsfahne Oesterreichs beim ersten Kanonenschuß
sinken und die österreichische Armee in Süddeutschland den französischen Legionen
die Hand bieten würde. Diesen Besorgnissen soll es zuzuschreiben sein, daß

das Berliner Cabinet die weit gehendsten Concesfion-m in Paris macht. Als
Ausfluß dieser Concessionen wird angenommen, daß man in Frankreich voll-
kommen darüber beruhigt sei, als würde Preußen irgend einen Schritt unter-
nehmen, der über den Main zu führen hätte. Von Seiten der National-Libe-
ralen scheint man über diese Fahnenflucht ihres Meisters unterrichtet worden
zu sein und ist deßhalb in hohem Grade verstimmt. Sie jammern darüber,
daß ihnen das Schlagwort der auswärtigen Meisterpolitik bei den gegenwärtigen
Ersatzwahlen abhanden gekommen ist."
In Uebereinstimmung damit, was die Jmeressenpolitik Oester-
reichs betrifft, schreibt die demokratische „Zukunft" u. A. sehr
richtig:
Wir dürfen mit Sicherheit von dem Gedanken ausgehen, daß bei einem
etwaigen Conflict zwischen Frankreich und Preußen die Leiter der Wiener Po-
litik nur nach dem Interesse Oesterreichs fragen werden. Und von diesen: Ge-
danken aus stellt sich die Sache also: Das Interesse Oesterreichs widerstrebt
der Bildung sowohl eines preußisch-deutschen als eines russisch-slavischen Ein-
heitsstaates. Zwischen diesen beiden Staaten würden die Nationalitäten Les
Kaiserstaates, von denen einzelne schon jetzt gewisse Secefsionsgelüste verrathen,
sich adlösen; die deutschen würden Preußen, die slavischen Rußland später oder
früher zum Opfer fallen, und daß alsdann auch für die Magyaren bald das
Sterbeglöckchen nationaler und staatlicher Selbstständigkeit schlagen müßte, wird
Jeder zugeben, der den Haß des Slaventhums gegen dieses der Gleichmacherei
widerstrebende Element der österreichischen Völkerfamilie an der Hand der Ge-
schichte verfolgt hat. Danach kann Oesterreich nur mit Preußen gehen, wenn
ihm dieses bestimmte Garantien gewährt, die irgend welche Modificationen des
Prager Friedensvertrags enthalten. Damit würde aber Preußen nicht nur
die vielgepriesenen Früchte seines Feldzuges von 1866, sondern auch die eines
etwaigen Sieges über Frankreich von vornherein aufgeben, während ihm doch
seine Jnterefsenpolitik vorschreibt, diese Früchte noch durch eine mehr oder weni-
ger ausgesprochene Annexion Süddeutschlands zu vergrößern. Es wird sich
daher schwerlich ein Staatsmann in Berlin finden, der um diesen Preis den
Beistand Oesterreichs ertauft, und um einen andern kann er nicht zu haben sein.
Aber eine Neutralität auf Grund stricter Einbaltung des Prager Friedens?
Das ist eine baare Utopie, etwas absolut Unmögliches. Wie einerseits ein Sieg
Frankreichs diesen papierenen Frieden — leider steht jeder Friede Europa's nur
aus dem Papier, das bekanntlich dem Schwerte nicht zu widerstehen vermag —
zerreißen würde, so würde Preußen als Sieger sicherlich diesen Frieden noch
weniger beachten und das, was es seine „deutsche Mission" nennt, rücksichtslos
durchführen. So erscheint es uns undenkbar, daß die Jnterefsenpolitik beider
Staaten sich versöhnen lassen wird: wir sind vielmehr der Ansicht, daß gerade
diese Politik Preußen auf einen andern Verbündeten hinweist, durch dessen
Eingreifen in die Verhältnisse Oesterreich unfehlbar auf die Seite Frankreichs
gedrängt wird. Der Leser wird errathen, daß wir Rußland im Auge haben.
Die Interessen dieses Staates collidiren nicht mit denen Preußens; „mir den
Südwesten, dir den Südosten" — mit dieser einfachen Formel wäre beiden ge-
nügt. Wir wissen nicht, ob diese Formel schon die Weihe eines zweiten Biar-
ritz erhalten hat, aber wir sind überzeugt, daß die Staatsmänner beider Länder
nicht lange Zeit brauchen würden, diesen Handel abzuschließen, der die Frage
des Sein oder Nichtsein sowohl an die napoleonische Dynastie als an den
österreichischen Staat stellt. In diesem Falle hat Oesterreich keine andere Wahl
mehr, als sich willenlos auf Gnade und Ungnade zu ergeben, oder mit allen
Mitteln für seine Existenz zu kämpfen. Der Selbsterhaltungstrieb wird ihm
die Waffe in die Hand drücken und es alle Scrupel über die Moralität der
Allianzen — falls solche nach Len Erfahrungen von 1866 noch vorhanden —
vergessen lassen. Und wenn gar Napoleon, was ihm wohl zuzutrauen ist, die
Integrität Deutschlands proclamirt und den Preis des Kampfes in den Staa-
ten der Niederlande suchen zu wollen erklärt, so wird eine Allianz Oesterreichs
und Frankreichs auch vom deutsch-nationalen Standpunkte nicht schlimmer sein
als diejenige, welche im Jahre 1866 die Provinz Venedig als Lohn für die
Hülfe Italiens versprach und gewann. Wir Preußen, die wir so stolz sind
auf unsere Jnterefsenpolitik, werden uns nicht wundern dürfen, wenn die an-
dern Staaten sich beeifern, uns dieses Kunststück „au touä" nachzumachen."
* Heidelberg, 26. Sept. Die neueste Demokratische Corre-
spondenz (Nr. 73) enrhält unter der Ueberschnst: „Weiteres von
den Karlsruher Zündhölzchen" die Mittheilung, daß eine badisch-
preußische Militäreonvcntion so gut wie abgeschlossen sei und daß
mit dieser Sache der Rücktritt Les Prinzen Wilhelm, Großh. Hoheit,
Zusammenhänge. Das Einzelne der Differenzen zwischen dem
erlauchten Anführer der badischen Truppen im Feldzug von 1866
und dem preußischen General, fetzigen Kriegsmiaister von Bayer,
sowie die damit zusammenhängenden Reflexionen der Demokratischen
 
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