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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 14-26 (2. Feburar - 29. Februar)
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Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.

für Stadt



Dienstag den 11. Februar 1868.

* Mißtrauensvotum an den Abg. Eckhard.
(Schluß.)
Aus dem Gesagten, wohlgeborener Herr, werden Sie die
Ueberzeugung gewinnen, daß das Volk mit den ungeheuren
Lasten, die es jetzt schon tragen muß und die sich immerwährend
noch steigern, namentlich mit dem Militärgesctz und mit unzeitigem
Drängen zum Eintritt in den Nordbund, der von uns neue Opfer
verlangt, aber uns weder Schutz noch Vortheil gewährt, nicht zu-
frieden ist. Das Volk will Erleichterung, politische und
religiöse Freiheit und deßhalb findet das ächtdeutsche Auftreten,
der Muth und die volksthümliche Haltung des wahren und
wirklichen Volksvertreters Herrn Lindau allgemeine An-
erkennung und den ungetheilten Beifall für seine Motion am
3. Oktober v. I. auf Verminderung der Staatsausgaben. Wir
haben die preußischen Lasten im vollen Grade, aber die Vortheile
Preußens haben wir nicht.
Ebenso wird Ihnen klar geworden sein, was wir von der
Zwangseivilehe, der Standesbeamtung, der Verwaltung weltlicher
Stiftungen, der Schulreform und der Trennung der Kirche vom
Staate halten und denken. Diese Einrichtungen alle stellen uns
nur neue Lasten und Abgaben in Aussicht und gewahren
uns keinen einzigen Vortheil. Mr können uns deßhalb nicht dazu ver-
stehen, dem Moloch, den der freimaurerische Liberalismus erfunden
und aufgestellt hat, nebst unser m Geld und Gut mittelst der
Zwangseivilehe, die heiligsten Angelegenheiten des Glaubens, des
Gewissens und der Familie mittelst der unglücklichen Schul-
reform, die ihres Gleichen noch nicht hat, unsere elterlichen Rechte,
Pflichten und Kinder — unsere bürgerliche Freiheit, die christliche
religiöse Ueberzeugung und endlich unsere Psarr- und Kirchen-
stiftungen feige und nutzlos zum Opfer zu bringen und dadurch
zur Unterdrückung der Kirche beizutragen. Damit es nicht den
Anschein gewinne, als stimmen wir mit ihren Motionen überein
oder als hätten wir Ihnen ein Mandat hiezu gegeben und Sie
gar an die Spitze der kleinen aber zur Zeit mächtigen Schaar ge-
stellt, so erfüllen wir anmit eine Gewissens- und Ehren-
pflicht, indem mir Ihnen unser großes Bedauern und die ent-
schiedenste Mißbilligung Ihrer Motionen und Ihres Auftretens in
der Kammer ausdrücken. Wollen Sie eine Antwort ertheilen, so
wird uns die Nachricht von der Niederlegung Ihres Manoats und
eines besseren Wahlsystems die erfreulichste sein.

Mit der Achtung, die man gesetzlichen Vertretern des Volkes
schuldig ist, zeichnen wir unsere Unterschriften.
Simonswald, im Dezember 1867.
(Folgen die Unterschriften.)
Süddeutschland.
* Heidelberg, 8. Febr. In der Heidelberger Zeitung lesen
wir einen Bericht über einen Vortrag des Kirchenrathes Daniel
Schenkel im hiesigen Protestantenvereiu. Das Thema handelt
über den „historischen Christus." Nun ist es nicht unsere Absicht,
uns irgendwie hier einzumengen, da es uns ganz gleichgültig sein
kann, ob genannter Verein Christus als Sohn Gottes oder als
einfachen Menschen auffaßt. Wir wollen nur hervorheben, daß
Schenkel ausfühne, bis zum Jahre 325 sei jede Forschung hier-
über frei gewesen, dann sei aber die lange Nacht und die Zeit
der Scheiterhaufen für die Ketzer hereingebrochsn, bis die Refor-
mation die freie Forschung wieder hergestellt habe. Immerhin
aber habe man sich nicht recht an die Person Christi gewagt, bis
David Strauß in wissenschaftlicher Forschung Bahn gebrochen
habe. Indessen habe dieser auch wieder Fehler und Ur^
richtigkeilen begangen, die von Renan verbessert worden seieE
Letzterer habe aber erst recht vielfach schiefe Ansichten entwickelt,
weil ihm der „protestantische Geist" abgeht. Dann kommt —
unsere Leser errathen es — das Buch Schenkel» selbst, dem
jedenfalls der „protestantische Geist" nicht abgesprochen werden
kann und das bei Vermeidung der ihm bekannten Klippen das
allein Richtige erfaßt, was die Bescheidenheit des Verfassers zwar
nicht mit dürren Worten eingesteht, was aber gerade aus der
bescheidenen Hintanstellung des Buches — als Schlußstein —
nicht zu verkennen sein dürste. Heut zu Tage gilt es für lächer-
lich, eine Autorität oder gar Unfehlbarkeit der Kirche anzuerken-
nen, dagegen beanspruchen die Professoren als selbstverständlich
die Unfehlbarkeit dessen, was sie ihre Forschung" zu nennen be-
lieben.
* Heidelberg, 7. Febr. Dem Abg. Lindau sind wieder
mehrere Dank- und Zustimmungsadressen: eine aus Neude-
nau mit 143, eine aus Bühl mit 216, eine aus Bühler-
thal mit 92, eine aus Altschweier mit 40 und eine aus
Eisenthal mit 43 Unterschriften dortiger Bürger zugegangen.
Dank und Ehre diesen braven, überzeugungsmuthigen Männern!
— Vom Neckar, 1. Febr. Lieber Pfälzer Bote! Die Be-
rücksichtigung, welche Du deinem Stiefbruder von hinten aus
dem Odenwald neulich zu Theil werden ließest, hat diesen arg

Der schwarze Gentleman.
Bus den Erinnerungen eines Arztes.
(Fortsetzung.)
Er nahm meine Hand in die seinige und b'.lckte mich lange und schwer-
müthig an. Daun flog ein schwaches Lächeln über seine Züge, und ohne Ver-
legenheit oder zu stark vortretende Vertraulichkeit sagte er:
„Es ist, wenn ich nicht irre, nicht das erste Mal, daß wir uns sehen,
und ein Vorgefühl sagt mir, daß wir uns hier nicht zum letzten Mal getroffen
haben. Danken mag ich Ihnen nicht, denn einerseits scheint die alltägige Eti-
kette weder Ihrer noch meiner selbst würdig zu sein, und anderseits ginge ich
vielleicht zu weit, wenn ich Ihnen schon jetzt näher trete. Ich kann sie des-
halb nur biten, die Behandlung, welcher Sie sich mit so günstigem Erfolg
unterzogen, an nur zu Ende zu führen. Finden Sie nicht, daß ich stark genug
bin, um nach Hause zu fahren?"
Ohne zu antworten, drückte ich seine Hand und ging dann hinaus um
einen Wagen zu bestellen. Als ich zurückkehrte, um dem Grafen sofort zu mel-
den, daß alles bereit sei, trat mir an der Thür der Croupier mit den Worten
entgegen: „Um Vergebung, Herr Doctor; aber wie wird es mit dem Gelde«"
Der Graf hatte, wie es schien, diese Worte durch die eben angelehnte
Thüre gehört, denn sofort trat er auf die Schwelle und entschuldigte sich höf-
lich wegen der Störung, welche er nn Hause verursacht. Dann fügte er hinzu:
„Haben Sw die Güte, meur Guthaben aufzuheben. Dieser Herr wird Ihnen
morgen die Hälfte absordern, um darüber meinem Wunsche gemäß zu verfügen:
die andere Hälfte wollen Sie gefälligst unler das Personal Ihres EtabUsse-
ments vertheilen, als kleine Entschädigung für die Mühen und Beängstigungen,
welche ich verursacht haben mag." ' m v ,
Natürlich stieg ich zum Grafen in den Wagen nnd fuhr mit ihm zu seinem
in der Vorstadt Saint-Germain belegenen Hotel. Es war ein schönes pracht-
voll möblirtes Haus, worin er die erste Etage bewohnte und auf dessen Schwelle
ihn derselbe ergraute Diener empfing, den ich auf dem Dampfboot bemerkt

hatte. Ich gab die nöthigen Anordnungen und entfernte mich mit dem Ver-
sprechen, am nächsten Morgen wieder vorzukommen. Von der Gräfin war an
diesem Abend nicht die Rede, und eine Ahnung sagte mir, daß ich diese edle
aber kalte Physiognomie nie wieder sehen werde. Die Loreley war aus meinem
Dasein verschwunden.
Am nächsten Tage empfing mich der Graf mit außerordentlicher Freund-
lichkeit. Die rasche Wiederstellung, welche er durchaus mir verdanken wollte,
entsprach, wie er versicherte seiner Lage, da er unverzüglich nach Schlesien
reisen müsse. Er fühlte sich stark genug um die Beschwerden der Reise zu er-
tragen, und wollte sich noch denselben Abend auf den Weg machen. Zuvor
aber hatte er noch eine Bitte an mich. „Wie Sie wissen, verfügte ich gestern
Abend über Sie, ohne zuvor Ihre Einwilligung erhalten zu haben. Schlagen
Sie mir jetzt meine Bitte nicht ab. Sie müssen sich heute zum Bankhalter
bemühen und eine Summe in Empfang nehmen, deren Betrag ich nicht kenne,
die aber jedenfalls nicht unbedeutend sein kann. Ich möchte das Geld, über
dessen Erwerb ich erröthen muß, nicht gern benutzen. Ich bitte Sie, mein
Herr, mich nicht für einen Spieler zu halten. Wie Sie, wurde auch ich nur
durch die Neugier in das Haus geführt, in dem wir uns trafen. Es schien
mir schicklich, dort durch einen unbedeutenden Einsatz mein Entree zu bezahlen,
und als das Glück mir einen Strich durch die Rechnung machte, ließ ich das
Geld nur in der Absicht stehen, meinen ursprünglichen Zweck zu erreichen. Den
Erfolg kennen Sie".
Hier unterbrach sich der Graf. Es schien wir, als wiche sein Blick dem
meinigen aus und als zitterten seine Lippen. Aber schnell faßte er sich und
fuhr fort: „Ihr Name ist mir nicht fremd, oft wurde er mir von Freunden
der Familie Ihrer Mutter genannt, mit denen der Zufall mich zusammenführte.
Ich weiß, welcher edlen Aufgabe Sie Ihr Leben widmen, und oft wurde ich
fast eifersüchtig auf den hingebenden Enthusiasmus, welcher Ihnen zur Trieb-
feder dient. Gestatten Sie mir, mich in gewissein Grade mit Ihnen zu ver-
binden, und nehmen Sie die Summe, welche in Ihren Händen das Werkzeug
zur Milderung manches verborgenen Leidens werden kann. Haben Sie darüber
disponirt, so erinnern Sie sich Ihres schlesischen Banguiers."
(Fortsetzung folgt.)
 
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