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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 65-76 (3. Juni - 30. Juni)
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Donnerstag und Samstag.

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Jns.-Geb'. 2 kr. die Spaltzeile.


Donnerstag den 11. Juni

Des Frohnleichnahmsfestes wegen wird die
nächste Nummer unseres Blattes nur zur Hälfte
erscheinen.
Der Südwestbund.
Berlin, 29. Mai. Ein Blick auf die abgelaufene Sitzungs-
periode des Zollparlaments wird von allen hiesigen Zeitungen ge-
worfen. Namentlich ist es der Rechenschaftsbericht der süddeutschen
Fraction, welcher unfern Annectirern einiges Kopfschmerzen macht.
Gewöhnlich sucht man die süddeutsche Fraction deßhalb als unschäd-
lich hinzustellen, weil sie aus verschiedenen Parteien zusammen-
gesetzt sei. Wo findet eine größere Vereinigung widerstrebender
Elemente statt, als in Preußen? Annectiren wollen sie alle,
Junker, Demokraten und Liberale. Die Parteien in Preußen bilden
in Wahrheit das „unsittliche" Bündniß, das sie ihren Gegnern
vorwerfen. Wo in aller Welt ist eine größere und unnatürlichere
Zusammenschmclzung gegenseitig sich sonst stets bekämpfender Elemente
als in Preußen? Die „Prov. Corresp." rühmt die Uebereinstim-
mung der Gesinnungen von Waldeck und Wagener, Bismarck drückt
den Führern der Fortschrittspartei beim Börsenfrühstück zärtlich die
Hand, der bayerische Preuße Völk wird beglückwünscht von Blankem
bürg und nun trete noch ein Preuße auf und finde es sonderbar,
wenn im Süden Thüngen, Lucas und Mohl zusammengehen! Ohne
die widernatürliche Förderung der Bismarck'schen Plane durch
National-Liberale und National-Demokraten hätte Bismarck bis
heute nicht den Erfolg, den er hatte. Gegenüber einer so über-
wältigenden Coalition in Preußen — wer will den Süden anklagen,
daß er alle Kräfte zu gemeinsamer Wirkung zusammenfaßt? Jene
süddeutsche Coalition ist nur die natürliche Folge der norddeutschen
Coalition. Fragt man jedoch, welche von beiden sich von den
Forderungen der Ehre und Sittlichkeit am weitesten entfernt, so
kann die Antwort nicht zweifelhaft sein. Was die nordischen Par-
teien zusammenführt, ist Habsucht, die Gier nach fremdem Gut
und Eigenthum, nenne man das nun „deutsche Einheit", „natio-
nalen Gedanken", „preußischen Beruf", „geschichtliche Nothwendig-
keit" oder wie sonst; das was den Süden treibt, zusammenzuhalten
gegen Vergewaltigung, ist die Vertheidigung angestammter Rechte,
der Schutz der deutschen Freiheit, die Sicherstellung des deutschen
Volks vor der Ausbeutung zu Gunsten der slavischen Adelsgeschlechter
aus der Mark und Pommern, die Abwehr des Militärstaates und
einer dünkelhaften Büreaukraüe. Welche Parteicoalition, die nord-

Die holländischen Zuaven im päpstlichen Heere.
(Fortsetzung.)
Als die Mutter Jongs den Tod ihres Sohnes vernahm, rief sie aus:
„Soll ich denn meinen Peter auf dieser Welt nicht mehr sehen, aber dort im
Himmel werde ich ihn wieder sinden ; leider ist mir jedoch der Trost genommen,
einen Sohn in der Armee des Papstes zu haben!" — Da Jemand fragte:
„Wie, Sie würden wirklich, wenn Sie noch einen Sohn besäßen, auch diesen
ziehen lassen?" antwortete sie: „Was einen? wenn ich hundert hätte, könnten
sie alle gehen!" Kurz daraus las man im Tchd unter den langen Verzeich-
nissen, welche für die päpstliche Armee eingegangene Gaben zu veröffentlichen
pflegen, folgende Anzeige: „Frau Jong . . . für die Verwundeten von Monte
Libretti, wo mein lieber Peter für Gott, Kirche und Papst sein Leben gab —
12 fl." Eine Zeitung hatte berichtet, bei der Nachricht von Peters Tod hätte
dessen Mutter geweint. „Das ist nicht wahr, bemerkte diese fast entrüstet,
man hat mich arg verläumdet." — Die Mutter Heykamps bedauerte nur, daß
man ihr den Tod ihres Sohnes mehrere Tage verhehlt hatte.
Eine andere Mutter hatte ihrem Sohne die Erlaubniß gegeben, unter die
Fahne des Papstes zu treten. Am Abende vor dem zur Abreise bestimmten
Tage trennte man sich erst in später Nacht. Als die Mutter ihren Sohn im
Schlafe glaubte, trat sie in sein Gemach und warf sich am Fuße des Bettes
aus tue Kmee nieder. Der Jüngling, der plötzlich erwachte und sie dort voll
Inbrunst beten sah, bat sie dringend, sich einige Ruhe zu gönnen, damit ihr
so viele Sorge nicht noch eine Krankheit zuzöge. „Ei, mein Kind!" unter-
brach ihn da lebhaft die Mutter, „was würdest du thun, „wenn ich über deine
Abreise erkranken oder gar sterben würde ?" Eine harte Frage für einen lieben-
den Sohn Dieser besann sich eine kleine Weile und sagte dann: „Ich würde
dennoch gehen." Jetzt erhob sich das großmüthige Weib stolz und glücklich,
umarmte ihn und nef: „Geh, mein Kind! du bist würdig für Gott dein
Blut zu vergießen.^. " >
Wie wunderbar bildet doch der Glaube das menschliche Herz! Welch' ein
wohlthuendes Schauspiel gewähren nicht diese christlichen Heldenmütter- so stark

deutsche oder süddeutsche, dem Genius der deutschen Geschichte am
wenigsten treu bleibt, das beantwortet sich demnach von selbst.
Die Gereiztheit, mit der die „Kölner Zeitung" sowie das
Hofblatt der Nationalen, die „Berl. Nat. Ztg." über die Idee der
Gründung eines Süobundes herfällt, zeigt, daß hier der Hebel an-
zusetzen ist, um der weiteren Absorption der Südstaaten entgegen-
zuarbeiten. Nur müßte sich derselbe nicht süddeutscher, sondern
„südwestdeutscher Bund" nennen, um schon durch seinen Namen
fortwährend an das Verbrechen des Ausschlusses von Oesterreich
aus dem deutschen Bunde zu mahnen. Es ist nicht abzusehen, was der
Gründung dieses südwestdeutschen Bundes im Wege stände. Der
Prager Friede sieht ihn ausdrücklich vor. Die Schutz- und Trutz-
bündnisse, welche nur für den Kriegsfall abgeschlossen worden sino,
hindern ihn nicht. Gerade eine Zusammenstellung der Wehrkräfte
Südwestdeutschlands in Friedenszeiten würde eine Modification der
Schutz- und Trutzbündnisse zu Gunsten des Süden ermöglichen.
Man beachte, daß Preußen vor nichts Nespect hat, als vor der
realen Gewalt. Das Recht läßt sich brechen und beugen, Ver-
sprechungen drehen, Bündnisse sprengen, das Alles haben wir er-
lebt, aber eine wirkliche Gewalt ist ein Factor, den man hier
mehr in Berücksichtigung zieht, als alles Recht und Gesetz. Bilden
die süddeutschen Staaten im Frieden eine militärische Einheit, so
wird sich die Sprache Preußens gewaltig ändern; einzeln sind diese
Staaten auch verschieden zu behandeln und leicht in's Schlepptau
zu nehmen. Die preußische Politik war stets servil gegen Mächtige
und brutal gegen Schwache. Man denke an die Selbsterniedrigung,
welche ein Friedrich II. beim Friedensschluß zu Teschen gegen die
russische Katharina zeigte! Man sehe die Furcht vor Rußland und
jetzt vor Frankreich an! Nichts rettet die Südweststaaten, als wenn
sie freiwillig eine militärische Einheit bilden, wenn der projectirte
Staatenbund in's Leben tritt.
Die ganze Besorgniß vor einer Einsprache Frankreichs spiegelt
sich in der Leisetreterei Bismarck's während dem Zollparlament ab.
Ohne Noth spricht man nicht von seiner Vertragstreue; entweder
muß eine äußerste diplomatische Pression vorhanden sein, daß man
sich zu einem solchen Zugeständniß bequemt oder man maskirt da-
mit einen Schlag, den man vorhat. Was hat das Zollparlament
nicht Alles erreicht? Es hat 1. die Kassen des Kriegsministers
nicht gefüllt. Es hat 2. keinen Schritt gethan, der irgendwie die
sog. „nationale Idee" gefördert hätte; es hat im Gegentheil ganz
antigroßpreußisch gehandelt und die Genehmigung des Bamberger'schen
Antrags war nur eine Ueberrumpelung und die Folge taktischer
Fehler der Südrvestoeutschen. 3. Es hat die Anträge auf Aus-
und zart zugleich, neben der berühmten, kalt cokettirenden Spartanerin des
elastischen Alterthums!
Väter und Söhne bleiben jedoch nicht zurück, der Opfergeist der Mütter
belebt auch sie. Kaum hatte man in Gröningen des wackern Crone Tod ver-
nommen, als schon drei andere seiner Altersgenossen sich anschickten, in Rom
seinen Platz einzunehmen. Es herrscht hier in der That eine Fruchtbarkeit, der
etwas von der Triebkraft des Martyrerthums innewohnen muß. Hundert
dieser Braven lagen theils todt theils verwundet auf den Schlachtfeldern rings
um die ewige Stadt. Holland will sie zehnfach ersetzen. Damit ist aber
seinem Volke noch kein Genüge geschehen. Es sendet überdies noch Tausende
von Gulden; die Subskriptionsliste des „Tyd" allein weist 200,000 Franken
auf. Für die Zukunft steht ein wohleingecichtetss Jnvalidenhaus fertig da;
eine katholische Dame hat ihr prächtiges Landhaus zu diesem Zwecke abgetreten.
Man möchte glauben, die schöne Zeit der Kreuzzüge sei wieder angebrochen,
wenn man sieht wie allerorts wehrkräftige Jünglinge sich eilig aufmachen, die
anserlesene Schaar des apostolischen Stuhles zu verstärken. „Nach Rom!"
Dieser Ruf, der in einem schönen Abschiedsliede der nach Italien Ziehenden
jungen Streiter erklingt (Mar kom!) — dieser ächt katholische Ruf schallt
jetzt durch ganz Holland. Ein französischer Zuave schrieb neulich von Rom:
„Mir scheint fast, Holland's Katholiken kommen noch sammt und sonders hier-
her gezogen." Bis zum 26. November v. I. hatte das päpstliche Werbe-Comite
zu Brüste! allein 1684 Holländer unter das Banner Pius IX. entsendet. Im
Laufe des Dezembers meldeten sich weitere 500, und jetzt zählt Holland unter
dieser Fahne an 2600 Mann. Nimwegen, eine Stadt von 22,000 Einwohnern,
schickte im Dezember zu seinen 170 Zuaven auf einmal noch 30 andere. Sie
zogen ab mit klingendem Spiele, in ihrer Mitte drei Brüder, Söhne einer
Wittwe. Das kleine Geldrop (Provinz Nord-Brabant), mit nur 1700 Seelen
hatte schon gegen Ende des vorigen Jahres 20 Zuaven in Rom.

(Fortsetzung folgt).
 
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