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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 130-141 (3. November - 30. November)
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M 14k

Donnerstag den 26. November

1868.

Süddeutschland.
x Baden-Baden, 23. Nov. Auch unsere Stadt ist berufen,
die angeblichen Segnungen der neuen Aera auf dem Gebiete
der religiösen Toleranz und des confefsionellen Friedens genießen
zu sollen. Der hiesige Gemeiuderath, wohl dazu veranlaßt durch
„Anregung" von zu ihm „Beziehung habender" Seite, empfiehlt
die confesiionslose Mischschule an Stelle der seither segensreich wir-
kenden confessionellen Volksschule, und zur definitiven Erledigung
des Wunsches ist nunmehr auf die beiden letzten Tage dieser Woche
von Großh. Bezirksamt die Abstimmung für die beiden Confefsions-
gemeinden anberaumt.
Im Hinblicke auf die großen Gefahren, welchen die religiöse
Erziehung der Kinder in diesen Mischschulen ausgesetzt ist, hielten
sich einige hiesige Bürger verpflichtet, diese ernste Situation in ei-
ner größeren Versammlung zu beleuchten und Hrn. Lindau von
Heidelberg, unfern Zollparlamentsabgeordneten, zu derselben freund-
lichst einzuladen. Diese Versammlung, zu welcher die gleichgesinn-
ten Bürger hiesiger Stadt durch Einladungskarten speciell geladen
waren, fand gestern Nachmittag 5 Uhr in dem festlich beleuchteten
großen Saale des Grünen Hofes bei Herrn Hofmann unter Be-
iheiligung von ungefähr 500 hiesigen katholischen Bürgern statt.
Hr. Lindau, in Begleitung des Hrn. vr. Fischer und einigen an-
dern Gesinnungsgenossen von Heidelberg und Carlsruhe, war er-
schienen und ergriff das Wort, nachdem er durch das Comitö be-
grüßt und von einem Mitgliede desselben ein Hoch auf ihn ausge-
bracht war, in das die ganze Versammlung begeistert einstimmte.
Er dankte in seiner Rede vor Allem für die Anerkennung,
welche ihm soeben ausgesprochen worden und ging dann über zu
der brennenden Tagesfrage. Wenn man sich über den Werth der
confessionellen Schule klar werden wolle, so seien gewiß Zeugnisse
der principiellen Gegner dieser Schulen am besten geeignet, deren
Vorzüge uns vorzuführen. Solche Zeugnisse seien aber vorhanden
und zwar von Niemand anderem, als von Herrn Staatsminister
Jolly selbst, in seiner Begründung zum neuen Schulgesetzentwurf,
und dann von den hervorragenden Coryphäen der liberalen Par
tei in dem Berichte der Kammer-Commission über diesen Entwurf.
Redner verliest sie wörtlich und wäre es sehr zu wünschen, daß
diese wichtigen und durchschlagenden Zeugnisse in Ihrem Blatte
zum Abdrucke gelangten.*)
Nach einer Empfehlung der Konfessionsschule von dieser Seite
und in so klarer treffender Weise, fährt Redner fort, könne er ei-
*) Geschieht hiermit unten. Die Red.

gentlich seine Rede schließen; allein er wolle öoch noch in die nähe-
ren Verhältnisse der Sache überhaupt eingehen.
Von den Freunden der gemischen Schule werde stets betont,
daß dieses System in den mittleren und höheren Bildungsanstalten
bereits bestehe und gute Früchte trage, weil es die zukünftigen Bür-
ger schon in der Jugend zu den hohen Staatsaufgaben durch Ver-
träglichkeit auf confessionellem Gebiete vorbereite. Allein die Erfah-
rung zeige, daß aus diesen Schulen der Ungeheuern Mehrzahl nach
Jünglinge hervorgehen, welche jedes positiven Glaubens, jeder reli-
giösen Ueberzeugung, jedes Funkens von Liebe und Achtung für ihre
katholische Kirche überhaupt verlustig geworden sind. Das beabsich-
tigten aber gerade die Freunde jenes Systems. Sie brauchten zur
Erreichung ihrer Endziele einen unselbstständigen Bürgerstand, der
ohne tieferes Nachdenken, ohne Principien, ohne Ueberzeugung, sich
mit leeren Phrasen, als Fortschritt, Aufklärung u. s. w. für Durch-
führung ihrer Pläne gewinnen lasse und ihnen blindlings folge. In
dieser Beziehung allerdings hätten die gemischten höheren Schulen
schon Vieles geleistet.
Im Volke dagegen sei kein Bedürfniß für Einführung von
Mischschulen vorhanden. Der Ruf nach solchen gehe aus von
einer geheimen Partei, welche heute in unsrer Zeit, wo Alles
auf O e f ff e n t li chkei t hin dränge, in unsrem Lande in
ganz besonderer Weise sich in geheimen Vereinen organisirt, um
die öffentlichen Verhältnisse in ihrem Sinne beherrschen zu können.
Dies sei inWirklichkeit die im Finstern schleichende Partei.
Als vor einigen Tagen die katholische Bürgerschaft in Offenburg sich
ermannte, um durch ihre Abstimmung ihre kathol. Schule und damit
für ihre Kinder die katholische Erziehung zu retten, da hätten die
liberalen Blätter sich nicht entdlödet den freien Bürgern den blöd-
sinnigen Vorwurf zu machen, die Klosterfrauen Hütten ihnen mit
dem Finger gewinkt und die Bürger sich dadurch einschüchtern
lassen. Hätten die Bürger aber rm Gegentheile für die geheimen
Pläne der Partei Eckhardt sich als willenlose Werkzeuge herge-
gebcn, dann, ja dann wären sie als „aufgeklärte Männer" von den
„Leithämmeln" verzollt und mit Lobesergießungen überschüttet
worden.
Die gemischten Schulen beförderten aber auch keineswegs
den confessionellen Frieden und noch weniger die Eintracht im
öffentlichen Leben. Wahre Toleranz bestehe da, wo neben dem
Einstehen für die eigene Ueberzeugung auch die Freiheit der Ueber-
zeugung für eine entgegenstehende Ansicht geschützt werde. Diese
hätten aber unsre Gegner nicht, denn die Katholiken sollen keine
Freiheit ihrer Ueberzeugung haben, sollen nicht das Recht haben.

Im Leben schweigen und sterbend vergeben.
Nach dem Spanischen des Fernan Caballero.
(Fortsetzung.)

Cr faßte Neigung zu dem jungen Mädchen, welches der Abgott des Hauses
und der Liebling des ganzen Dorfes war. Sie besaß auch alle Reize der Ju-
gend und Unschuld und versprach das innere und äußere Glück zu gewähren,
welches Tugend und Reichthümer verleihen können. Diese letzteren waren na-
mentlich geeignet, einen Mann anzuziehen, dessen Hauptstreben immer aus Er-
langung eines ausgezeichneten Ranges gerichtet gewesen und der bisher durch
widrige Umstände daran verhindert worden war.
Penalta, mit seiner glänzenden Uniform und der stolzen Miene, hatte die
Bewunderung sämmtlicher Einwohner des Dorfes und namentlich die seiner
Wirthlnnen gewonnen. Als er deßhalb bei Donna Mariana um die Hand ih-
rer schonen Tochter Rosalie anhielt, vermochte die gute Frau ihre Freude nicht
zu verbergen. Die folgsame Tochter, da sie ihre Mutter so erfreut iah, konnte
es nicht minder sein, und sämmtliche Nachbarn stimmten ein; nur der Sohn
des Hauses mißbilligte die beabsichtigte Verbindung und erklärte offen seinen
Widerspruch. Er setzte der Mutter auseinander, daß ihr Vermögen, aus Lände-
reien und zahlreichen Heerden bestehend, nur dann den gewünschten Nutzen
dringen tonne, wenn es beisammen bleibe, aber daß jeder Theilhabcr Nachtbeil
erleiden müsse, sobald es gethellt werde. Er bewies ihr ferner aus guten
Gründen, daß seine Schwester besser thun würde, wenn sie einen Landmann
der dortigen Gegend heirathete und nicht das Dorf verließe, in dem sie aus-
gewachsen ser und in dem ihre Familie seit Generationen geliebt und geachtet
gewohnt habe. Allein alle diese einsichtsvollen Vorstellungen vermochten die
einmal gefaßten Illusionen der Mutter nicht zu vertreiben, welche jubelnd nur
A^unst 'hrer Tochter Rosalie vor Augen hatte. Der beharr-
liche Widerstand des Sohnes diente nur dazu, die brave Frau zu reizen, welche
ihm -ndlich sagte, daß wenn er sich der Theilung des Vermögens widersetze,
dies ohne Zweifel m der Absicht geschehe, desto größeren Nutzen aus dem Gan¬

zen für sich selbst ziehen zu können. Dieses unverdienten Vorwurfs ungeachtet
fuhr der junge Mann in seinen Bestrebungen fort, die Heirath der Schwester
zu verhindern, so daß die Mutter, erbittert durch dieses Verfahren und ge-
leitet von der Vorliebe für ihre Tochter, die Erklärung abgab, daß sie sich nie
von letzterer trennen, sondern ihr überall folgen werde, wohin dieselbe auch
gehen möge.
Der Lapitän, dem dieser Entschluß nur sehr erwünscht sein konnte, suchte
sie mit allen Kräften darin zu bestärken. Die Heirath sand bald darauf statt,
und die neue Familie verließ den Ort.
Sieben Jahre lang herrschte ununterbrochener Friede in dem Haushalte,
was nur dem engelgleichen Charakter der Mutter und der Tochter, ihrer gänz-
lichen Anspruchslosigkeit und den engen Grenzen des häuslichen Kreises zuzu-
schreiben war, innerhalb dessen sie sich bewegten. Sie thaten nichts, als den
Capitän bewundern und die drei in der Ehe geborenen Kinder vergöttern.
Im Uebrigen verschwand ihr Dasein gänzlich unter dem Alles verdrängenden
Stolze des Capitäns Penalta.
In dieser traurigen Welt erlangt Niemand einen Platz, der ihn nicht er-
obert, und behält Niemand einen solchen, der sich nicht darin befestigt! Der
bescheidene Mensch wird unterdrückt, unterjocht, und der sich frech vordrängende
geehrt! Diese Erfahrung rechtfertigt genügend unsere Sehnsucht nach jener
höheren Gerechtigkeit, welche sich durch nichts blenden läßt, für die keine Fin-
sterniß undurchdringlich ist.
Ein solches Schicksal hatten auch die beiden Frauen. Die Bescheidenheit,
welche annahm, die Demuth, welche nachgab, die Güte, welche sich fügte, ob-
gleich es die schönsten Juwelen des Weibes sind, dienten nur dazu, sie als
schwach und beschränkt erscheinen zu lassen und den Mann, den sie so auf-
richtig bewunderten, in seinem Despotismus und seiner stolzen Verachtung ge-
gen sie zu bestärken.
Don Andre Penalta, der eine maßlose Eigenliebe und eine unbegrenzte
Sehnsucht besaß, als ein verdienstvoller Mann zu erscheinen, behandelte seine
Frau und die Schwiegermutter zwar rn Gegenwart von Fremden mit Liebe
und Achtung, aber in der Häuslichkeit mit desto mehr Stolz, Kälte und Ver-
achtung.
(Fortsetzung folgt.)
 
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