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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 52-64 (2. Mai - 30. Mai)
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61. Samstag den 23. Mai 1868.


Die Wahl des Erzbischofs betreffend.
Die bevorstehende Wahl eines Erzbischofs gibt manchen Blät-
tern Veranlassung zu allerlei unnützem Gerede. Wir wollen ihnen
nicht auf dieses Gebiet folgen. Statt dessen wird es vielen unse-
rer Leser angenehmer sein, eine authentische Notiz über die ge-
setzliche Art dieser Wahl hier zu erhalten:
Die Norm für die Wahl des Erzbischofs ist gegeben in der
päpstlichen Bulle -Xcl äoruiniei AI-6AI8 custoäiÄln vom Jahr 1827,
welche von den Regierungen der oberrheinischen Kirchenprovinz
angenommen und anerkannt worden ist, so daß sie den Charakter
eines Vertrages hat.
In dieser Bulle Art. I. heißt es: „So oft der erzbischöfliche
Stuhl oder ein bischöflicher Stuhl erledigt ist, hat das Domkapitel
innerhalb eines Monats, vom Erledigungstag an gerechnet, die
Landesfürsten des betreffenden Gebietes in Kenntniß Zu setzen von
den Namen der zur Diöcesangeistlichkeit gehörigen Candidaten,
welche dasselbe nach den Vorschriften der heiligen Canones für-
würdig und tauglich hält, die erzbischöfliche oder betreffende bischöfl.
Kirche zu regieren.
Sollte einer dieser Candidaten den betreffenden hohen Landes-
fürsten weniger angenehm sein, so wird das Kapitel denselben aus
dem Verzeichnisse streichen, so aber, daß dabei noch immer eine
hinreichende Anzahl übrig bleibt, aus welcher der Vorsteher der
Diöcese gewählt werden kann. Daun aber wird das Domkapitel
zur kanonischen Wahl Eines aus diesen Candidaten zum Erzbischof
oder Bischof schreiten nach den gewöhnlichen kanonischen Formen,
und wird die Urkunde über diese Wahl in authentischer Form
innerhalb eines Monates an den Papst gelangen lassen."
Die Bestimmung, daß die Candidaten, welche in das dem
Landesfürsten vorzulegende Verzeichniß ausgenommen werden, der
Geistlichkeit der betreffenden Diöcese angehören sollen, ist nicht
eine dem allgemeinen Kirchenrechtc entnommene Bedingung, son-
dern sie ist eine den betreffenden Negierungen gemachte Concession.
Wie Gelehrte nur nach ihrer wissenschaftlichen Tüchtigkeit, ohne
Rücksicht auf ihre Heimath auf die Lehrstühle von Hochschulen be-
rufen werden, so stehen nach dem Geiste der alle Länder und
Völker umfassenden Kirche alle Bischofsstühle den Würdigsten offen,
ohne Rücksicht auf das Heimathland. Weil dies eine Concession
ist, fo bleibt es den betreffenden Regierungen unbenommen, auch
Candidaten aus andern Diöcesen zuzulassen und anzunehmen.
Der Z 9 des Gesetzes vom 9. Oktober 1860, welcher fest-

setzt, daß die Kirchenämter nur an Solche vergabt werden können,
welche das badische Staatsbürgerrecht besitzen oder erlangen, steht
dem nicht im Weg, da es der Regierung sreisteht, einem auswär-
tigen, von ihr nicht beanstandeten Candidaten das Jndigenat nach
der Wahl zu ertheilen.
2-ie Zahl der Candidaten, welche in das dem Landesfürsten
vorzulegende Verzeichniß ausgenommen werden können, sowie die
Zahl der Candidaten, welche nach Beseitigung der weniger ange-
nehmen noch übrig bleiben müssen, läßt die Bulle unbestimmt.
Bei den Verhandlungen über die letzte Wahl bei Erledigung des
erzbischöflichen Stuhles zu Köln wurde angenommen, es sollen
wenigstens drei Namen unbeanstandet zur Wahl des Domkapitels
frei gelassen werden.
In dem großherzogl. Fundationsinstrument des Erzbisthums
Freiburg vom 16. Oktober 1827 ist noch eine weitere Bestimmung
hinzugefügt, von welcher die päpstliche Bulle aber nichts weiß;
nämlich folgende: Wir behalten uns vor, zu der Wahlhandlung
einen landesherrlichen Commissarius abzuordnen, ohne dessen Zu-
stimmung die Wahl nicht verkündet, noch irgend ein Schritt zu
deren Vollzug geschehen darf." Die Bischöfe der oberrheinischen
Kirchenprovinz dagegen in ihrer Denkschrift vom 18. Juni 1853
verlangen die strenge Einhaltung der Bestimmungen der Bulle.
Sie erklären ferner für ungesetzlich und unstatthaft jeden Einfluß
der Regierung auf die Aufstellung der Liste der Candidaten, sowie
die Anwesenheit eines landesherrlichen Commissärs bei der Wahl-
handlung, und dies um so mehr, als eine solche Anwesenheit,
selbst wenn sie nur passiv wäre, nach den Kirchengesetzen und nach
den neuesten Erklärungen des Papstes ein Nichtigkeilsgrund der
Wahl ist. Jetzt, wo der Grundsatz auch in unserer weltlichen
Gesetzgebung anerkannt ist, daß nur die Kirche selbst alle Kirchen-
ämter zu verleihen hat, und da außerdem dem Landesfürsten das
große Recht eingeräumt ist, die ihm in politischer Beziehung miß-
liebigen Candidaten bei der Bischofswahl zu beseitigen, kann um
so weniger mehr von einem Wahlcommissär die Rede sein.
Nach dem bisher Gesagten kann man auch ermessen, wie die
in mehreren Blättern berichtete Anwesenheit eines höhern großh.
Staatsbeamten zu Freiburg, die man mit der Wahlangelegenheit
in Verbindung gebracht hat, zn beurtheilen sein werd. Näheres
darüber ist uns nicht bekannt. Wenn übrigens öffentliche Blät-
ter von dem Verhältnisse des genannten Staatsbeamten zu den
katholischen Kirchenangelegenheiten die Meinung auesprechen, als
sei dasselbe wesentlich verschieden von der Auffassung des jetzigen
Ministers des Innern, so wrssen wir nicht, woraus dies beruht.

Die holländischen Zuaven im päpstlichen Heere.
(Fortsetzung.)
Das bezeugen die Namen der edeln Familien von Quelen und von Qua-
trebarbes, das die Geschichte Spaniens, Frankreichs und Deutschlands; das be-
zeugt eben jetzt auch Holland und der glänzende Aufschwung seines katholischen
Lebens.
Seit drei Jahrhunderten hat dort der Calvinismus die sogenannten
„Roomschen" auf jegliche Weise bedrückt und verfolgt; eine lange Leidenszeit,
aus welcher der Tod der Märtyrer von Gorkum nur als einzelnes Moment
hervortritt. Aber siebe, frisch und schön wie die junge Maisonne, um mit
Abbü Brouwers zu reden, erhob sich diese Kirche aus der tiefen Erniedrigung,
worin man sie begraben wähnte. Auf den Ruf des erhabenen Dulders Pius
eilen die Engel der Blutzeugen von Gorkum herbei, sich zu schaaren um den
Fels des hl. Petrus, um den Thron des hohenpriesterlichen Königs.
Bedeutungsvolles Zusammentreffen! Es war am 8. Dezember 1866, als
der hl. Vater der Welt seine Absicht kund that, den Märtyrern von Gorkum
öffentlichen Cult zuzuerkennen. An demselben Tage begann in Holland jene
friedfertige Bewegung, welche innerhalb 10 Monaten Rom 1223 todesmuthige
Zuaven zuführte. Die Diöcese Hartem, die, fruchtbarer als alle übrigen, allein
639 wahrhafte Jünglinge stellte, hat zum Oberhirten den Promotor des Canoni-
fatwnsprozesses der Märtyrer von Gorkum.
Im Treffen von Castelfidardo (18. Sept. 1860) waren die Niederlande
kaum durch einige wenige ihrer Söhne vertreten und selbst diese schrieb man
auf die Rechnung des katholischen Belgiens, das doch an eigenem Ruhme fo
reich fft. Beim ersten Einfalle der Piemontesen in den Kirchenstaat zog der
jugendliche Baron Von Lamsweerde in den Kampf für Rom. Sein Beispiel
blieb zwar nicht ohne Einfluß, eine allgemeine Begeisterung machte sich erst im
Beginne des verflossenen Jahres (1867) geltend. '
Jong, der ganz volksthümlich gewordene Held der jüngsten Kämpfe, hatte
nicht so lange gewartet. Ein junger Landmann von dreiundzwanzig Jahren
dre einzige Stütze einer Wittwe, deren geringes Vermögen seiner kräftigen
Arme noch wohl bedurfte, hatte Peter Jong bisher den Feldbau betrieben, als

eines Tages gegen Ende des Jahres 1867 seine Mutter in dem „Tyd" las,
mehrere holländische Jünglinge ständen im Begriffe Eltern und Heimath zu
verlassen, um sich unter das Banner Pius IX. zu reihen. „Wahrlich" rief sie
aus, „das heiße ich Muth haben". — „Mutter", erwiederte Peter, „wenn du
damit zufrieden bist, wollte ich das Gleiche thun." Da erkannte diese bewun-
derungswerthe Frau, daß Gott von ihr das Opfer ihres Sohnes fordere, und
ohne Zögern sagte sie: „So sei es denn, du kannst gehen." Bald darauf beur-
laubte sich Peter bei dem Bürgermeister seines Heimathsoctes Lutjebroek (Pro-
vinz Holland). Der Bürgermeister machte die Bemerkung, wie es ihm denn bei-
fallen könne, in einem "fremden Lande und für einen fremden Herrscher die
Waffen zu ergreifen. „Ich kämpfe weder für einen fremden Herrn noch im
fremden Lande", war die Antwort; „das Land wohin ich ziehe, ist dieHeimath
aller Katholiken und fein König ist ihr Papst. Für diesen Herrscher opfere ich
gerne Alles, selbst das Leben." So stand auch sein Entschluß fest. — Als er
scheidend seinen Jugendfreunden, die ihm das Geleite gaben, die Hand drückte,
sagte einer von ihnen: „Nicht wahr, du wirst es ihnen weisen, wenn sie gegen
den Papst losgehen"? — „Gewiß" erwiederte er, „ich will ihnen auftrumpfen,
daß ihr davon hören sollt." Und er hielt Wort.
Aus den Briefen Jongs, welche die holländischen Zeitungen veröffentlicht
haben, spricht ebenso gewinnende Einfachheit als männlicher Muth. Am21.Febr.
1866 hatte der neue Zuave St. Peter besucht und darüber seiner Mutter Fol-
gendes berichtet: „Wenn man Dir sagt, der Fels des hl. Petrus sei mürbe ge-
worden, dann erwidere nur, das sei nicht wahr. Der Peter Jong und sein
Vetter Wilhelm hätten ihn gesehen; er stehe so fest, daß kein Teufel ihn werde
umstürzen können, weder Victor Emanuel, noch seine Spießgesellen mitsammt".
Zum Schluffe spendet er dem Lieutenant Guillemin das schöne Lob: „Unsere
Ofsiciere sind vortrefflich, vor allen jedoch unser Lieutenant, den wir nur
unfern Schutzengel nennen." Soldat und Officier sollten Beide an demselben
Tage, bei derselben glänzenden Wasfenthat von Monte Libretti fallen, wo
80 Mann 1200 Feinde angriffen und nicht besiegt wurden.
Aehnliches lesen wir in zwei andern Briefen des braven Soldaten, deren
einer vom 10. Januar, der andere aber am 22. Sept, des verflossenen Jahres,
also 3 Wochen vor seinem Heldentode geschrieben ist. „Du sagst," heißt es
 
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