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Note
Dienstag den 26. Mai 1868.
* Heidelberg, 23. Mai. Das Urtheil des Großh. Kreisge-
richts Heidelberg vom 16. April d. I., welches den Zollabgeordne-
ten I. Lindau wegen des Verbrechens der durch grobe Schmähung
gegen das Großh. Staatsministerium verübten Störung der öffent-
lichen Ruhe und Ordnung zur Erstehung einer Festungsstrafe von
6 Wochen und 50 st. Geldstrafe verurtheilt hatte, wurde heute vom
Großh. Oberhosgericht cassirt und der Großh. Fiskus in sämmtliche
Kosten verfällt, weil mit Unrecht unterstellt worden sei, daß das an-
geklagte an den Staatsminister Jolly gerichtete Sendschreiben eine
Schmähung enthalte.
(O Mannheim, 23. Mai. In der Nichtigkeitsbeschwerde
des Redacteurs Berber ich vom Bad. Beobachter erkannte heute
der oberste Gerichtshof nach Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde
Lindau's, daß das Urtheil der Strafkammer des Großh. Kreis- u.
Hofgerichts Freiburg, welches wegen Gefährdung der öffentlichen
Ruhe und Ordnung durch die Presse (No. 66 des Bad. Beob.) auf
4 Wochen Festungsstrafe nebst einer Geldstrafe von 30 fl. lautete,
aufzuheben und Berberich von der obigen Anklage freizusprechen,
auch mit den Kosten zu verschonen sei. Zugleich sprach der Ge-
richtshof die Freigebung der beschlagnahmten Nummer des Bad.
Beobachters aus.
Zum Zollparlament.
* Berlin, 20. Mai. In der gestrigen Sitzung des Zoll-
parlaments ging es sehr stürmisch zu. Der Abg. Bamberger,
der nebenbei bemerkt, ein sehr schlechter Redner ist und gar keinen
Eindruck macht, beantragte die Abschaffung mehrerer Uebelstände
bei der Gelränkesteuer im Großherzogthum Hessen, ein Thema,
welches Veranlassung gab zu einer Reihe von politischen Erörte-
rungen über die deutsche Frage. Die Competenz des Zollparla-
mentes in dieser Frage wurde von Seiten der süddeutschen Frac
tion in Abrede gestellt, indem nur die hessische Landesregierung
mit ihren Ständen befugt sei, hier eine Aenderung eintreten zu
lassen. Dies war nun freilich nicht nach dem Geschmacke der
Nationalliberalen; sie murrten und zeigten aus's Lebhafteste
ihre Ungeduld, als namentlich der Abg. Mohl diesen Standpunkt
nachdrücklich geltend machte. In letzterer Richtung sprach sich
auch der hessische Bundescommissär Hoffmann in sehr bered-
ter schlagfertiger Weise aus. Während der Rede des Letzte-
Die holländischen Zuaven im päpstlichen Heere.
(Fortsetzung.)
Das erste Opfer, welches im Namen der Niederlande für die heilige Sache
des Statthalters Christi fiel, war Peter Nikolaus Heykamp aus Amsterdam.
Die Compagnie des Hauptmanns Legonidek zählte bei Bagnorea drei Verwun-
dete. Sie waren fämmtlich Holländer und aus ihnen starb Heykamp schon nach
wenigen Tagen.
Dieser tüchtige junge Mann, der erst vierundzwanzig Jahre zählte, war
seit sechs Monaten in Rom gewesen. Im letzten Briefe an die Seinen schrieb
er: „Wir sind auf dem Punkte auszumarfchiren, ohne jedoch das Ziel unserer
Unternehmung zu kennen. Man spricht von Garibaldi, von der Cholera. Es
kann schlimm hergehen, doch was verschlügt uns das? Gottes Wille geschehe!"
Nm 5. Oktober stürmte eine Colonne von 160 Zuaven, alle gekräftigt durch
das Brod der Starken und dem Schutze der Königin des Rosenkranzes befohlen,
mit dem Rufe: „Es lebe Pius H.! vorwärts Zuaven, zum Bajonett gegriffen!"
gegen die Garibaldianer an. Die erste feindliche Kugel galt einem Offiziere
aus Frankreich, dem Baron Viktor de Vigier von Mirabal, der schon mit sechs-
zehn Jahren bei Castelsidardo gekämpft hatte. Voll Besorgniß, fein verwundeter
Lieutenant möchte in d!e Hände des Feindes gerathen, warf sich Heykamp zu
Boden, den Schwergetroffenen mit seinem eigenen Körper zu decken. Da traf
ihn eine Kugel in die Brust, brach eine Rippe entzwei und zerschmetterte den
Rückgrat. Seine Kameraden trugen ihn aus dem Gefechte. Als er unter
ihnen einen seiner Landsleute von Amsterdam bemerkte, rief er ihm zu: „Bru-
der für mich ist es aus ; du aber vergiß nicht, was wir uns versprochen haben,
und schlage dich tapfer! Es lebe Pius IX.!"
Der unglückliche, oder besser gesagt, glückliche junge Mann schien dem Tode
auf wenige Stunden nahe zu sein; allein nichts desto weniger lebte er noch
drei Tage bis zur Ankunft eines holländischen Priesters. Herr Daniel, der Feld-
geistliche der Zuaven, war nämlich auf die erste NachrichOvom blutigen Strauße
zu Bagnorea sogleich von Rom abgereist. Ihn begleitete ?. Wilde aus der
Gesellschaft Jesu, ein Landsmann unserer holländischen Krieger. Zu Viterbo
sagte man den beiden Priestern, der Verwundete von Bagnorea wäre bereits
verschieden; sie würden übrigens besser thun sich nach Valentano zu wenden,
ren trat Graf Bismarck in den Saal. Obgleich Bismarck
die Sitzungen ziemlich regelmäßig zu besuchen pflegt, so war es
bei dieser Gelegenheit doch zum ersten Male, daß er sich als
Redner hören ließ. In der sonst so unruhigen Versammlung trat
die lautloseste Stille ein, als Bismarck sich zum Worte erhob. Er
war sichtlich sehr übel gelaunt und der arme hessische Commissär
hatte diesmal die schlechte Lauer des Gewaltigen zu ertragen. Es
waren nur wenige kurze, aber scharfe Sätze, in denen Bismarck
erklärte, die Aeußerung des hessischen Commissärs möge dessen
Privatansicht sein, dem Vundesrathe des Zollvereins stehe sie ferne.
Geh. Legationsrach Hoffmann bemerkte dagegen, er habe nicht
im Namen des Zollbundesrathes gesprochen, sondern nur die
Anschauung seiner Regierung kund geben wollen, worauf Bis-
marck nochmals die Berechtigung des Zollvereins zur Behand-
lung dieser und ähnlicher Fragen festhielt.
Nun ging der Tanz los, denn Bismarck hatte das Signal
gegeben. Die ganze Meute der Nationalliberalen, Fortschrittler
u. s. w. versäumte die günstige Gelegenheit nicht, um einerseits
über Hessen, andrerseits aber über die Süddeutschen, namentlich
die Württemberger herzufallen, insbesondere dann, als der Abg.
Probst vor Competenzüberschreitungen im Jnterresse des Friedens
eindringlich gewarnt und auf die Gewitterwolken hingewiesen hatte,
die am europäischen Horizonte im Aussteigen begriffen seien. „Die
Furcht hat im deutschen Herzen niemals ihre Stätte", war die
prächtige Notomontade, mit welcher Graf Bismarck aus den Applaus
der phraseliebenden Nationalliberalen speculirte und damit in der
That auch reichliches Kapital machte. Höhnisch erklärte der große
Graf von der Spree, die Süddeutschen brauchten keine Angst zu
haben, daß er sie in seinen Bund nöthigen wolle; er nehme sie
nur an, wenn sie selbst den Wunsch darnach aussprächen, ja, selbst
dann werde er sich die Sache zuvor noch wohl Überligen und erst
seine Bedingungen zu stellen wissen. Es eile ihm gar nicht mit
den Süddeutschen, er habe nichts dagegen, wenn sie draußen blei-
ben. Gewiß eine stolze und gegenüber Süddeutschland sehr weg-
werfende Rede, der aber kein Mensch mehr Vertrauen schenkte als
der Versicherung des Fuchses über die sauren Trauben, die etwas
Zu hoch hingen.
So hatte denn der edle Graf den in der Adreßdebatte bis
zur Vernichtung geschlagenen Nationalliberalen wieder neuen Muth
eingeflößt, und der Abg. Lasker, ein Muster eines häßlichen
kleinen Juden, nahm die Gelegenheit wahr, die stärksten und ver-
letzendsten Dinge den Südoemschen in's Gesicht zu schleudern. In
ähnlicher Weise beliebte sich der Abg. Löwe (Calbe) auszuörücken.
wo man eben einen neuen Schlag gegen die Briganten vorbereitete. Demnach
begaben fie sich wirklich auf den Weg nach Valentano, als sie eine eigentüm-
liche Ahnung, die sich beider zu gleicher Zeit bemächtigt hatte, auf's neue be-
stimmte, nach Bagnorea zurückzulenken. Der Verwundete lebte noch; es war
ihm gegönnt, die letzte Beichte in feiner Mutterfprache abzulegen und alle
Tröstungen der Religion zu empfangen. Einige Stunden darauf, als hätte er
nur aut des Priesters Segen gewartet, um sich zum Himmel emporzr schwingen,
gab er seine Seele ihrem Schöpfer zurück mit einer Ruhe und Ergebung, ja
mit einem seligen Entzücken, daß allen Umstehenden die Thränen in die Augen
traten. Die Leiche des jugendlichen Helden wurde in der Hauptkirche von
Bagnorea beigesetzt.
Selten wohl sah die Geschichte so bezaubernde Gestalten von kindlicher
Einfalt und heroischem Muthe an ihren weitreichenden Blicken vorüberziehen.
Oder fühlte die Seele der Kreuzfahrer christlicher, und schlug ihr Herz opfer-
williger? Nein! die Machabäer selbst belebte kein anderer Geist, kein uner-
schütterlicherer Muth, als sie ihre ewig denkwürdigen Schlachten kämpften für
Gott und sein Gesetz und seine heilige Stadt.
Die erhabene Begeisterung, die in der Brust dieser Heldenjünglinge wohnte,
übersprudelte gleichsam in den vertraulichen Briefen, die jetzt den schätz ihrer
Familie und den S.olz ihrer Heimath ausmachen. Es mögen daraus sich hier
noch einige Züge anreihen, die jedoch ohne geflissentliche Auswahl, sozusagen
aus's Gerathewohl diesen Correspondenzen entnommen sind.
Ludwig Megel, einer sehr angesehenen Familie Limburg's entstammend,
schreibt nach dem hitzigen Gefechte von Bagnorea. Er mußte Thränen ver-
gießen beim Anblicke des entsetzlichen Gräuels, womit Garibaldi's sogenannte
Freiwillige dortselbst Kirche und Kloster geschändet hatten. Mit seinem letzten
Blutstropfen wünscht er allen Frevel sühnen und Gottes verletzte Ehre rächen
zu können. „Lebt wohl!" ruft er seinen Eltern zu, „lebt wohl! und wird euch
die Kunde meines Todes gebracht, dann weinet nicht, sondern stimmet vielmehr
das Alleluja an!"
(Fortsetzung folgt).