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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 142-154 (1. Dezember - 31. Dezember)
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ote


Donnerstag und Samstag.



Donnerstag den 24. December




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Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.



wärts mit überraschender Schnelligkeit entstehen und ihre Concur-
renz bis tief nach Frankreich hinein fühlbar machen.
Bei so staunensmerther Entwickelung der materiellen Kräfte
im Innern und bei der Riesenarbeit der völligen Umgestaltung
des Reiches war es daher ein hoher Akt der Klugheit und politi-
schen Verständnisses, daß der österreichische Reichskanzler nichts
dazu beitrug, aus dem ununterbrochen verfinsterten politischen Hori-
zonte neue Blitze und Donnerschläge heroorzulocken, sondern daß er
im Gegentheil emsig bestrebt war, alle Differenzen zwischen den Mäch-
ten auszugleichen, damit Oesterreich Zeit zur Erholung habe. Aus die-
sem Grunde schlug auch Oesterreich das von Napoleon zu Salzburg an-
gebotene Bündniß, dessen Spitze gegen Preußen gerichtet sein sollte, aus.
Hätte Franz Joseph es angenommen, so wäre er bei dem damaligen
Zustand seines Heeres und Reiches nur als Trabant und Anhäng-
sel Napoleon's aus dem Kampsplatze erschienen, er hätte sich, selbst
wenn der Sieg errungen worden wäre, mit allem begnügen müssen,
was die Großmuth des Siegers ihm varzubieten für gut gefunden
hätte, und Deutschland wäre noch mehr zerrissen worden als es
schon ist, — ein großer Theil desselben liätte ja nur das Joch
des preußischen Cüsars mit dem des französischen vertauscht. Kommr
es aber zwischen Frankreich und Oesterreich einerseits und Preußen
und Rußland andrerseits erst dann zum Kampfe, wenn Oesterreich
dem französischen Reiche ebenbürtig zur Seite steht, dann Kegen
die Dinge ganz anders und die napoleonische Entschädigung muß
wo anders gesucht werden. Unter diesen Umständen ist es rein
unbegreiflich, wenn man sich auf den preußischen Standpunkt stellt,
daß die sonst für so groß gepriesenen Staatsmänner in Berlin
ihren Feinden volle Zeil gegönnt hatten, ihre Rüstungen in groß-
artigem Maßstabe zu betreiben. Als Frankreich in der Luxem-
burger Frage drohte, war für Preußen der richtige Moment zum
Losschlagen vorhanden. Tue französische Armee mar damals in
keiner Weise der preußischen gewachsen und die Festungen befan-
den sich in schlechtem Zustande. Aber Preußen verpaßte den günsti-
gen Augenblick — und die launische Glücksgöttin zeigr selten zum
öftern eine freundliche Miene. „Wen die Götter verderben wollen,
den schlagen sie mit Blindheit", — und Preußen, das sonst das
Auge des Luchses hat, war bei Luxemburg mtt Blindheit ge-
schlagen ! —
Man hört vielfach, in Paris habe große Verstimmung geherrscht,
als Oesterreich das Bündniß in Salzburg abschlug. Man ist jetzt
dort zu anderer Ueberzeugung gelangt: in den Tuilerien ist Graf
Beust der gefeiertste Mann und man hält seine politische Einsicht
höher als die der eigenen Staatsmänner. So ist es wohl auch
Beust's Einfluß zuzuschreiben, daß die deutsche Frage nicht mehr
in erster Linie auf dem französischen Programm steht, sondern daß
der Orient' urs das zunächst Wichtigste in's Auge gefaßt wird.
Oesterreich ist nicht minder bedroht von Rußland als von Preußen.
Ist es erst dem Czarenreiche gelungen, die österreichisch-ungarische
Monarchie von Krakau bis an die Adria zu umspannen, während
Preußen ihm mit aller Wucht auf den Nacken drückt, so ist es um
Oesterreich geschehen und Rußland und Preußen theilen sich in die
Beute. Mit wachsender Besorgniß mußte daher Beust die ununter-
brochenen Zeltelungen in Rumänien und Serbien, in Griechenland
und Candia betrachten und nach dem Ausbau des ungarischen
Einigungswerkes sofort den ersten Augenblick wahrnehmen, um durch
die Thal zu beweisen, daß Oesterreich noch etwas zu bedeuten habe.
Er that dies zunächst dem tief durchwühlten Rumänien gegenüber
und seiner Energie war es zu verdanken, daß Karlchen Hohen-
zollern zu Kreuz kroch und seine Schützer ihn im Stiche ließen.
Es war ein glänzender diplomatischer Erfolg Beust's, der ein wei-
teres Eingreifen Oesterreichs in die orientalischen Verwickelungen
verbürgt. Hätte Beust den Krieg in Deutschland begonnen, so
wären die Ungarn nicht mit ihm gegangen; hier werden ihn nach
ihrer neuesten Erklärung die Ungarn nur dann unterstützen, wenn
er der Angegriffene ist, aber dann auch mit allem Nachdruck.
Dagegen brennen die Polen vor Begierde, mit den Russen hand-
gemein zu werden, und die Ungarn wollen bis zur Ausmündung
der Donau eine politische Rolle spielen, also gerade dort, wo ihnen
Nutzland hindernd in den Weg tritt. Daher muß Oesterreich seine
erste Kraftentfaltung gegen Rußland, nicht gegen Preußen richten.
Das letztere wird von selbst in die Action dann eintreien, und
wenn nur erst die iämmtlichen Völkerschaften Oesterreichs warm

Der hohen Weihnachtsfeiertage wegen
wird unser Blatt erst Dienstag den 29. d. M/s
wieder erscheinen.

* Zur Lage.
Wie sehr wir Recht hatten, als wir die Möglichkeit eines
kriegerischen Zusammenstoßes zwischen Frankreich und Preußen im
vorigen Hochsommer in Aussicht stellten, hat sich unlängst gezeigt,
als Graf Bismarck den preußischen Abgeordneten erklärte, der
Krieg sei in jenen Tagen sehr nahe gewesen, wenn nicht ein un-
vorhergesehenes Ereigniß plötzlich hemmend dazwischen getreten
wäre, — er meinte die spanische Revolution. Frankreich
hatte in Spanien, als Isabella noch auf dem Throne saß, einen
engen Verbündeten gewonnen; als dieser Thron fiel, hatte es. —
so schien es wenigstens — an dem bisherigen Verbündeten einen
' . . Man zitterte in den Tuilerien
bei dem Gedanken, es möchten von Madrid aus alle revolutio-
nären Elemente in Frankreich entfesselt werden, die in den Fehlern
und dem Mißgeschick der napoleonischen Politik ohnehin eine so
reiche Nahrung finden. Diese Befürchtungen waren ungegründet,

IS«
Aegypien mrr nechl ats die Kornkammer Europas be-
wurde, so ist jetzt auf Ungarn diese Mission übergegangen,
i . e hungernden ostpreußischen „Brüder" haben bereits Ge-
i-B Mnhcit gehabt, den fruchtbaren Boden des von ihnen geschlage-
p" Feindes zu segnen. Reisende versicherten uns, daß denn auch
großartiges Leben und Schaffen überall in Ungarn empor-
und namentlich sind es die riesigen Kunstmühlen, sie aller-

Erscheint Wöchentlich 3 Mal: Dienstag,

ZS LL

.....
erbulerlen Feind zu erwarten.
linchk
ht dieptz - die Spanier geriechen sich selbst in die Haare und die allge-
m für Mine Anarchie, die bei ihnen bereits eingerissen ist, läßt Spanien
keine active Rolle in der politischen Welt spielen und hat andrer-
PtPl E W so Niederschlagens und abkühlend auf die Bewunderer repu-
ngaG^ Manischer Zustände eingewirkt, daß an eine revolutionäre Schild-
" «Hebung in Frankreich vorerst nicht gedacht werden kann. Frank-
eidch^ «ich hat einen Verbündeten verloren, aber keinen Feind dafür
^getauscht.
luf esi:,- Je weniger nun Frankreich an Spanien verloren hat, hesto
;ei, mehr hat cs an der täglich inniger sich gestaltenden Freundschaft
n ML) rrril dem erstarkten Oesterreich gewonnen. Wir stehen nicht
Gbch^ehr drei Tage nach der Schlacht von Königgrätz, — Oesterreich
stelle«, L sich wiedergefunden. Während Preußen seit dem Prager Frie-
ne Li«: M keinen Schritt mehr vorwärts zu thun vermocht hat, der
Knoten der inneren Verwickelungen sich wieder zu schürzen beginnt
Stellung in der brennenden orientalrschen Frage ziem-
lich isolirt ist, hat Oesterreich die gefahrvollste Krisis glücklich über-
standen, unübersteigliche Hindernisse völlig beseitigt und sich eine
Stimme im Areopage Europa's verschafft, die allenthalben mit
Achtung gehört wird und der durch eine reorganisirte und ver-
mehrte Armee auch der nöthige Nachdruck gegeben werden kann.
Es iß ein zähes Leben, das in dem allen Kaiserstaate wurzelt,
der mit Recht von den namhaftesten Politikern als cine „mittel-
europäische Nothwendigkeit" bezeichnet wird, — s wer ver-
möchte aus der Geschichte ein anderes Reich unter gleich ungünsti-
gen Verhältnissen namhaft zu machen, das ähnliche schwere Schläge
md Krisen zu überdauern und jedesmal neugekräftigt aus den-
selben hervorzugehen vermocht hätte? — Und wie Oesterreich
politisch sich hob, so haben auch die materiellen Interessen dort
" ' ' l. Es ist
ahren gearbeitet und dadurch der reiche Bodenschatz" der entfernle-
en und noch weniger civilisirten Länder dem übrigen Europa
äher gebracht worden. Alle Welt ist darüber einig, daß während
landet und Wandel der andern Staaten sich seit den kriegerischen
Ereignissen des Jahres 1866 nicht zu heben vermag, in Oester-
W die Fabrikthätigkeit und der Handel in höchster Blüthe steht
5d überall Geld genug zu verdienen ist. Namentlich fällt es
MM Eisenbahnreisenden auf, wenn er die zahllosen Waggons mit
kr Ueberschrist: Getreide oder Mehl aus Ungarn auf allen Bahnen
M, die nach den verschiedensten Richmngen hin Europa mit dem
Mywendigsten Lebensbedürfnisse versehen und bereits eine schwere
"Murrenz für unsere eigenen Landwirthe darbieten. Wie im
^Uhum Aegypten mit Recht als die Kornkammer Europa's be-

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^W^illgemein einen überraschenden Aufschwung genommen. E» ist
vg«ttKZ Ieißig an Bahnen, Landstraßen u. s. w. in den letzten Friedens-
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