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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 77-89 (2. Juli - 30. Juli)
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Zur Artigkeit des Kraichgauboten gegen
die Katholiken.
X Bruchsal, 17. Juli. Wir haben sicher darauf gerechnet,
daß der Kraichgaubote über die vom Papste ausgeschriebene
allgemeine Ku chenversammlung Bericht und Urtheil abgeben werde,
und ebenso waren mir zum Voraus gefaßt, daß die Art und Weise
des Urtheils genau dem bisherigen Benehmen gegen die Katholiken
entsprechen werde.
In Nr. 83 vom 14. Juli stößt der weltmusternde Blick des
Kraichgauboten auf das Coucil. Bei diesem gewaltigen Lebens-
zeichen Roms regt sich die alte Unart gegen die Katholiken; die
angekündigte allgemeine Kirchenversammlung ist dem Kraichgau-
boten ein „werthloses Spectakelstück!"
Wenn ein protestantischer Landesbischof die General-
synode beruft, so wird protestantischer Seits einer solchen Ver-
sammlung immer große Bedeutung und Wichtigkeit beigelegt und
katholischer Seits hatte man sich noch nie so weit vergessen, die-
selbe ein „werthloses Spectakelstück" zu nennen, und wir sind froh,
daß man keinem katholischen Blatte und keinem katholischen Heraus-
geber einer Zeitung eine derartige confessionelle Ungezogenheit
zum Vorwurf machen kann.
Das allgemeine Concil ein „werthloses Spectakelstück"! Diesen
verächtlichen Titel, den man höchstens einer aufgeführten Seil-
tänzerei beilegt, gibt der Kraichgaubote einer Versammlung, bei
welcher die ganze katholische Kirche der Welt unter ihrem recht-
mäßigen Oberhaupte vertreten sein wird.
Der Herausgeber des Kraichgauboten ist Protestant, pocht
in seinem Blatte sehr viel und laut auf Bildung, Fortschritt und
Toleranz. Wenn es uns nur auch möglich gemacht wäre, diesen
schönen Versicherungen glauben zu können, allein die geschehene
Beurtheilung des Concils hat uns aufs Neue eine ungemeine Roh-
heit der Gesinnung gegen die Katholiken geoffenbart, eine Rohheit,
welche jeden Katholiken tief kränkt und beleidigt.
Doch, wir haben auch für den protestantischen Redacteur
einen Entschuldigungsgrund. Um ein allgemeines Concil der katho-
lischen Kirche in der jetzigen Zeit richtig zu würdigen, dazu reicht
die mechanische Fertigkett, die Bleibuchstaben aus den Fächern des
Alphabets herauszunehmen und sie wieder in dieselben hinein zu
practiciren, bei weitem nicht hin. Wer von Haus aus keine weitere
wissenschaftliche Bildung aufweisen kann, der mag entschuldigt
wetten, wenn er bei Beurtheilung der katholischen Kirche sich einer
Gesinnungs-Rohheit schuldig macht.

Am 14. Juli nennt der Kraichgaubote das Concil ein werth-
loses Spectakel-Stück und wenige Tage vorher brachte er die Nach-
richt, daß bei einer Abschiedsfeier protestantischer Männer dahier
auf die Toleranz toastirt worden sei. Vielleicht hat der prote-
stantische Redacteur des Kraichgauboten der Abschiedsfeier auch an-
gewohnt und in den Toast auf die religiöse Toleranz eingestimmt,
jedenfalls, auch wenn er nicht persönlich mitfeierte, jenen nachträg-
lich ganz herrlich und zeitgemäß gefunden.
Als wir die fragliche Toaftangelegenheit lasen und einige Tage
nachher das Urtheil über das abzuhaltenoe Concil, hat es uns
leid gethan, daß das ungeziemende Benehmen des Kraichgauboten
gegen die Katholiken jenen Toast zu einer leeren Phrase herab-
drückte.

Süddeutschland.
* Heidelberg, 18. Juli. „Nur immer langsam voran, nur
immer langsam voran, daß der österreicher Landsturm nachkommen
kann" ist ein altes Spottlied, das wir am wenigsten eines Tages
in Baden glaubten zur Anwendung gebracht zn sehen. Aber in
der That, so ist es: Oesterreich ist jetzt so weit auf dem Gebiete
lieberaler Reformen voran, daß Baden alle Mühe haben wird,
demselben zu folgen. Dahin gehören vor allem die direkten
Wahlen, die jetzt überall in Europa eingeführt werden, während
bald blos noch in Baden „die Fälschung dec Wahl und der Mei-
nung der Nation", um mit Bismarck zu reden, fort und fort be-
stehen bleibt. Wie wir hören, hat Excellenz Jolly sich im Privat-
gespräche wiederholt sehr lebhaft gegen diese Wahlart bei uns in
Baden ausgesprochen und wird also dieselbe für unsere Kammer
Ntcht zu erwarten sein. Für uns paßt das ja auch nicht, wir
sind ja schon zu lange gewohnt, daß die Wahlen für Gemeinde
und Staat von den Büreaukraten unter Hinzuziehung einiger
Dors- und Amtsstädtchen-Größen besorgt werden; dem Volk wird
die Mühe des selbstständigen Denkens dabei abgenommen, die ge-
wählten Wahlmänner sind stets Leute, die als reiche Eingesessene
vom Vater aus den Sohn ihre Würden vererben und deßhalb
unversöhnlich einem undankbaren Publicum grollen würden, wenn
dieses dem Sohn nicht dieselbe Ehre geben wollte wie dem Vater
— fünfundzwanzig bis dreißig Jahre lang! Unser Land Baden
rühmte sich einst unter Lamey's paradiesischer Aera — mit welchem
Grund, wissen wir nicht — eine Oase der Freiheit zu sein; wenn
in andern Staaten so lustig fortgeschritten wird wie bisher, so
würden wir uns nicht wundern, wenn es eines Tages allgemein
anerkannt wäre, Baden sei die Oase der Reaction geworden. So

Skizzen aus Ost-Indien.
Ron einem deutschen Seemanne.

(Fortsetzung.)
Jetzt kamen unsere Eingeborenen wieder hervor, aber dieselben hatten
noch nicht den Muth, nahe zu dem Getödteten heranzugehen, bis sich der
wackere Lieutenant auf ihn setzte und den Eingeborenen zeigte, daß der Tiger
unschädlich sei. Dann kamen sie heran, und schleppten das schöne Thier davon;
wir maßen es nach und fanden, daß es vom Kops Lis zum Schweif sechs Fuß
lang war. Ich habe später in Calcutta das Fell der Bestie gesehen und ge-
funden, daß dasselbe von nicht weniger als acht Kugeln durchlöchert war Da
jedoch die Tigerjagd nicht in unserer Absicht gelegen, so luden wir sorgfältig
unsere Gewehre wieder und drangen weiter vor; unsere Absicht war, einige
Alligatoren zu erlegen, und demzufolge schlugen wir den Weg zum Hooghly
wieder ein, dessen Ufer wir nach etwa einer Stunde wieder erreichten. 'Unter-
wegs bot sich keine Gelegenheit dar, unsere Waffen abzufeuern, weil wir auf
einige Brillenschlangen und anderes Gewürm nicht schießen konnten. Die Jung-
les Ost-Indiens wimmeln von solchen Reptilien, denen an Gefährlichkeit viel-
leicht nur die schwarze Viper und die winzige Malinaschlange Java's gleich-
kommt. Doch greifen die giftigen Schlangen im Allgemeinen den Menschen nicht
an, sondern vertheidigen sich nur, wenn sie angegriffen werden.
Wir näherten uns also, wie gesagt dem Ufer des Hooghly und schon von
wir das Rauschen dieses Hauptzufluffes des heiligen Ganges,
die größten Krokodile zu finden waren, die da in einer Art von
Schlamm beginnen und enden. Der Hindu betrachtet diese
E? ^^-^^^^voller Scheu und kein Eingeborener würde es wagen
sich zu vertheidigen wenn ihn eine solche Rieseneidechse angreifen möchte, so
;ehr wurde er fürchten den Zorn Wischnu's zu erregen, der ihn — nicht tödten,
denn den Tod fürchtet der Hindu in seinem Fanarismus nicht — sondern so-
Ungeheuer verwandeln möchte; denn der Hindu glaubt fest an die
Metempsychose oder Seelenwanderung und fürchtet, wenn er ein dem mächtigen
Wi^chnu geweihte^ Thier auch nur anrührt, daß seine Seele sofort in den Kör-
per eines Schweines oder eines anderen unreinen Thieres versetzt würde.

Doch kehren wir von dieser Abschweifung wieder zurück zu den Ufern des
Hooghly, die wir glücklich erreichten. Durch die Fürsorge des erfahrenen Haupt-
manns Gerald fanden wir hier ein Boot, groß genug, um unsere ganze L-chaar
sammt den eingebornen Diener und den Pferden aufzunehmen, und welches
von Calcutta heraufgekommen war. Unsere Diener waren ebenfalls am Ufer
angelangt und wir bestiegen unsere Rosinanten, um dem Fluß entlang weiter
hinaufzureiten, denn nach der Aussage der Bootsleute sollte weiter oben ein
Platz sein, wo sich die Krokodile gewöhnlich im Flußsande sonnten. Doch waren
wir noch nicht lange geritten, als unsere edlen Pferde Spuren von Schrecken
zeigten ; zugleich erfüllte ein moschusartiger Geruch die Luft, der uns fast den
Athem versetzte. „Jetzt heißt's aufgepaßt, Steuermann," sagte einer der Offi-
ciere zu mir, „wir werden ein Stück Fleisch, welches wir mitgebracht haben,
in den Fluß werfen; die dort in der Sonne liegenden Ungeheuer werden sich
daraus stürzen, wenn sie sehen, daß es leblos ist, denn lebende Wesen rührt
kein Krokodil an, und dann, wenn wir den Bauch des Thieres sehen, müssen
wir schießen. Verschwendet euer Pulver nicht, indem ihr auf den Schuppen-
panzer der Bestie zielt, die Kugel würde abprallen wie von einem dicken Schiffs-
panzer". So instruirt, betrachtete ich mir die Bestien, deren ich acht zählte.
Zuweilen riß eine ihren furchtbaren Rachen auf und klappte denselben mit
großem Geräusch wieder zu. Doch als das große Stück Fleisch im Wasser
schwamm, kam Leben in die Gesellschaft und schließlich schossen alle acht in den
Strom, um auf diese Beute loszufahren. Am Lande sind diese Thiere sehr
träge, aber sobald sie in's Wasser kommen, werden sie lebendig.
Wir ritten wieder den Fluß hinunter, bis wir an die Stelle kamen, wo
das große Boot liegen geblieben war. Hier gab der Hauptmann den Leuten
Befehl, sich mit dem Boote quer in die Mitte des Flusses zu legen, um die
Krokodile am Entkommen zu verhindern. Demzufolge stieß das Boot vom
Lande ab; die Leute waren alle mit langen Stücken bewaffnet^ und hielten,
da der Strom sehr seicht war, das Boot in der Mitte der Strömung fest,
indem zwei Männer die Stöcke an der Leeseite in den Schlamm bohrten, und
die anderen sich auf die herannahenden Amphibien vorbereiteten; das Fleisch
trieb gerade aus das Boot los und die Krokodile ruderten mit ihren kurzen
Füßen wacker hinterdrein, wobei eines das andere zu überholen suchte.
(Fortsetzung folgt).
 
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