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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 40-51 (2. April - 30. April)
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Süddeutschland.
* Heidelberg, 15. April. Wie wir erfahren, wird Graf
Bismarck beim Zollparlament sein Lieblingsverfahren, die plötzliche
Ueberrumpelung, den süddeutschen Abgeordneten gegenüber in ver-
schiedenen Fragen zur Anwendung zu bringen suchen. Dieß gilt
indessen nicht von dem Eintritt Süddeutschlands in den norddeutschen
Bund, eine Idee, die Bismarck früher ernstlich überlegt haben soll,
von der er indessen Angesichts der Wahlen im Süden sowie der
Gefahr eines neuen europäischen Conflictes zurückgekommen ist. Da-
gegen wird eine Comödie in dieser Sache zur Aufführung kommen,
die dem „verehrten Grafen" den Dank Frankreichs und Oesterreichs
für angebliche Mäßigung und Achtung der Verträge erwerben soll.
Nach dem Stuttgarter Beobachter ist zur Hautrolle dabei unser
Bluntschli ausersehen, der in den ersten Sitzungen des Parla-
ments den Antrag auf Eintritt Süddeutschlands in den preußischen
Bund einbringen wird. Darauf aber wird Bismarck, so sehr auch
alles wie zwischen zwei akademischen Disputanten abgekartet ist,
den Bluntschli bitten, von seinem Anträge abzustehen. Die süd-
deutschen Abgeordneten werden dabei selbstverständlich nicht ver-
säumen, lluutsiusutz gegen einen Antrag zu protestiren, der die
ihnen von ihren Wählern gegebenen Aufträge weitaus zu über-
schreiten geeignet wäre. So weit sind wir noch nicht, edler Schweizer,
und was das süddeutsche Volk will, sollte denn selbst einem Bluntschli
durch die Wahlen klar geworden sein!
* Heidelberg, 16. April. Die Köln. Blätter schreiben:
„Scheide man doch nicht die süddeutschen Gegner des Anschlusses
an den Norddeutschen Bund in Demokraten und Ultramontane,
und spreche man nicht von einer Coalition dieser Parteien! Denn
die Ultramontanen sind gleichfalls Demokraten, wie ihre Wahlen
in die Kammern der Abgeordneten sattsam beweisen. Gestehe
man lieber einfach, daß die süddeutschen Zollparlamentswahlen
ein Rückschlag des Volkes gegen die nationalliberalen Parteiführer
sind, welche aus dem Zollparlamente ein Vollparlament zu ge
stallen im Sinn hatten und diesen Plan in kecker Unvorsichtig-
keit an die Glocke hängten. Die Bayern und Schwaben wissen
wohl, daß trotz ihren Wahlen die Mehrheit des Zollparlaments
der preußischen Regierung oder der norddeutschen Handelspolitik
gesichert ist, und da nach der Bestimmung des neuen Zollvereins-
vertrags den einzelnen Regierungen kein Veto mehr zusteht, so
empfängt in handelspolitischen Angelegenheiten Süddeutschland die
Direction von Norddeutschland. Dies Verhältniß wird und kann
sich nicht ändern, denn es ist in der Natur der Dinge begründet.
Dagegen werden die Befugnisse des Zollparlamentes durch dieses

Der schwarze Gentleman.
Aus den Erinnerungen eines Arztes.

(Fortsetzung.)

Die Heirath wurde in der Schloßkapelle in Gegenwart einiger Zeugen
vollzogen. Als Edmund feiner jungen Braut vor dem Altar die Hand reichen
wollte, erblickte er in dieser Hand die des Bruders Felix mit dem stammenden
Ringe. Er hatte diese Erscheinung erwartet und sich mit aller seiner geistigen
Kraft dagegen gestählt. Es gelang ihm, sich zu fassen, und selbst seine Züge
dermaßen zu beherrschen, daß sie nicht das Geringste errathen ließen. Es ge-
lang ihm auch, die Glückwünsche der Freunde mit heiterm, ungezwungenem
Lächeln entgegenzunehmen. Dann aber entfernte er sich, und das alte Uebel
erfaßte ihn mit neuer Stärke, welche eine lange furchtbare Krankheit zur Folge
hatte. Sobald der Arzt es erlaubte, übernahm die junge Fran allein seine
Pflege, und in diesen Tagen und in diesen Nächten entnahm sie den Phanta-
sieen des Kranken in abgebrochenen Ausrufen Dinge, welche ihrem sich dagegen
sträubenden Geist die ganze schreckliche Wahrheit enthüllten.
Eines Tages erwachte Edmund zum erstenmale wieder aus einem ruhigen
erquickenden Schlummer. Er hatte das wonnige Gefühl der Genesung und
blickte sich liebevoll nach Derjenigen um, welche ihn mit so unermüdlicher Sorg-
falt gepflegt. Aber Julie war wie umgewandelt. Ihr Blick war kalt gewor-
den, ihr starres Antlitz gefühllos und unerbittlich wie das der Medusa. Noch
immer war sie ein Engel — aber der Engel des Gerichts.
Sie wußte Alles, und er sah, daß sie Alles wußte.
„Warum hast Du ihm nicht die Hand gereicht?"
Das waren ihre einzigen Worten.


In der entscheidensten Krisis seines Lebens, als auf einmal seine schönste
Hoffnung zertrümmert vor ihm lag, war plötzlich die dem Ring eingegrabene
Devise der Wahlspruch seines Lebens geworden. Was das Schicksal über ihn
verhängt, wollte er ruhig über sich ergehen lassen, aber sich ebensowenig gegen
das Verhängniß auflehnen, wenn es sich ihm günstig zeigen sollte. Um den
Preis einer sträflichen Handlung war ihm das Lebensglück zu theuer erkauft
gewesen; den Traum des ihm versagten Paradieses aber glaubte er ungestraft
nähren zu dürfen.
In dieser Stimmung bestieg er mit seinem Bruder das Boot. Je düsterer
und gedankenvoller er drein schaute, desto ausgelassener wurde Felix. In un-
seliger Verblendung neckte dieser den Bruder mit seiner verständigen Wahl.
„Du wirst reich, sehr reich werden," sagte er höhnend, „und für das Geld,
welches Du an dem Proceffe sparst, könntest Du Deiner Frau eine Tiara von
lauter Diamanten kaufen. Aber mit allen Deinen erheiratheten Schätzen bist
Du nicht im Stande, mir dies zu bezahlen." — Und indem der unglückliche
junge Mann diese Worte sprach, ließ er den verhängnißvollen Amethyst vor
den Augen des Bruders in der Sonne spielen. Edmund schaute still und düster
vor sich hin und würdigte die unfreundlichen Neckereien des Bruders keiner
Antwort.
Man weiß, wie es kam, daß die Beiden im Boote allein gelassen wurden.
Die Laune des jüngeren Bruders wurde immer übermüthiger, und ungeachtet
aller Warnungen Edmunds fuhr er fort zu schaukeln, bis er endlich das
Gleichgewicht verlor und in's Wasser fiel. Augenblicklich untersinkend, kam er
nach wenigen Secunden wieder zum Vorschein und bemühte sich das Boot zu
erreichen; aber dasselbe wurde von der Strömung zu schnell fortgetragen, und
keine Hand streckte sich ihm entgegen, kein Ruder wurde ihm hingereicht. Er
war in einen Strudel gerathen. Die getränkten Kleider hinderten ihn, die
schweren Stiefel zogen ihn nieder, und immer weiter entfernte sich das Boot.
„Genug der Strafe, Edmund!" rief er verzweiflungsvoll. „Meine Kraft
geht zu Ende, ich kann nicht mehr! Hilf mir oder ich bin verloren!"
(Schluß folgt.)

selbst so lange nicht erweitert, als die bayerischen und schwäbischen
Mitglieder in Masse wider einen dahin zielenden Antrag sich er-
heben, denn in einem solchen Falle würde ihr Protest in der Wag-
schale der Großmächtepolitik Europa's gewogen. Durch die Zoll-
parlamentswahlen ist die Hoffnung, daß Süddeutschland mit freiem
Entschlüsse dem Norddeutschen Bunde beitreten werde, auf unbe-
stimmte Zeit vertagt. Wir glauben, daß damit wenigstens eine
Gefahr für den Frieden Europa's zunächst abgewendet ist; denn
wir sind der Ueberzeugung, das bis an die Zähne gerüstete Frank-
reich würde einer solchen direkten Ausdehnung der preußischen Macht
nicht in grollender Passivität zusehen."
* Heidelberg, 16. April. Die alte Landesbase ist so wüthend
auf Lindau und dessen offenen Brief an Jolly, daß sie gar kein
Maß mehr findet und in Unsinn und allerlei Widersprüche sich ver-
wickelt. So lobt sie es in einem äußerst gemeinen Artikel ihrer
gestrigen Nummer im Eingänge, daß die betr. Nummer unseres
Blattes, in welcher der Brief enthalten war, mit Beschlag belegt
wurde, und im Verlause des nämlichen Artikels bedauerte sie leb-
haft, daß man die Verbreitung desselben gehemmt habe, indem jetzt
das Schreiben erst recht gelesen würde und ein Buchdrucker aus
Stuttgart das ganze Land mit Separatabdrücken überschwemme.
So macht eben die Wuth blind und dumm! Im Uebrigen halten
wir es kaum der Mühe werth, ein Wort über die Gemeinheiten
zu verlieren, deren sich die Base, wie schon unzählige Male, gegen
Lindau schuldig macht, — sie rufen allerwärts, bei Freund und
Feind, laute Verachtung und Eckel hervor. Wir wollen auch jenes
saubere Blatt, in das gewisse „Größen" beständig ihre Galle ent-
leeren, nicht darüber zu Rede stellen, wie es sich damit zusammen-
reime, daß es erst unlängst erklärt hat, es werde künftig die Taktik
des „gegenseitigen Herunterreißens" durch Persönlichkeiten u. s. w.
aufgeben und sich eines anstänvigeren Tones befleißigen. Nur Eines
müssen wir beantworten. So oft Einer der Unsrigen sich gegen
Maßregelungen, die ihm zu Theil werden, energisch wehrt, heult
ihm die Base entgegen, er leide am „Größenwahn". Diesen Vor-
wurf hat sie neulich Vissing, in ihrer gestrigen Nummer weit hef-
tiger noch Lindau gemacht. Sie vergißt dabei aber vollständig,
wie sie die national-liberalen Mücken als Elephanten zeichnet, wie
sie die unbedeutendsten Beamten und sonstige Leute ihrer Richtung
aus's Lächerlichste in die Höhe schraubt, wie erst unlängst wieder
bei Gelegenheit einiger Beamtenversetzungen. Wenn man die Base
hört, ist sogar der Abg. Wundt von Neckargemünd eine bedeutende
Capacität und „Größe" ersten Ranges. Der „Größenwahn", ja,
Frau Landesbase, der steckt andern Leuten im Kopf, die sich für
 
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