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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 77-89 (2. Juli - 30. Juli)
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Die Berufung des ökumenischen Concils.
Die kühnsten Neuerer haben nichts Größeres geträumt, als
einen Congreß, aus Abgesandten aller Völker zusammengesetzt, von
allen Punkten der Erde hergekommen und den feierlichen Gerichts-
hof der Menschheit bildend. Das ökumenische Concil ist die Ver-
wirklichung dieses Congresses, die lebendige Repräsentation der
Einheit des Menschengeschlechtes, welche in ihrer Fülle die Unab-
hängigkeit des Vaterlandes jür jede.Nation übrig läßt. —
' In dem Augenblicke, wo alle diese Nationen daran gehen, sich
gegenseitig zu ermorden, wo jede von ihnen nur mehr eine Caserne,
ein Feldlager, eine mit den fürchterlichsten Vernichtungswerkzeugen
ausgerüstete Armee ist und in ihrem eigenen Schooße nur mit
600,000 oder 800,000 Soldaten und mit Kanonen die Ruhe
aufrecht zu erhalten vermag, wird unser Blick auf eine Gesellschaft
von 200 Millionen Menschen gelenkt, welche ohne Armee, ohne
Gefängnisse, ohne Schergen, ohne irgend ein Zwangsmittel sich
in der vollkommensten Ruhe, einzig durch die Freiheit, durch die
innige Einigung der Geister und der Herzen regiert. Sie thut
mehr noch, sie beruft eine allgemeine constituirende Versammlung,
um den Völkern selbst den Frieden, die Eintracht und den sicheren
Bestand zu geben. —
In einem Augenblicke, wo geistiger und sittlicher Zwiespalt
seine letzten Grenzen erreicht hat, wo es eben so viele entgegen-
gesetzte und sich widersprechende Meinungen als Menschen gibt,
und wo die ganze Welt in ein unentwirrbares Chaos durch diese
Art von Geisterzerstäubung gestoßen ist, sieht unser Auge eine
geistige Gesellschaft, welche ruhend auf einem ununterbrochenen
Zusammenhang von bald zweitausend Jahren und auf der unauf-
hörlichen Glaubenseinheit von 200 Millionen Menschen, die es
über sich nimmt der Menschheit, die vergebens ihren rechten Weg
sucht, die erhabene Richtschnur jener evangelischen Moral vorzu-
zeichnen, die zu gleicher Zeit die Offenbarung Gottes und die
allgemeine Tradition des Menschengeschlechtes ist. Das ist der
Hauptzweck dieser allgemeinen Völkervertretung des Katholiersmus,
deren Einberufung soeben erfolgte. Welche Majestät! welche Größe
in einem solchen Schauspiele! Nie, im Laufe der Zeiten, gab es
wohl eine gelegenere Stunde für die Vereinigung dieser erhabenen
Versammlung des Menschengeschlechtes. Seit dem Concil von
Trrent hat sich Alles in Europa und in der ganzen Welt geän-
dert. Neue Nationen, wie Rußland und die Vereinigten Staaten
von Nordamerika, traten auf die Weltbühne; die anderen bildeten
sich von Grund aus um; die französische Revolution, heutzutage
verallgemeint, hat vollständig die modernen Gesellschaften und die

Principien, auf denen sie ruhen, erneuert. Die protestantische
Reform des 16. Jahrhunderts, an ihren äußersten Consequenzen
angelangt, zersetzt sich in zwei große einander entgegengesetzte
Strömungen, deren eine zum Katholiscismus hinansteigt, deren
andere sich in jene Lehren der Gottlosigkeit, des Materialismus,
des Positivismus, des Solidarismus, der unabhängigen Moral,
des systematischen und wüthenden Hasses gegen jede religiöse und
göttliche Ordnung, welche die Welt in Schrecken setzen, auflöst. —
Endlich die erstaunliche Entwicklung oer physischen Wissenschaf-
ten seit drei Jahrhunderten, von der Erdkunde an bis zur Astro-
nomie, die Umwandlung der Philosophie vorzüglich durch di? große
deutsche Bewegung, von Kant bis zu Hegel, die Anmaßungen der
modernen Forschung, von Strauß bis zu Renan, die riesigen Ar-
beiten der Geschichte und überhaupt die drohenden Gefahren der
Gesellschaft, welche dem Verfalle preisgegeben ist, und der Kirche,
deren Freiheit von allen Seiten angegriffen wird und bedroht ist,
Alles, mit einem Worte, vereinigt sich um dem allgemeinen Con-
cil eine wahrhaft providennelle Aufgabe zu sichern, eine Aufgabe
vielleicht umfassender und tiefer, als die aller anderen, die ihm
vorhergingen. —
Das apostolische Schreiben, das das ökumenische Concil be-
ruft, setzt diese Lage auseinander, zeichnet das allgemeine Pro-
gramm der Kirchenversammlung, deren Aufgabe es sein wird, alle
jene Dinge zu prüfen, zu studiren und mit der größten Sorg-
falt zu bestimmen, die die größere Ehre Gottes, die Reinheit des
Glaubens, die Zucht des Clerus, dessen gründliche und heilsame
Bildung, die Beobachtung der Kirchengesetze, die Verbesserung der
Sitten, die christliche Erziehung der Jugend, den Frieden und die
öffentliche Eintracht bezwecken. Das Bestreben des Concils wird
auf Entfernung alles Schlechten aus der Kirche und der bürger-
lichen Gesellschaft, auf die Ausmerzung aller Gebrechen und Jrr-
thünicr gerichtet sein, auf daß die Religion, die Frömmigkeit, die
Ehrbarkeit, die Rechtschaffenheit, die Gerechtigkeit^ und alle christ-
lechen Tugenden sich verbreiten, an Ausdehnung zunehmen und
mit neuer Kraft zum größten Wohle der Gesellschaft im Allge-
meinen erblühen. — Denn der Einfluß der Kirche hat auch das
zeitliche Wohl der Völker zum Zweck, ihre ächte Wohlfahrt, die
Ordnung, welche in ihrer Mitte herrschen muß, so wie den Fort-
schrrlt und die Solidität der menschlichen Wissenschaften.
Man sieht es, dieses ausgedehnte Programm umfaßt Alles,
und es gibt nichts, das nicht direkt oder indirekt in einer Ver-
bindung damit steht. — Außer den ausschließlich religiösen Fragen
beschäftigt sich das Concil nut jenen der Moral, des Rechtes und

Skizzen aus Ost-Indien.
Non einem deutschen tzeemanne.
(Fortsetzung.)
Wir gingen also an Land, sanden in dem Quartier der Europäer Alles
was wir wünschten und kehrten bei Tagesanbruch alle wohlbehalten an Bord
zurück. In Singapore leben nur etwa 500 Europäer und Amerikaner, welche
aber den Platz beherrschen, denn hier findet man vielleicht die größten Handels-
herrn der Erde. Der Rest der Bevölkerung (etwa 120,000 Menschen) besteht
zumeist aus Chinesen, obwohl man vielleicht viele Muselmanen, Bewohner der
Coromandelküste und der Sunda-Jnscln findet. Von unserem Standpunkte
als Seeleute sanden nur in Singapore nur dasjenige interessant, was aus
das Seemannsleben Bezug hat, und hievon war uns wieder dasjenige das
Interessanteste, was uns unser guter Capitän erzählt hatte.
HI. Eine Jagdpartie.
Wenn man die Paläste Calcntta's verlassen hat und am Ufer des Hooghly
heraufgewandert ist, bis man endlich die Jungles erreicht, in welcher der Löwe,
Tiger und Elephant haust und wo die schillernde Riesenschlange ihre Beute
verzehrt, so erfaßt Einem ein unwillkürliches Grauen. Wenigstens erging es
-mr so. Ich hatte in Calcutta die Bekanntschaft einiger Officiere der ostindi-
fchea Compagnie gemacht, und dieselben, einer Einladung folgend, zu einer
^agdparüe m die Jungles begleitet. Der Hauptmann Gerald, als Beran-
°ss Jagdvergnügens, hatte mir ein Ossicierspferd verschafft; die übrigen
..'tngneder unserer kleinen Schaar waren ebenfalls beritten. Wir mußten uns
merkwürdig genug aus den kleinen Thieren ausnehmen, denn einer lachte den
;^rn ffemer Figur aus. Und in der That, wir spielten eine komische
P^de gehörten zu der kleinster Art, welche ich jemals ge ehen hatte,
und die Beme der Theilnehmer zu der allerlängsten Art. Doch ging es noch
zremüch gut, blo wir das Gestrüpp, die eigentlichen Jungles erreichten, durch
die sich wohl der Elephant durchstampfen kann, aber kein schwaches Pferd von
der Race ver ostindischen Soldatenpferde. Es blieb uns also nichts übrig als
abzustergen und uns mit einem Säbel in der Hand den Weg durch das Ge¬

strüpp zu bahnen. So ermüdend diese Art der Vorwärtsbewegung nun auch
war, denn ein Jeder trug eine schwere doppelläufige Flinte über dem Rücken,
so war es mir speciell denn doch angenehmer, denn ich konnte zwar aus einer
Marsraae reiten, aber ich hatte mein Lebenlang nie aus dem Rücken eines
Pferdes gesessen und der kurze Ritt hatte mich schon gehörig durchrüttelt. Die
Thiere blieben also in der Obhut der mitgebrachten eingebornen Diener zurück
und wir vertieften uns in das Dickicht.
Nachdem wir etwa eine halbe Stunde lang schweigend fortgegangen waren, be-
lehrte uns ein schriller Pfiff des an der Spitze marschirenden Lieutenants
O'Flaherty, daß sich etwas nähere. Zugleich sahen wir, wie sich O'Flaherty
abmühte, um rascher vorwärts zu kommen. Wir folgten ihm, sck schnell wir
vermochten, und langten dann auch glücklich auf einer kleinen Lichtung an,
die sich mitten in den Jungles befand.
Wir befanden uns noch nicht lange an diesem Orte, der uns die Aussicht
nach allen Seiten hin offen ließ, als wir ein fernes Rascheln in dein Gestrüpp
hörten. Dieses Rascheln näherte sich und wir unterschieden ganz deutlich ein
Stampfen, welches sich der Lichtung näherte. Jeder blieb mit oem Gewehre
schußfertig stehen, als plötzlich ein ungeheurer Büffel knapp an uns vorüber-
rannte, dem ein herrlicher Königstiger wlgte. Kaum hatte uns der Tiger er-
blickt, so ließ er in der Verfolgung des Büffels nach, stieß ein furchtbares
Gebrüll aus und kauerte sich in einer Entfernung von etwa 12 bis 13 Schritten
nieder. Wir wußten, daß jetzt der gefährliche Moment gekommen war; mein
Gewehr zitterte in meinen Händen über den ungewohnten Anblick; aber ich be-
merkte mit einer geheimen Bewunderung, wie Lieutenant O'Flaherty ganz kalt-
blütig zielte. Jetzt krachte der Schuß, gerade als der Tiger eine Bewegung
machte, um sich auf uns zu stürzen.. Die Bestie stieß noch ein Gebrüll aus,
überschlug sich und wir dachten schon, sie sei fortgelaufen ; ich wollte mich hin-
fetzen und mich durch einen Schluck Branntwein stärken, als meine Gefährten
mich warnten, ja nicht zu sicher zu sein, denn der Tiger würde wiederkommen.
Und richtig, da kam er wiederum, aus einer Wunde am Kopf blutend. Eine
ganze Salve von Schüssen begrüßten ihn und er sank leblos dahin. O'Flaherty
mochte der Bestie dennoch nicht recht trauen, denn er trat dicht an dieselbe
heran und jagte ihr die Ladung des zweiten Laufes in's Ohr. Noch ein Zucken
und es war vorbei. (Fortsetzung folgt.)
 
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