Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

DOI Kapitel:
Nr. 40-51 (2. April - 30. April)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43881#0161

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext



Einladung zum Abonnement.
Mit dem I. April beginnt ein neues Abonnement auf den Pfälzer Boten. Wir ersuchen daher unsere auswärtigen Abon-
nenten, ihre Bestellungen bei der Post rechtzeitig zu erneuern. Für Heidelberg, Neuenheim und Schlierbach nimmt Anmeldungen ent-
gegen die Expedition von Leopold Schweiß dahier.
Bestellungen in Paqueren (nicht unter 10 Exemplaren), wobei wir je ein Freiexemplar gewähren, wolle man gleichfalls an
die Expedition des Blattes richten, und ersuchen wir besonders die seitherigen Empfänger uns baldigst die Zahl der gewünschten
Exemplare mitzulheilen.
Inserate L 2 kr. die Spaltzeile, ein äußerst wohlfeiler Ansatz, erfahren bei der großen Auflage unseres Blattes im ganzen
Lande die beste Verbreitung.
Wie der Preis des Blattes — 40 kr. für das Quartal ohne Postaufschlag — so bleibt auch die Tendenz des Boten
unverändert, durch die er sich so viele Freunde unter dem Volke erworben hat.
Heidelberg, 19. März 1868. Die Redaktion.

Zur Lage.
Aus der Pfalz, 26. März. Wenn wir diesmal es ver-
suchen rn Kürze unfern Lesern die allgemeine europäische Lage zu
schildern, so haben wir gerade nicht viel Erfreuliches zu breten.
Man mag sich hinwenden wohin man will, man begegnet überall
Vorgängen, welche Einen mit Schmerz erfüllen müssen über die
moralische Zerrissenheit der heutigen Menschheit. Nichts als rohe
Gewalt und krasser Unglaube, nichts als eine in ihren egoistischen
Souoerinterissen begrabene Masse sehen wir da. Man wird uns
nicht der Ueberlreibung beschuldigen, wenn wir sagen, daß der
Unglaube in Deutschland eine Höhe erreicht hat, die an oie Zeiten
der französischen Revolution erinnert. Es herrscht in den meisten
deutschen Siändekammern, in der Presse und in Versammlungen
ern Ton, welcher von einem infernalischen Haß gegen Kirche und
Christenthum zeugt. Es fallen dort Aeußerungen — und wir könnten
deren aus nächster Nähe anführen — die an einen Marut und
Nobespierre erinnern. Ja es werd offen der Abfall vom Christen
thunt gepredigt und vorgeschlagen, die Religion überhaupt weg zu
decreliren, wie dies z. B. jüngst eine Arbeiierversammlung in Graz
gethan haben soll. Muß man nicht unwillkürlich schaudern, wenn
man btdenkt, welche Folgen entstehen könnten, wenn der heutige
Materialismus dauernden Einfluß auf die Gemüther gewänne?
Leider hat sich auch Oesterreich, der Staat, welcher das Panier
des Rechtes und der Religion immer hoch getragen, in diesen ver-
derblichen Strudel hrneinziehen lassen. Es Hal uns unsäglich ge-
schmerzt, daß der Kaiser sich in eine Bahn lenken läßt, die unmög
lich das Gedeihen seines Staates befördern kann und ihm nur die
Herzen seiner chlistlichen Unterthanen und namentlich jene des
kernigen Tyrolervolk-s entfremden wird. Jene Partei behauptet
zwar, daß der Staat nur dann blühen und gedeihen könne, wenn
derselbe sich von der Krrchs emanciprre. Im ersten Taumel mag

das vielleicht so scheinen, wenn aber das Grft des Unglaubens sich
einmal in die Massen eingeschlichen hat, dann folgt plötzlich ein
um so entsetzlicheres Erwachen.
Doch das düstere Gemälde, das sich uns vielfach in Deutsch-
land darbietet, gewährt auch wieder einige Lichtpunkte, welche zu
frohen Hoffnungen anregen. Es ist das Erwachen der Katholiken
Deutschlands aus ihrer Lethergie, welche nicht wenig zu den jetzigen
Zuständen beigetragen hat. Es ist die Selbsterkenntniß, daß es gilt sich
zusammenzuschaaren um bewährte Führer und Volksmänner, um
fest und unerschrocken den Geistern der Negation entgegenzutreten.
Die Wahlen in Bayern und Baden sind ein glänzendes Zeugniß
dieser Wiedererstarkung des katholischen Bewußtseins.
In England scheint denn wirklich an die armen Irländer ge-
dacht zu werden und hat sich zu diesem Zweck im englffchen Par-
lament eine bedeutende Opposition unter Führung Gladstone's ge-
bildet, um vom jetzigen Ministerium zu verlangen, daß die 3 in
Irland bestehenden Religionsgenossenschaften, Katholiken, Anglicaner
und Presbyterianer für gleichberechtigt erklärt, jede auf ihren
eigenen Unterhalt angewiesen und alle Fonds und Revenüen
vom Staate säcnlarisirt weiden sollen. Obschon Letzteres als eine
große Ungerechtigkeit erklärt werden muß, so ist doch dieser Vorschlag
der Opposition in so ferne als eilt Schritt zum Guten zu begrüßen,
als die irländischen Katholiken dadurch der empörenden Zumuthung
enthoben werden, wie bisher die hochkirchlichen Geistlichen auf ihre
eigenen Kosten zu unterhalten.
Was Frankreich betrifft, so bildet das wichtigste Tagesgespräch
darüber die Reise des Prinzen Napoleon nach Berlin. Die Einen
behaupten, es sei eine Vergnügungsreise, während die Andern eine
wichtige diplomatische Mission dahinter suchen. Letzterer Meinung
sind wir auch und zwar glauben wir, daß der Zweck der Sendung
war, Angesichts der drohenden Anzeichen im Orient Preußen durch
Concrssionen, die Frank-eich in Bezug Deutschlands macht, von

Arztes.

gestrecktem Galopp von den
zu besehen habe, eine Ent-
Als er noch immer nicht kam.

Der schwarze Gentleman.
Aus den Erinnerungen eines

(Fortsetzung.)
Einer der Jäger erzählte, daß Edmund sich in
Uebrigen getrennt, unter dem Vorwand, daß er was
schutdigung, welche nicht sehr plausibel klang. Lil? re r,,u>r^
wurden Boten nach ihm ausgeschickt, um ihn zur Eile anzuspornen. Endlich
wurde eine Nachricht in den Saal gebracht, welche allgemeine Bestürzung ver-
breitete. Das Pferd Edmunds war schaumbedeckt, mit" zerrissenem Zügel ohne
Reiter in den Hof gesprengt.
Alles machte sich auf, und die ganze Nacht wurde dem Suchen im Walde
gewidmet, aber umsonst. Nach durchwachter Nacht ging ich am nächsten Mor
gen mit Felix in den Wald. Felix sprach kein Wort und ich vergoß bittere
Thränen. Stumm schritten wir neben einander hin, bis wir an das Ufer der
Weidnitz kamen, wo wir uns auf einer Bank niederließen. Auf der ruhigen
Hellen Wasserfläche trieb langsam ein Nachen auf uns zu. Langsam, lang-
sam kam er näher. Es schien Niemand darin zu sein; er kam mir wie ein
schwimmender Sarg vor, und reichlicher, heißer flössen meine Thränen. Aber
plötzlich als der Nachen ans Ufer stieß, richtete sich Jemand darin empor. Es
war Edmund. Er sprang an's Land und freudig flogen wir auf ihn zu.
Lange mußten wir ihn mit Fragen bestürmen, bevor wir herausbrachten,
was ihm passirt war. Es scheint, daß der Felix zugestoßene Unfall ihn ver-
stört hatte, und daß er sich gleich nach Erlegung des Hirsches von den Gefähr-
ten entfernte. Er vertiefte sich in seine Träumereien, und es wurde dunkel
bevor er es merkte. Sein angebundenes Pferd war scheu geworden, hatte sich
losgerissen und den Heimweg eingeschlagen, während Edmund sich verirrte und
sich endlich entschloß, den Tag im Freien zu erwarten. Am Ufer des Flusses

fand er ein Boot, aber ohne Ruder. ES blieb ihm nichts anderes übrig, als
sich vermittelst seines Jagdmessers einen Tannenzweig zuzustutzen, mit Hülfe
dessen er das Boot lenken zu können hoffte. Aber bald fand Fr, daß der
Strom zu stark sei und daß er sich von demselben forttreiben lassen müsse.
Sich im Boot niederlegend, war er von der Kälte und Müdigkeit betäubt
worden und erst wieder zu sich gekommen als der Nachen an's Ufer stieß.
So ungefähr lautete die Erzählung Edmunds, und wir waren so froh
ihn wieder zu besitzen, daß ein Jubelrus dem andern folgte. Dem Vater
rannen, als wir triumphirend heimkehrten, die Thränen aus den Augen, die
Mutter mußte ihren Erstgeborenen immer wieder umarmen. Felix war ganz
außer sich. Edmund aber schien von der Müdigkeit überwältigt, u- d mit ge-
senktem Haupt, hohlen Augen und veränderter Stimme, schien er dem ihn um-
wogenden Jubel ganz, sremd zu bleiben. Aber das wird sich schon geben.
Nun magst Du selbst ermessen, wie glücklich ich bin.
S -i-
Edmund ist sehr krank gewesen. Er hatte ein heftiges Fieber, welches ihm
fast keinen Augenblick Ruhe ließ, und in seinen Phantasieen kamen so merk-
würdige, so schreckliche Dinge vor, daß ein christliches Gemüth sich wohl da-
durch beunruhigt fühlen konnte. Ohne gerade Atheist zu sein, glaubt Edmund
nur das was er begreift. Die ganze Religion ist ihm die Pflicht. Das Leben
ist in seinen Augen eine fortwährende Aufgabe, welche ihren Lohn nur in sich
selbst findet. Es schreckt ihn nicht die Furcht vor einer Strafe jenseits des
Grabes, sondern nur der Schmerz und die Scham, welche das eigene Gefühl
dem Menschen für jede Begehungs- und Unterlassungssünde bereitet. Jeder
Fehler ist in seinen Augen unverzeihlich, und daher kommt es denn auch wohl,
daß er uns als geradezu unfehlbar erscheint. Sein strenger Glaube verbannt
die göttliche Barmherzigkeit aus dem Himmel.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen