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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 65-76 (3. Juni - 30. Juni)
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Bote
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Donnerstag den 18. Juni

1868.

Ein katholischer Erzbischof und ein Minister
des Friedens!
/X Aus dem Oberland, 14. Juni. Wenn Diejenigen, die
ein katholischer Bischof nicht viel angeht, ihre Wünsche aussprechen
bezüglich der Wahl eines Erzbischofs, so werden doch wir Katho-
liken, die vom kommenden Erzbischof in kirchlichen Dingen geleitet
und gelehrt werden sollen, auch unsere Wünsche bekannt geben
dürfen bezüglich genannter Wahl. „Einen Bischof des Friedens"
wünschen die Ministeriellen, also wünschen sie den Frieden, sehr
gut, den Frieden wünschen wir auch, wir haben ihn schon lange
gewünscht, der Friede zwischen zwei Streitenden kann aber auf
zweierlei Weise hergestellt werden: entweder wenn der Angegriffene
und vielfach Niedergetreteue ruhig liegen bleibt und sich zum Fuß-
schemel des Angreifers hergibt, oder wenn der Angreifer abläßt von
seinen Angriffen und den Nachbar ruhig in seiner Sphäre schalten
und walten läßt. Daß aber in Baden nicht die Kirche angreift,
sondern nur ihre ureigenen Gerechtsame, die ihr zwar mit Gewalt
geraubt, niemals aber mit Recht entzogen werden können, verthei-
digt, das zu beweisen ist sehr überflüssig, denn Jeder, der gesunden
Menschenverstand hat, kann unsere Kämpfe würdigen. Wenn nun
4)ie angreifende Partei einen „Bischof des Friedens" wünscht, so
könnte es also nur ein solcher sein, der ruhig, in stupider Resig-
nation den Fußschemel abgeben würde. Einen solchen Erzbischof
aber — ich will nicht sagen: wünschen wir nicht, sondern: wollen
wir nicht, ganz entschieden nicht. Das wissen auch die hochw.
Wähler unseres Oberhirten: wir Katholiken wollen einen entschieden
katholischen Erzbischof, der ein offenes Auge hat für die Gefahren
unserer Zeit, ein Herz für die Gesammtinteressen unserer Kstrepe
und zugleich Muth genug die Interessen der Kirche unerschütterlich
zu vertheidigen.
Wir wünschen aber auch den Frieden, ja wir wünschen ihn
sehr, nur nicht um den Preis der Sclaverei. Deßhalb wünschen
wir nicht blos einen katholischen Erzbischof, sondern auch ein
„Ministerium des Friedens." Ein solches ist aber nur dann denk-
bar, wenn es den berechtigten Ansprüchen der Kirche auf halbem
Wege entgegenkommt. Dann wird es heißen: Fort mit
den spartanischen Schulzuständen; fort mit den Ausnahms-
gesetzen und Prüfungsverordnungen bezüglich der Kirchendiener!
Man beendige einmal die Achtserklärungen pflichttreuer Geistlicher;
es verstumme einmal das Lästern, Hetzen und Denunciren der anti-
katholischen Parteiblätter, das Geheul und Gebell der Amtsverkün-
diger, die uns Katholiken ja doch nicht „gesinnungstüchtig" machen,

was man aus Erfahrung wissen könnte — dann wird der Friede
und die Eintracht Aller wiederkehren. Man beschränke einmal den
überwiegenden Einfluß der Fremden in unserem Lande, die so viel
zur Verwirrung beigetragen haben und fortwährend noch Hetzen,
und Alles wird gut gehen, jedenfalls zehnmal besser, als in der
„neuen Aera". Kurz und gut, was wir jetzt nothwendig brauchen,
ist ein katholischer Erzbischof und ein Ministerium des Frie-
dens.

Süddcutschland.
* Heidelberg, 15. Juni. Der Abg. Roßhirt hat sich
bekanntlich im Zollparlamente gegen den Bambergerffchen Antrag
als eine offenbare Competenzüberschreitung gegenüber dem Gcoß-
herzogthum Hessen ausgesprochen und hat dies mit juristischen
Gründen nachgewiesen. Zur Frage der Weinzölls und der Wein-
accise bemerkte derselbe mit Beziehung auf Baden u. A. sehr
richtig, er beklage sehr die Herabsetzung der Weinzölle, er beklage
sie im Interesse vieler Landestheile Deutschlands und es sei auch
nicht zu erkennen, daß, wenn neben dieser Herabsetzung der Wein-
zölle auch noch eine hohe. Accise bestehe, allerdings der Weinprodu-
cent gedrückt werde. Es sei in Baden rn der neueren Zeit noth-
wendig erschienen, die Weinaccise sehr bedeutend zu erhöhen. Haupt-
sächlich der Militärauswand, welcher aus der neuen Gestaltung
der Dinge hervorgegangen, habe die Erhöhung nothwendig gemacht.
Die Landesgesetzgebung habe in dieser Beziehung das Ihrige ge-
than. Um so mehr sei es aber zu beklagen, daß die Hinaufsetzung
,.der Weinaccise habe stattfinden müssen, als gerade auch Baden
durch die Beschlüsse des Zollparlamentes über die Tabakssrage in
hohem Grade belastet sei.
V Klepsan, 14. Juni. In Nr. 129 des Tauberbischofs-
heimer Amtsverkündigungsblattes vom 6. Juni l. I. ist ein Artikel
von der Umpfer enthalten, der über Vorkommnisse in der Gemeinde
Klepsau mehrfache Unwahrheit und Entstellung enthält. Vor
einiger Zeit wurde der Meßnerdienst einem hiesigen Bürger über-
tragen. Man begreift nicht, wie das getadelt werden kann; man
hat seit Jahr und Tag genug agitirt für die Beseitigung dieses
„lästigen" Nebendienstes.
Was nun den Organistendienst betrifft, so scheint der Schrei-
ber von der Umpfer ein Fremdling im eigenen Land zu sein,
sonst müßte er ja wissen, daß der Lehrer nach dem neuen von der
Kirche, so weit es deren Rechte verletzt, verworfenen Schulgesetz auch
als Organist einer unkatholischen Behörde untersteht und von der-
selben nach Belieben seines Dienstes als Organist enthoben wer-

* Karl August Woll.
Einer der talentvollst-n Feuilletonisten ist unstreitig der zweite Redacteur
der Pfälzer Zeitung in Speyer, Herr K. A. Woll. Wir bedauern, daß es
uns nur selten gegönnt ist, das genannte Blatt zu lesen, dessen Lectüre früher
zu unserem Lieblingsstudium gehörte, — weil es im Lande der „freien Be-
wegung" verboten ist. Durch zwei Prozesse von Staatswegen von der Ludwigs-
hafener Brücke nbgeschnitten, schwebt über dem Haupte des verantwortlichen
Redacteurs, Dr. L. Jäger 8en., das Damoklesschwert der badischen Justiz als
eines Revolutionärs gegen die badische Staatsordnung, sobald er sich beigehen
ließe den badisch-freiheitlichen Boden betreten zu wollen, obgleich Dr. Jäger
bekannt ist als einer der conservativsten Männer in Bayern und als solcher
in seiner früheren Stellung als Landtagsabgeordneter sich hervorgethan hat.
Doch zur Sache. Herrn Woll sind bei der Pfälzer Zeitung vorzugsweise
die Arbeiten des Feuilletons zugetheilt und er hat sich nicht damit begnügt,
geschmackvolle Novellen von da und dorther zu entlehnen, sondern er hat durch
eigene Arbeit in Poesie und Prosa das Interesse an demselben in hohem
Grade zu steigern gewußt. Namentlich sind es seine Pfälzer Gedichte, von
denen wir wiederholt unseren Lesern Proben gegeben haben, welche sich ihres
naturwüchsigen Humors und ihrer äußerst gelungenen Pfälzer Ausdrücke und
Wendungen wegen den ungeteiltesten Beifall auch der weitesten Kreise erwar-
ben. Wir sind nun sehr erfreut, unseren Lesern mittheilen zu können, daß
Herr Woll seine Gedichte in einem stattlichen Bändchen im Selbstverläge heraus-
gegeben hat. Dasselbe enthält zuerst die pfälzer Gedichte, von denen wir hier
sofort eine Probe folgen lassen und eine weitere unseren Lesern bringen wer-
den sodann in hochdeutscher Sprache eine Reihe theils ernster, theils heiterer
Gedichte, tue wieder mit einem solchen in pfälzer Mundart abschließen, und
eine Anzahl poetischer Räthsel, die zum Theil als Preisräth el in der
Pfalzer Zeitung erschienen waren.
Wir haben nicht nöthig, für Woll's pfälzer Gedichte eine befondere
Empfehlung schreiben zu müssen. Wer je eines derselben gelesen hat, wird eine
freundliche, heitere Erinnerung daran haben und des sprudelnden Humors ge-
denken, der sich um so angenehmer und lieblicher durch seine Strophen hin-
durchzieht als er eben vollkommen harmlos und frei von jeder verletzenden

Bitterkeit persönlicher Art ist. Wir selbst aber, die wir Freunde des pfälzer
Dialectes sind und selbst schon den pfälzer Pegasus bestiegen haben, freuen
uns von Herzen, daß die Sammlung pfälzer Gedichte unseres hochverehrten
Freundes Woll wesentlich dazu beitragen wird, unserer so sehr für humoristische
Gedichte sich eignenden pfälzer Mundart einen besseren Platz als bisher im
„deutschen Dichterwald" zu verschaffen.
Was endlich die Gedichte in hochdeutscher Sprache betrifft, so bieten sie
in ihrem lyrischen Theile des Lieblichen so viel, daß Niemand ohne Entzücken
sie aus der Hand legen wird, insbesondere spiegeln sie so sehr das kindlich-
reine Gemüth des Verfassers ab, daß Jedermann heraussühlt, welch' schöne
Seele ihr warmes Herz erschließt, das in den Stürmen des rauhen Lebens
früher wohl heftiger geschlagen, aber nunmehr eine sanftere, elegische Stimmung
kund gibt.
Möchte Herr Woll auch dem badischen Buchhandel seine Gedichte zukom-
men lassen, wir sind fest überzeugt, daß sie eines großen Absatzes gewiß sein
dürfen. Einstweilen sind Bestellungen an den Verfasser selbst zu richten.
Die Smmdagsoper.
Jetz redt' mei Fraa drei Woche schier
Vun nix als Mannemgehe,
Sie käm 's ganz Johr nit vor die Dihr,
Sie wollt' s' Theater sehe.
For uns natürlich uf'm Land
Jsch sowas noch e Wunner
Na, sag' ich, heut werd' angespannt,
Mer fahre jetz enunner.
In Mannern hämmer eingestellt —
Am viere simmer kumme. —
Un hän uns glei for deires Geld
Sperrsitzbilljet genumme.
Dann simmer noch um's Kaashaus rum,
Betrachte all' die Sache;
s' koscht Widder Geld — mer kaast, korzum!
Was will mer dann do mache?
 
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