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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 116-129 (1. Oktober - 31. Oktober)
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M 125.

Donnerstag den 22. October



* Ueber die Erzbischofswahl in Freiburg.
(Fortsetzung.)
Ueber die Interpretation der Vereinbarung von 1827 spricht
sich der Verfasser des Aufsatzes irn Kivchenarchiv in folgender schla-
gender und juristisch scharfsinniger Weise aus:
Das Gesetz vom 9. Oct. 1860 (H 7) garantirt in Ueb^rein-
stimmung mit dem bestehenden Staats- und Kirchenrecht *) die Frei-
heit und Selbstständigkeit der Kirche, die kirchlichen Angelegenheiten
zu ordnen und zu verwalten. Daraus, wie aus dem in kirchlichen
Rechtsverhältnissen maßgebenden Kirchenrecht folgt, daß die Kirchen-
ämter durch die Kirche verliehen werden, (ß 8 des Gesetzes vom
9. Ocr. 1860.)
Die Freiheit der kirchlichen Aemterbesetzung folgt aber auch
aus dem jetzigen Verhältnisse zwischen der Kirche und den modernen
Staaten Deutschlands. Diese sind keine confessionell - christlichen
mehr, weil die Gesetze, Einrichtungen und Handlungen des „Staats"
den christlichen Principien nicht mehr angepaßt werden?) Dem
positiven Christenthum als solchem wird kein Einfluß aus politische
oder bürgerliche Verhältnisse gestaltet. In den Motiven der badi-
schen Regierung zum neuen Schulgesetze von 1868 spricht Hoch-
dieselbe geradezu das Princip der Trennung des Staats von der
Kirche aus.
Das daraus folgende Correlat der allgemeinen freien Religions-
übung und Bekenntnißfreiheit ist allgemein anerkannt. Es ist jeder
anti-christlichen Secte gestattet, ihre Angelegenheiten frei vom Staate
zu besorgen, nach ihrer Ueberzeugung zu leben, sofern sie mit den
Strafgesetzen nicht in Conflict kommt und ihre Vorsteher frei zu
wählen. Hieraus, sowie aus dem letzt bestehenden Vereinsrecht
folgt, daß die katholische Kirche dis gleiche Freiheit haben muß,
nach ihrer Verfassung ihre Vorsteher zu bestellen^). Es folgt ferner
daraus, daß alle Rechte, welche der Staat auf Grund der früheren
nicht mehr bestehenden Verhältnisse, der früheren Verbindung von
Kirche und Staat und des ausgehobenen Systems der Staatsbevor-
mundung über kirchliche Verhältnisse ausgeübt hat, jetzt entfallen.
Der „moderne Staat" kann seinem Wesen nach nur politische und
bürgerliche Rechte, nicht aber kirchliche Befugniß ausüben. Es steht
ihm also keine Mitwirkung bei Besetzung der kirchlichen Aem-
ter zuH.
') Schulte, Quellen des Kirchenrechts (Gießen 1660). S. 396. Zöpfl,
Staatsrecht (Heidelberg 1855.) I. S. 134., II. S. 831 S.
?) Bluntschli, Staatsrecht I. S. 535.
-h Bluntschli, Staatsrecht I. S. 252 L
<) Walter, Naturrecht und Politik (Bonn 1863.) S. 485.: „Die Freiheit

Sieht man aber auch von der seit 1827 durchaus veränderten
Stellung des Staates gegenüber der Kirche und — den Staats-
bürgern ab, so kömmt man dennoch zu dem Resultat, daß die Re-
gierung bei der Besetzung des erzbischöflichen Stuhles nur ein
relatives, beschränktes Veto hat.
Die Besetzung dieses Kirchenamts steht nach dem bestehenden
Recht dem heiligen Stuhle zi?), wenn nicht durch Herkommen oder
päpstliches Privileg dem Capitel das Wahl-, katholischen Fürsten
ein Noinnat-ions- oder akatholischen Regierungen ein sonstiges Mit-
wirkungsrecht hiebei eingeräumt wurde: Eines solchen Privilegs
bedurfte also die Regierung, da die Regel die freie Besetzung der
Kirchenämter durch die Kirche is?). Sie konnte und kann sich
dieses nicht durch eine staatliche Bestimmung, sondern nur durch
die Concession der Kirche verschaffen, weil der Staat wohlerworbene
Rechte achten muß und nur die Kirche über kirchliche Verhältnisse
verfügen kann.
Hiernach, wie nach dem früher Gesagten, kann also die Re-
gierung ihre Mitwirkung bei Besetzung des erzbischöflichen Stuhles
nur aus das Uebereinkommen mit dem Papst, auf das von dem
heiligen Stuhl in der Bulle all äoir>. ZreZ. aast, concedirte Pri-
vileg stützen.
Die betreffende Stelle dieser Bulle lautet nach der officieller?)
Uebersetzung:
„So ost der erzbischöfliche . . . Sitz erledigt sein wird, wird
das Capitel der betreffenden Cathedralürche Sorge tragen, daß
innerhalb eines Monats vom Tag der Erledigung an gerechnet,
die Landesfürsten des betreffenden Gebiets von den Namen der zu
dem Diöcesanclerus gehörigen Candidaten, welche dasselbe nach den
canonischen Vorschriften würdig und tauglich erachtet, die erzbischöf-
liche . . . Kirche fromm und weise Zu regieren, in Kenntniß gesetzt
werden. Wenn aber vielle.cht einer von diesen Candidaten dem
Landesfürsten minder angenehm sein möch.e, so wird das Capitel
ihn aus dem Verzeichniß streichen; nur miß die übrig bleibende
Anzahl der Candidaten noch hinreichend sein, daß aus ihr der
neue Vorsteher gewählt werden könne. Dann aber wird das Capitel
zur canonischen Wahl eines aus den noch übrigen Candidaten zum
Erzbischof . . . nach den gewöhnlichen canonischen Formen vor-
schreiten."
der Kirche bezieht sich nicht blos auf ihre Lehre... sie muß für die Disciplin,
die Einsetzung der Aemter, die Anstellung der Kirchenbeamten . . . gelten."
ff Ferraris, xrowxt. blbl. s. v. „Lxiseoxus" Art. II.
-) Eit. § 8. Ges. vom 9. Okt. 1860.
«) Regierungsblatt 1827 S. 235.

Des Preußen Klage.
In Baden ist ein Städtchen,
Es ist nicht unbekannt,
Mit Festungswäll' umgeben.
Und Rastatt wird's genannt.
Bis anno fechsundsechzig,
War drin viel Militär
Von deutschen Bundestruppen;
Fürwahr 'ne gute Wehr.
Vorab die Qesterreicher,
Die waren sehr beliebt;
Sic waren freundlich, artig,
Wie sich's bei Freunden gibt.
Der zugeknöpfte Preuße
Der dacht' in seinem Sinn,
Ihr kennt doch meine Farben
Und wißt ooch wer ich bin.
Warum muß ich nach Süden,
Bei mich man's besser hat,
Ich dien' nur meinem König,
Für den bin ich Soldat.
Wat jibt et denn hier oben?
Keen juter Branntewein,
Keen achter Pumpernickel,
Und Schweinsfett is nich fein.
Wat scheert mir andre Sachen!
Wät Trauben, Obst und Wein!
Mich schmeckt man blos nach Häring
Doch darf's nich theuer fein.

Für eenen Silberjrofchen
Kooft man bei mich zu Haus
Een Dutzend von den jrößten.
Und lebt in Saus und Braus.
Also des Preußen Klage,
Verhallt nicht ungehört;
Im Jahre sechsundsechzig
Erhörung ward beschwert.
Auf einmal heißt's marschiret,
Die Freundschaft hat ein End,
Ein Kampf mit dem geführet.
Der sich noch Bruder nennt.
Zwar ging er auch zu Ende,
Gar Manchen deckt die Erd',
Doch Ruhe kehrt nie wieder,
Die Feindschaft hat gestört.
Der Preuß hat sich gezeiget
Als böser Nachbarsmann,
Hat Gut sich angeeignet,
Nach Recht ging's ihn nichts an.
Selbst nach dem deutschen Süden
Streckt er die Finger aus;
Auch dieses möcht er haben.
Doch, hofft man, wird nichts draus.
Moral von der Geschichte —
Ein altes Sprichwort spricht:
Das sollst du nie verachten.
Was dich in's Auge sticht!

N. A. in k.
 
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