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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 14-26 (2. Feburar - 29. Februar)
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Donnerstag und Samstag.

Samstag den 29. Februar

Preis Vierteljahr!. 40 kr. ohne
Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.

Alle Postexpeditionen nehmen gleich wie für die Karlsr.
Zeitung auch für unfer Blatt Bestellungen für den Monat
März an. ,
Einladung.
Ich erlaube mir meine Wähler des 14. Wahlbezirks, die mir
in so eminenter Weise Ihr Vertrauen kundgaben, zu wichtigen Be-
sprechungen einzuladen und zwar:
nach Hardheim im Gasthaus zum Adler auf
Montag, den 2. März, Nachmittags 2 Uhr,
nach Walldürn im Gasthaus zum Zähringer Hof auf
Montag, den 2. März, Abends 6 Uhr,
nach Königshofen im Gasthaus zur Gans auf
Dienstag, den 3. März, Nachmittags 3 Uhr,
nach Ballenberg (Local wird noch bekannt gegeben) auf
Mittwoch, den 4. März, Vormittags 10^ Uhr.
Heidelberg, 27. Februar 1868.
Jakob Lindau.
* Herr Jolly.
Herr Jolly ist krank. Minister werden zwar häufig unsicht-
bar und daun heißt es: sie sind krank. Aber an die wirkliche
Krankheit unseres Ministerpräsidenten glauben wir: besitzt er auch
euren starken Geist, so ist ooch sern Körper schwächlich. Und da
muß die nackte Wirklichkeit erner nie dagewesenen Niederlage ein-
wirken. Grausames Geschick, das Jahre und Jahre lang Herrn
Jolly als Professor ohne Gehalt und Zuhörer verfolgte, dasJlötzlich
auf dem zum Anblasen des Concordatssturms arrangirten Protestan-
tentag in Durlach die Sonne ausgehen ließ und nun den auf der
höchsten Spitze des Amtsparnaß Stehenden schon nach wenigen Tagen
in die grausige Schlucht des Acheron zurückzuschleudern gewillt ist.
Herr Jolly ist unser Gegner, ja, wie wir wissen, unser erbit-
tertster Gegner. Aber er muß uns gestatten, ihn zu bekämpfen
und er wird uns erlauben, offen und ehrlich zu gestehen, daß wir
nicht eher ruhen werden, bis er zur Klause seines einstigen Col-
lege» Lamey gewandert ist. Doch verwahren wir uns, als woll-
ten wir ihn, den charakterfesten Mannn, der seine Ueberzeugungs-
treue im Jahre 1866 bewies, mit einem Gegner wie Lamey in
Vergleich ziehen.
Was werden Sie nun, Herr Jolly, nach dieser furchtbaren
Niederlage beginnen? Hätten wir nicht Achtung vor Ihrem Cha-
rakter, — wir würden diese Frage nicht auswerfen.

Ihre sogenannten Freunde beschwören Sie auszuharren auf
auf Ihrem Posten; das Volk dagegen gab Ihnen in den Wahlen
den wohlgemeinten Rath abzutreten.
Also bleiben oder abtreten, das ist jetzt die Frage. Wo-
für werden Sie sich entscheiden?
Vergleichen Sie zur Lösung dieser Frage den Rath Ihrer
Freunde und den Rath Ihrer Feinde. Erlauben Sie uns aber
vor allem die Frage: auf welche Freunde stützen Sic sich? Schauen
Sie zunächst auf die Männer der II. Kammer und erinnern Sie
sich, wie diese den neuesten Ministerwechsel ausgenommen haben.
Nur durch eine Transaction mit Lamey könnten Sie vielleicht noch
deren Unterstützung erwarten. Aber ein solches Bünduiß können
Sie nach dem, was bisher geschehen ist, einzugehen nicht gesonnen
sein. Oder wollen sie sich stützen aus Ihre Freunde in dem Be-
amtenthum? Nein, nein, das können Sie nicht, wenn Sie er-
wägen, wie dieses Beamtentum die Zurücksetzung des einst so
gefeierten Stabel ausgenommen hat, wenn Sie weiter bedenken,
daß der größte Theil dieses Beamtenthums dem neuesten Minister-
wechsel nicht zujauchzte. Und da die Bezirksräthe und die Bürger-
meister seither die willigsten Freunde oes Beamtenthums waren,
so werden Sie auch der Zustimmung dieser Leute nicht teilhaftig
werden. — Daß endlich die Unterstützung der Preßlakaien für
Sie keinen Werth haben kann, — da bedarf es nur dieser An-
deutung.
Machen Sie sich aber auch gefälligst klar den Rath, welchen
ihre sog. Freunde jetzt geben. Sie sprechen von einer neuen Orga-
nisation der liberalen Partei. Wir fürchten Sie zu bele'.digen,
wenn wir des Weiteren begründen wollten, welche Seifenblase Ihnen
hiermit gereicht wird. Sie besitzen viel zu viel gesunden Menschen-
verstand, als daß Sie nicht einsehen sollten, daß nach einer solchen
Niederlage über eine seit 8 Jahren unbedingt Ton angebende
Partei keine Organisation mehr möglich ist. Ihre Truppen Haden
die Gewehre weggeworsen und stellen sich nicht mehr dem Feinde;
nur Officiere gibt es noch.
Ein anderer Rath Ihrer Freunde geht dahin, Gewaltsmaß-
regeln zu ergreifen. Sie werden diesen Rath verschmähen; denn
nimmermehr können wir glauben, daß der Kampf einer kleinen
Partei gegen das ganze Volk in unserem schönen Lande verewigt
werden soll. Wollten Sie aus uns Märtyrer machen, so geben
wir Ihnen die Versicherung, daß jeder Katholik nach dem Ruhme
geizt es zu werden.
Sonach folgen Sie dem Rathe Ihrer Feinde. Und was sagen
diese? Treten Sie ehrenvoll ab! Zeigen Sie durch Ihren Rück-

Der fchwarze Gentleman.
Aus den Erinnerungen eines Arztes.

(Fortsetzung.)
^mZSchaale jener Waage trägt das Gefäß der Uebelthaten, welches die
Sünden ^er abgeschiedenen Seele enthält; in der andern liegt eine Fedir, das
lronycheSymbol der guten Handlungen, deren die Seele sich vor den Augen
^s 2lllwissenden rühmen darf Zwischen zwei Sphynxen, Sinnbildern der
Weisheit, sitzen Helios und Amasis zn Gericht, und Osiris ist bereit, das Ur-
theU auszufuhren.
re? die gewöhnliche Zusammensetzung dieses Passes, welcher in Ge-
stalt des Papyrus dem Todten nut auf den Weg gegeben wird. Aber auf
der Rolle, welche Edmund zetzt pruste, ging den hier beschriebenen Hieroglyphen
eme lange Reihe von Bildern voraus, welche Vorfälle aus dem Leben des
Verstorbenen erzählen zu sollen schienen. Das erste Bild stellte einen Mann
von mittleren Jahren dar, wAcher, nut den Insignien der Königswürde be-
Mannern stand. In der emporgestreckten rechten
und zeigt mit gebieterischer Geberde auf den roh-
n Dw Namen der drei Persönlichkeiten waren nicht ,m Gering¬
war L L' es war für Edmund leicht, sie zu entziffern. Der König
beiden G der neunzehnten Dynastie, Rhamses der Neunte. Di?
beiden Gestalten zur Rechten und Linken stellen Sethos und Amasis vor die
beiden Sohne, denen er seine Krone hinterläßt. Ein »weites Bilderfeld »eiat
?r"mi^ Punzen welcher etwas auf Pergament schreibt, währe>?d
er mit der linken Hand denselben Ring emporhalt, welchen im vorhergehenden
Tableau der König zeigt. Offenbar copirt oder deutet Sethos die Inschrift
^t ^nn"Tlnom?en^Oicke^ravirt ist. Sethos, der ältere Bruder, wen-
det dem throne den Rucken und entfernt sich. Die dritte Heickmuna stellt di?
beiden Brüder, seder Auf A^em Boot aus einem Gewässer, wahrscheinlich aus
dem des Nils, dar. Auf dem vierten und letzten Bilde endlich sieht man nur

noch Sethos, welcher mit verschränkten Armen am Vordertheil des Bootes steht.
Der andere Nachen war umgeschlagen und bedeckte bis zur Hälfte den nach oben
gerichteten Kiel. Amasis ist verschwunden. Man sieht nur noch eine winkende
Hand aus dem Wasser hervorragen, und am Zeigefinger dieser Hand fitzt der-
selbe Ring, welcher schon bei den früheren Bildern eine so wichtige Rolle spielte.
Das Herz des Verstorbenen flog in Gestalt eines Vogels aus der Brust her-
vor, im Schnabel den geweihten Schlüssel der religiösen Mythen tragend. Anu-
bis, der Bote der Götter, am Schakalkopf kenntlich, legte vor Osiris zu der
symbolischen Feder die guten Handlungen des Verstorbenen auf die Waage,
und daneben den Ring. Unter der ungleichen Last dieser Zugabe senkte sich
die Schaale, die andere schnellte in die Höhe, und die Seele ging triumphirend
aus dem Körver hervor.
Was aber das Interesse, mit welcher unser junger Altertumsforscher sich
der Deutung der Hieroglyphen unterzog, noch erhöhte, war der Umstand, daß
der Zeigefinger an der rechten Hand der Mumie einen Ring trug, in wel-
chen ein Amethyst von außerordentlicher Schönheit und Größe gefaßt war, und
daß außerdem dieser Amethyst eine gravirte Inschrift zeigte.
Die Aufmerksamkeit des jungen Grafen wurde durch die Beschäftigung,
welcher er sich hingab, so vollständig in Anspruch genommen, daß alles Andere
sür ihn nicht vorhanden war. Er bemerkte Leßhalb nicht, wie ein Mann sich
leisen Schrittes näherte, welcher jetzt mit verschränkten Armen neben ihm stand
und ihn schweigend, mit traurigen Blicken betrachtete. Er wurde der Anwesen-
heit des Fremden erst gewahr, als die im Horizont niedersinkende Sonne den
Schatten desselben über den Papyrus warf. Als er jetzt umherblickts, sah er,
in den weißen, weitfaltigen Burnus gehüllt, einen der Kabylischen Schecks
neben sich stehen, deren kühne Razzia's sie zum Schrecken der Reisenden gemacht
haben. So ruhig und unbeweglich stand der Egypter da, als wäre er aus
Marmor gemeiselt oder aus Erz gegossen. Die erste instinktive Bewegung des
Grafen war, daß er nach der Doppelbüchse griff, die er auf seinen Reisen stets
bei sich führte; aber zugleich mußte er unwillkürlich erröthen, als er sah, wie
diese Bewegung in der Physiognomie des Arabers den Ausdruck geringschätzigen
Mitleids hervorrief.

(Fortsetzung folgt.)
 
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