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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 102-115 (1. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43881#0441

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* „Der Berliner Hochverrathsprozeß gegen den
königl. hannöver'schen Staatsminister Grafen Adolf
v. Platen zu Hallermund."
(Fortsetzung statt Schluß.)
Diese Eingabe, abgegangen von Teplitz am 2. Juli, ist, wie
sich aus dem Berichte der Verhandlung ergibt, rechtzeitig in die
Hände des Präsidenten des Kammergerichtes gekommen.
Die Verhandlung vor demselben sand, wie vorher bestimmt,
statt am 8. Juli 1868. Berliner Zeitungen geben über den Ver-
lauf der Verhandlung folgenden Berrchr.
Berlin, 8. Juli. Der Staatsgerichtshof verhandelte heute
die bereits mehrfach erwähnte Anklage gegen den ehemaligen han-
növerschen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Grafen
Adolph v. Platen-Hallermund, wegen Hochverraths.
Die geaen den Angeklagten erhobene Anklage zerfällt in zwei
Theile, in einen allgemeinen und einen spcciellen Theil. Der all-
gemeine Theil ist derselbe, wie er aus den Verhandlungen gegen
die früher angeklagten Hannoveraner bereits bekannt ist. Derselbe
schildert die Vorgänge in Hannover seit dem Gefechte in Langen-
salza am 27. Juni 1866 und das Benehmen des Exkönigs Georg
und seiner Anhänger, und bezeichnet es als notorisch, daß das
Bestreben dieser Personen darauf gerichtet gewe en sei, die Provinz
Hannover vom preußischen Staate loszursttzen. Dieser allgemeine
Theil nimmt Rücksicht auf die hier geführten Verhandlungen gegen
die verhafteten Hannoveraner vor dem Staatsgerichtshof und cttltt
zum Beweise des Strebens der welfischen Partei die in diesen Pro-
zessen in den verschiedensten Personen abgegebenen Zeugenaussagen.
Aus allen diesen Umständen folgert die Anklage, daß das ganze
verbrecherische Unternehmen vo.. Personen angezeUelt worden sei,
die sich in der Nähe des Exkönigs Georg befinden. Der specrelle,
den Angeklagten Grafen v. Platen-Hallermund bctrrffende Theil
der Anklage ist sehr kurz. Derselbe geht ungefähr dahin: Trotz
des zwischen der königlich preußischen Staatsregierung und dem
ehemaligen König Georg von Hannover abgeschlossenen Abkommens,
nach welchem der König für dre vollständige Abtretung seines Lan
des eine Geldentschädigung von 16,000,000 Thalern erhielt, sei
das Unternehmen, den Exkönig in seine Rechte wieder einzusctzen,
ununterbrochen fortgesührt worden. Die darüber bekannt gewor-
denen Thatsachen seien notorisch und auch zum Gegenstände von
Interpellationen im österreichischen Neichsrathe geworden, woselbst
sie vom Staatsminister v. Beust anerkannt woroen seien. Das

Unternehmen habe dem Exkönige große Summen gekostet, und daß
es von ihm unteist tzl woroen s i, gehe aus dem aus den Zeitungen
veröffentlichten und von keiner Serie widersprochenen Toaste her-
vor, den der Exkönig Georg bei der Feier seiner silbernen Hochzeit
im Februar dieses Jahres m Hietzing ausgebrachl habe, in wel-
chem er die Hoffnung aussprach, daß er als freier selbstständiger
König wieder in seine Lande zmückkehren werde. Als Seele des
ganzen hochverräterischen Unternehmes bezeichnet Lis Anklage den
Angeklagten, Grasen Aoolpg v. Platen Hallermund. Er fei es ge-
wesen, von dem die Noten herrührteu, welche in der Nacht vom
l6. aut den 17. Juni 1866 dem prmchtschen Gesandten Prinz
Nienburg, überreicht worden seien und welche die Kriegserklärung
zur Folge gehabt häoen. Die Anklage folgert aus verschiedenen
Schriftstücken des Angeklagten an seinen Bruder rc. den außer-
ordentlichen Preußenhab desselben und hält mit Bezug auf die im
allgemeinen Theile gegebene Darstellung die Schuld desselben für
vollkommen dargerhan. Graf Adolph von Platenchallermund
wird deßwegen augeklagt, im Auslcuwe als königlich preußischer
Unterthan die Losreißung von der Provinz Hannover vom preu-
ßischen Staate mit Anderen verabrede! zu haben, ohne indessen schon
zur Handlung geschritten zu sein, durch welche die Thal unmittel-
bar zur Ausführung gelangen sollte. — Nach Verlesung der An-
klage coustatirt der Referent, Kammergerichtsrath Steinhaufen, die
m der gesetzlichen Form erfolgte Vorladung des Angeklagten, und
oer Gerichtshof beschließt, in eontumueium gegen ihn zu v rfahren.
— Der Präsident theilte mit, daß eine Eingabe an den Gerichts-
hof eingegangerr sei, wonach der Graf von Platen erklärt, daß er
rm Termine rächt erscheinen werde, weil er Vie Competenz des
Staatsgerichtshofes Nstteuet. — Der Gerichtshof beschließt auf
dieses Schreiben kein Gewicht Zu legen, sondern es lediglich zu den
Acten zu nehmen.
Daraus erhält der Staatsanwalt Hendke zur Begründung des
Strafantrages das Worl: Es ist fesigesteUt, daß die Vorladung
des Ang klagün r.chttg erfolgt ist. Er ist nicht erschienen, und es
tritt daher die Verwahrung in Kraft, wonach die ihm vorgewor-
fenen Virbnchen für zugestanden erachtet werden. Es ist daher
anzunehmen, daß der Angeklagte als königlich preußischer Unterthan
oie Losreißung der Provinz Hannover im Auslande mit anderen
Personen verabredet hat, und dabei ist auch ausdrücklich für zuge-
standen zu erachten, daß er preußischer Umerhan ist. Es unterliegt
keinem Banken, daß gegen ihn das preußische Strafgesetz zur
Anwendung kommen muß, weil er die Handlung im Auslande be-
gangen hat und der ß 4 St. G. bestimmt, daß nach dem preußi-

Das Sturmlicht von Haklarsholm.
Eine Strandgeschichte.
(Fortsetzung.)
Unter den Trümmern von Wrack und Ladung, welche die Morgenfluth
ans Land spielte, waren auch die Leichen der beiden jungen Morten und eine
starke, mit ihrem Namen bezeichnete Matrosenkiste, wie sie die Seeleute der
kleinen dänischen Küstenfahrer haben. Der alte Jans traf gerade noch recht-
zeitig ein, um der Beerdigung seiner Söhne auf dem Kirchhofe zu Haklarsholm
beizuwohnen, mit welcher sich seine Bekannten befaßt hatten.
Der Baron aber hatte sich die Kiste angeeignet und als Jans sie wie ein
rechter, gerader Däne als das Eigenthum seiner tobten Söhne beanspruchte,
erklärte ihm der Herr von Haklarsholm, daß zufolge eines alten unbestrittenen
Rechtes alles sein sei, was das Meer an seinem Strande anspüle und er in
einer solch anspruchsvollen Zeit nicht das schlimme Beispiel geben könne, auf
eines seiner Rechte zu verzichten.
„'s ist Schade, gnädiger Herr, daß unsere alten Gesetze gegen Zauberei
nicht mehr in Kraft sind," erwiderte ihm Jans, „sonst würdet Ihr und die
alte lappländische Hexe eine schwere Strafe zu erleiden haben für all die guten
^chsise, die hier gescheitert und all die wackeren Seeleute, die hier durch Eure
Schuld ertrunken sind, wie meine beiden armen Söhne. Aber trotz alles Eures
übel erworbenen Neichthums möcht' ich doch mit Euch nicht tauschen, gnädiger
Herr, und es wird Euch nicht geschenkt bleiben, denn der Allmächtige lasset
semrr nicht spotten!«
„Ungeschliffener Bauer!" murmelte der Baron, wandte ihm den Rücken
und ging weg.
Alle Thalbewohner und Fischer nahmen Partei für Morten und die lange
Feindschaft gegen den Grundherrn ward dadurch noch erbitterter. Allein wie
sehr staunten die Leute, als sie zu Anfang des jütischen Sommers hörten, der
Baron habe nun seine Hand von der Wiltwe Laxon abgezogen und dein Pfarrer
und anderen einflußreichen Leuten einen Wink gegeben, daß man sie als eine
erwiesene Hexe aus der Gegend vertreiben solle.

Hatten pch oie beid.-n Verbündeten um tue Beute gezankt? wollte der
Baron feinen Credit auf Kosten der armen Wittwe retten? würde sie etwa
allls gestehen, um sich an ihm zu rächen? diese und ähnliche Fragen gingen
unter den Thalbewohnern am Herdfeuer von Mund zu Munde.
Allein zum Erstaunen der Leute von Haklarsholm sagte die lapplän-
dische Wittwe:
„Schon gut! der gnädige Herr und der Pastor brauchen sich um meinet-
willen nicht zu bemühen; ich gehe schon freiwillig, sobald meine Kräuter trocken
sind und Jans Morten wieder zurückkommt. Ich habe etwas für ihn, besser
als die beste Arznei!"
Jans Morten kam auf seiner gewohnten Wanderung wieder nach Haklars-
holm ; jede Aussicht auf das behagliche Leben eines Freibauers war dem armen
Postboten benommen und nichts mehr geblieben als die Gräber seiner beiden
Söhne, die er jedesmal besuchte, so oft er ins Thal kam, und sein mühseliger
Beruf, der den alternden Mann dürftig nährte.
Das alte Kirchlein mit seinem es umgebenden Gottesacker stand mitten
in den Weidengründen, unweit von Wittwe Laxon's Hütte. Ihre Kräuter
mußten schon getrocknet und die Arznei für Jans fertig fein, denn als dieser
an einem Sommerabend um die Dämmerung an den Gräbern seiner Söhne
sta >d, schlich die Alte in ihrem gewöhnlichen Aufzug, aber mit einem Bündel
auf dem Rücken, das ihre ganze Habe enthielt, zu ihm heran, sprach einige
Minuten mit ihm, schlich sich dann wieder davon und wanderte das Thal
hinauf. Kein irdisches Ohr halte gehört, was zwischen den beiden verhandelt
worden war und Jans äußerte selbst gegen seine vertrautesten Freunde nichts
davon; aber Wittwe Laxon ward nicht mehr in Haklarsholm gesehen, ihre
verlassene Hütte siel in Trümmer und die meisten Leute meinten, das Thal
müsse sich freuen, sie los zu sein, — eine Ansicht, welche der Baron bei jeder
Gelegenheit energisch vertrat. Aber er überzeugte die Leute nicht, denn diese
sagten: „Er hat sie ausbezahlt und hält sich nun für sicher."
(Fortsetzung folgt.)
*** Briefe, innerhalb Rußland aufgegeben, werden nur noch in russi-
scher Sprache angenommen. In Rußland reisende Ausländer verstoßen oft
hiergegen, was zur Folge hat, daß der Brief zurückgelcgt wird.
 
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