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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 77-89 (2. Juli - 30. Juli)
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, Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.

Eine ernste Frage.
Von verschiedener Seite wird in glaubwürdiger Weise mitge-
theilt, daß ein Krieg mit Frankreich als bevorstehend erkannt und
daß aus Grund der im August 1866 mit Preußen abgeschlossenen
Schutz- und Trutzbündnisse den Regierungen der Südstaaten bereits
die Weisung Zugegangen sei, Aufstellungen zwischen Heidelberg
und Zweibrücken zu nehmen, da man nach dem preußischen Feld'
zugsplane nur diese Linien halten könne, das übrige Süddeutschland
schutzlos lassen müsse. Die gleiche Unmöglichkeit Süddeutschland
zu schützen, war von Preußen schon im Jahre 1866 erklärt wor-
den. Wir erlauben uns deßhalb an die großh. Regierung die
Frage zu richten, ob dem wirklich so ist? ob unser schönes Land
wirklich dem Feinde preisgegeben werden soll? Im Jahre 1849,
kurz vor der ruhmreichen Schlacht von Bronzell, haben wir schon
erfahren, daß Preußen, welches damals eiligst seine Armee aus dem
badischen Stiefel zurückzog, nicht die Macht besitzt, ganz Deutsch
land zu schützen und diese Befürchtung war einer der Gründe, der
uns immer abmahnen ließ, daß wir unsere Geschicke nicht unlös-
bar an Preußen knüpfen sollten. Für uns handelt es sich jetzt
um Sein oder Nichtsein: unser und des ganzen Vaterlandes Wohl-
ergehen und Fortbestehen ist gefährdet.
Wir müssen wissen, woran wir sind, — die Aufklärung, die
wir verlangen, darf uns nicht vorenthalten werden.
Süddeutschland.
* Heidelberg, 3. Juli. Die Köln. Blätter schreiben sehr
treffend: „Wenn wir des am 25. zu Worms gefeierten Lutherfestcs
gedenken, so thun wir es kühl bis an das Herz hinan. Wir an-
erkennen in Dr. Luthereinen der gewaltigsten Sterblichen; aber fein
Werk, die Zerstörung der kirchlichen Einheit, ist und bleibt in den
Augen des Katholiken ein unheckvolles und bezeichnet überdies für
Deutschland den Ansang seines politischen Niederganges. Seit mehr
als einem halben Jahrtausend hatte kein König von Frankreich ei-
nen Griff nach Lothringen und dem Elsasse gewagt, und noch Kai-
ser Karl V., Luther's Zeitgenosse, machte den französischen König
Franz I. zum Kriegsgefangenen; aber schon der Sohn dieses Kö-
nigs entriß dem durch Luther's Reformation entzweiten deutschen
Reiche die lothringische Hauptfestung Metz nebst den festen Plätzen
Tüll, Diedenhofen (Toul, Thionville). Seitdem ist die Nheingrenze
die fixe Idee der französischen Natron geworden; und ist nicht der
Oberrhein mit Straßburg, dem Thore Süddeutschlands, französich?
Erlitten nicht Worms und Speyer, die in der Reformationsgeschichte
hochberühmten Städte, schauderhafte Verwüstungen durch die fran¬

zösischen Heere, und sind an ihnen nicht heute noch die Brandmale
sichtbar? Deutschland kommt an Macht und Wohlstand, an Bür-
gersinn und Nationalgeist im Jahre 1868 dem Deutschlano vor
1517 so wenig gleich, als die heutige Stadt Worms der Reichsstadt
Worms vor vierhunoert Jahren."
* Heidelberg, 3. Juli. Der Bad. Beobachter berichtet vom
See, daßFrhr. v.Stotzingen zu Meersburg im Gastgaus „Zum
Bären" einen Vortrag über seine Thätigkeit im Zollparlament ge
halten hat. Eine große Zahl von Wühlern hatte sich eingefun
den und nach dem Vortrage des Herrn Abgeordneten erf.eute tue
herrliche Stavtmusik die Anwesenden durch ihre Vorträge. Jno.ss n
hatten sich die Gegner vorgenommen, diese Versammlung .uchr
ohne Störung vorübergehen zu lassen, und alte Bekannte von der
Radolfzellsr und Markoorfer Sorte, von jenen Leuten also, die
damals ihre andersdenkenden Mitbürger mit den infamster. B u-
talitäten auseinander getrieben, hatten sich in der Vnsammluug
eingefunden, unter denen auch Fabrikant Honecker und Herr Lttz
von Constanz, der sich in der Rolle des Hanswursts zu gefall n
pflegt und deßhalb den Ehrentitel „der Spaßmacher vom S.c"
führt. Auch eine Reihe serviler Schulmeister war in ih-ml Ge
folge gekommen und hatte sich breit am besten Tische des Laacks
niedergelassen. Diesmal indessen blühte kein Weizen fuc oHe
Sorte von Menschen; sie wurden gründlich blamirt, als sie mre
abgedroschenen, verlogenen Redensarten zum Besten geben noüceu
und haben es nur der übermäßigen Rücksichtsnahme des Fr-yin
v. Stotzingen zu verdanken, daß man sie nicht an die Luft .nutze
hat, wie in Grünsfeld einem frechen Bürschlein aus der Drucken
der Tauber geschehen ist, die dem Herrn Amtmann Schmied, i. so
nahe steht. Dieses Bürschlein hatte nämlich nach der Rede Bifs.ug's
zu einigen neben ihm Stehenden sich die rohesten Schimpfwo.re ud r
die Geistlichen erlaubt, ja sogar den Namen „Hunde" füllen
lassen, worauf man das Subject ohne irgend welches Aufsehen zu
erregen in's Freie brachte. Hätte der Abg. Vissing es ruch- aes
feinen ausdrücklichen Wunsch ausgesprochen, daß dem Bcknich.n
kein Leid geschehe, so wäre er wohl weniger glimpflich ou.chge
kommen. Was derartige Störungen unserer Versammlungen oe
trifft, so meinen wir kurz und einfach Folgendes. Wir besuch--.,
die Versammlungen unserer Gegner nicht und würden auch, w a>.
wir dort Einsprache erheben wollten, unfehlbar Mißhandlungen
ausgesetzt sein. Unsere Gegner haben aber außerdem unsere V r
sammlungen in Radolfzell, Markdorf, Mannheim, Neckarsteinach
u. s. w. mit Waffen auseinandergesprengt und die Unsrigen auf
die empörendste, bubenhafteste Weife mißhandelt und verwundet.

Skizzen aus Ost-Indien.
Nou einem deutschen Seemanne.

(Fortsetzung.)
Wir machten uns also auf den Weg. Batavia und Molenvliet ließen wir
bald hinter uns und stiegen die sanfte Anhöhe hinan, auf welcher Weltevreden
liegt. Ein hübsches ebenerdiges Haus, welches in der Mitte einen Oberbau
hatte, und daran eine geräumige Veranda, wurde uns als die Wohnung des
Majors M. bezeichnet. Auf einen kräftigen Zug an der Glocke erschien ein
Malaye, der aber holländisch sprach und uns den Eintritt in's Haus gestattete.
Herr M. kam sehr bald und begrüßte uns herzlich. Wir mußten ihm die Ge-
schichte des vergangenen Abends erzählen, und er gratulirte uns, daß wir so
gut davon gekommen waren, dann brachte ein malayischer Diener eine Flasche
Arac, ein anderer einige Ananas, welche wir uns gut schmecken ließen, trotz-
dem uns bei der Ankunft auf der Rhede der Ruf empfangen hatte: Nehmt
euch vor Ananas in Acht! Die einzige Vorsicht, welche man beobachten muß,
ist die, kein Wasser nach den Ananas zu trinken; da wir jedoch Arac hatten,
so fürchteten wir nichts. Nachdem wir noch unsere kleinen Officiersmützen mit
großen Relsstrohhüten vertauscht, führte uns der freundliche Hausherr in den
Hof seines Hauses und wir sahen jetzt, daß das Haus ein regelmäßiges großes
Quadrat bildete, worin ein herrlicher Hof mit blühenden tropischen Gewächsen
und ernem klaren Teiche war. Dieses klare Wasser erhielt er durch eine
Wasserleitung, welche die Stadt von Buitenzora (Sorgenfrei), Residenz des
Elements holländische Meilen von Batavia, her mit dem klaren
. . « lffß uns nicht ohne Mahlzeit fort. Ein Huhn mit Reis bil¬
dete die Hauptsperse, welcher eine galleartige Suppe von Schwalbennestern vor-
ausging. Dann zündeten wir uns eine feine Manilla-Cigarre an und ver-
ffßen mit unserem freundlichen Wirth, der selbst Schiffsrheder und einer der
stärksten Actionare der holländischen Handelsgesellschafft ist, Weltevreden. In
kurzer Z e,t hatten wir die öde traurige Rhede wieder erreicht, wo die vom
Land gekommenen Arbeiter schon mit dem Löschen der Ladung beschäftigt

II. Singapore.
Wie der Amokläufer eine Specialität Batavia's, so ist der Tiger eine
Specialität von Singapore; man verstehe uns richtig, wir meinen nicht oen
menschlichen Tiger, sondern den leibhaftigen Tiger, welcher in den ost-indischen
Junglen haust und die Unglücklichen, welchem seine Nähe kommen, gemütylich
zerreißt und auffrißt. Singapore, die bedeutendste Handelsstadt im asiatischen
Osten, liegt bekanntlich auf einer kleinen Insel, welche von der Halbinsel Ma-
lucca nur durch eine etwa 2 englische Meilen breite Wasserstraße getrennt ist.
Die Tiger, welche auf der Halbinsel in erschreckend großer Anzahl ver-
treten sind, schwimmen über die kleine Meerenge und man kann solchen Bestien
sogar in den Straßen von Singapore begegnen. Einem solchen Feinde gegen-
über nützt aber das Mittel nicht, welches man häufig bei einem Zusammen-
treffen mit einem Löwen anwendet (wenn man anders dem französischen
Löwenjäger Jules Gerard und Anderen glauben soll), nämlich, die Bestie starr
anzuschauen. Der Löwe flieht vor dem menschlichen Blick, der Tiger bückt sich
zum Sprunge und zerreißt den Menschen, wenn letzterer ihn nicht mit einem
Schüße tödtet.
Wir waren gegen Sonnenuntergang in den Hafen eingelaufen und obgleich
wir nur die verhältnißmäßig kurze Reise von Sydney nach Singapore gemacht
hatten, so regte sich doch die bei dem Seemanns so natürliche Lust in uns,
an Land zu gehen. Wir hatten bereits für uns selbst und für die Matrosen,
welche dienstfrei waren, die Erlaubniß beim Capitän nachgesucht und erhalten
und wollten gerade fortgehen, als uns der Capitän (auf Handelsschiffen immer
der Alte genannt) zurückries und uns sagte, er wolle uns eine Geschichte er-
zählen, die ihm vor einem Jahre eben in Singapore passirt sei.
(Fortsetzung folgt.)

Würzburg. In den ärarischen Leistenweinbergen wurden am 24. Juni
die ersten weichen Trauben gefunden. Der hiesige Wollmarkt wird am 13.,
14. und 15. Juli abgehalten.
 
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