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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 14-26 (2. Feburar - 29. Februar)
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M 25._ Donnerstag dea 27. Februar 1868.


Erklärung.
In der heutigen Nummer 47 der Karlsruher Zeitung bringt
dieselbe als definitives Abstimmungsergebniß für den VIII. Wahl-
bezirk folgendes Resultat: Lamey 7887, Lindau 9140. Nach der
officicllen Erklärung des Wahlkommissärs, Herrn Sradtdirektor
Schaible, in Rastatt an mich, sind im ganzen Bezirke 18,382
gültige Stimmen abgegeben worden, von welchen 9140 auf mich
gefallen sind. Es können deßhalb auf meinen Gegencandidaten
nur höchstens 7242 Stimmen gefallen sein.
Im Interesse der Wahrheit und dem Lande gegenüber das
richtige Stimmenverhältniß zu wahren, halte ich mich verpflichtet
diese Erklärung zu veröffentlichen.
Heidelberg, 25. Februar 1868.
Jakob Lindau.

* Die Rache der Ultramontanen.
Der Kampf ist ausgekämpft. Mit einer Niederlage, wie sie
Baden in seinem constitutionellen Leben noch niemals gesehen hat,
ist er beendigt. Die Streiter überließen diesmal die Entscheidung
nicht mehr einer Schaar von Leithammeln, sie standen Leib wider
Leib einander gegenüber. Und darin liegt gerZde die hohe Bedeu-
tung des Sieges, darin liegt die sicherste Bürgschaft, daß in unferm
schönen Lande das exotische Gewächs des Gothaisnius nicht mehr
Wurzel fassen kann, darin liegt auch die Gewißheit, daß der Ein
fluß einer übermüthigen Büreaukratie vernichtet ist.
Würdig der bisherigen Mittel, mit den sie sich an's Ruder
geschwungen und daran erhalten haben, ist nunmehr das Verhalten
der Besiegten. Im ehrlichen Kampf durch unsere Faust zu Boden
geworfen, greifen sie noch zum Dolche, um ihn meuchlings in die
Seite des Siegers zu stoßen. Leset, Ihr deutschen Brüder, diesseits
und jenseits des Mains die gothaische Sudelpresse, forschet nach
als ehrliche Männer, mit welchen Waffen auf beiden Seiten ge-
kämpft wurde, — und wir sind dessen sicher: Ihr verurtheilt ein-
milchig das Gebühren des bis zum letzten Athemzug noch immer
tückischen Feindes.
Wir sind Sieger. Der Sieger wird sofort seine Bedingungen
stellen, der Sieger wird seine Rache nehmen. Rache? Ja, er
wird sie nehmen und wir wollen sie Euch im Voraus verkünden.
Der Troß der Gegner wollte uns als Vaterlands-, als hei-
mathlose Geschöpfe oft genug kennzeichnen. Ec hat uns vorgewor-
fen, einen Bund mit den überrheinischen Nachbarn geschlossen zu

haben, er hat aus unserem Abscheu gegen den Brudermord vom
Jahr 1866 ein Verbrechen gemacht. Und wie werden wir uns da-
gegen rächen? Wir rächen uns mit des Dichters Wort:
„Das ganze Deutschland soll es fein!"
Und wenn die Locomotive von dieseits des Mains noch einige
Zeit aufgehallen ist, um diesen Fluß nordwärts zu überschreiten,
so wollen wir einstweilen den Südbund Herstellen, der uns aus
den Trümmern von 1866 als ein Stützpunkt erscheint, um eben-
sowohl unsern deutschen Brüdern in Oesterreich, als wie jenen an
der Nord- und Ostsee, insbesondere Euch, Ihr ungebeugten Schles-
wig-Holsteiner und Hannoveraner, die Hand zu reichen. Das ist die
Rache der „Vaterlandslosen" in Bezug auf Deutschland.
Und nun gelangen wir zur Rache bezüglich der Zustände des
engeren Vaterlandes. Als Katholiken bringen wir zunächst dem
Allmächtigen unseren Dank, daß er uns zur Erkenntniß unserer
Lage gnädig geführt, daß er seine schützende Hand, wie erst vor
wenigen Wochen für das sichtbare Oberhaupt unserer Kirche, so
auch jetzt für uns in Baven erhoben hat. Frei und offen treten
wir vor die Protestanten unseres Landes hin mit der Frage: haben
wir Euch seit langen Jahren Ursache zur Unduldsamkeit und Ver-
folgung gegeben? Haben nächt Katholiken und Prostanten bis zum
Jahre 1860 in Frieden und Freundschaft gelebt? Hatte jemals
eine katholische Stimme fick in Euere Streitigkeiten gemischi, als
die Airlutheraner eine Spaltung Eurer Kirche hervorzurnfen
drohten, als die Einführung der Agende den Anlaß zu den gehäs-
sigsten und leidenschaftlichsten Kämpfen unter Euch gab? Doch wie
war das Verhalten Eurerseits gegenüber von uns? Denkt an
das Benehmen zur Zeit des Ronge'schen Spektakels, denkt an den
Concordatsstreit! Wo blieb die „sittliche Entrüstung", in der das
Gothaihum so vrele Geschäfte machte, als wir von der Regierungs-
bank im Ständesaal „Gimpel" genannt wurden, als das katho-
lische „Schwarzwild" in Mannheim ausgehauen werden sollte, als
eine katholische Versammlung in Radolfszell durch Nohherr gesprengt
wurde, denkt an den Tag von Neckarsteinach und Lauda und noch
mehr erinnert Euch, daß wir als „Halsabschneider" der Prote-
stanten öffentlich gebranvmarkt wurden. Kein Staatsanwalt gab
uns Sühne für letzteren ungeheueren Schimpf, nur ein einziger
Landescommissär wagte es öffentlich zu thun, — darum Ehre
diesem wackeren Manne! Für solche schreiende Unbilden — das
müßt Ihr zugestehen — dürfen wir Rache üben. Wir üben sie:
wir bieten Euch die Hand dar, wir wollen Brüder sein mit Ench,
wir beten ja den gleichen Gott an, und wenn Ihr meint, daß die
Art Eurer Anbetung die bessere sei, so wollen wir Euch dieffn

Der schwarze Gentleman.
Aus den Erinnerungen eines Arztes.

(Fortsetzung.)
Liebenswürdig und von allen geliebt, besaß sie, wie alle offenen Naturen,
ein unbedingtes Vertrauen zu Denen, an welche sie heilige Bands knüpften.
Hatte Edmund unter Aussicht des Vaters eine gründliche Bildung empfangen,
fo betrachtete er es jetzt als seine Pflicht, seinerseits für die Erziehung der
Geschwister zu sorgen, über welche er einen unbeschränkten und ungewöhnlichen
Eindruck ausübte. Felix war stolz auf seinen Bruder, und Julie betrachtete
den stolzen, schönen, ernsten und doch stets freundlichen Gelehrten nur mit der
schwärmerischen Bewunderung, welcher sich junge Mädchen von enthusiastischem
Naturell so gern hingeben. So verflossen die Jahre unter Studien und un-
schuldigen Freuden, bis die Zeit kam, wo Felix daran denken mußte, sich in
einer Militärschule auf die Laufbahn, der er sich widmen wollte, vorzubereiten.
Edmund benutzte die ihm daraus erwachsende Freiheit, um dem lang gehegten
Wunsch nach einer längeren Reise zu genügen. Damals beschäftigten gerade
die Wunder des Orients die Gemüther aller Derer, welche sich für die Zeugen
aller untergegangenen Geschlechter interessirten, und die Sammlungen orienta-
lischer Alterthümer im Britischen Museum sowohl wie in Paris flößten Ed-
mund das heiße Verlangen ein, Egypten, welches er als die Wiege der euro-
päischen Cultur betrachtete, zu besuchen. Kaum keimte dieser Gedanke in ihm,
als auch schon zur Ausführung geschritten wurde. Schon nach einigen
Wochen befand er sich an Bord eines auf seine eigenen Kosten vollständig aus-
gerüsteten Schiffes auf dem Nil, begleitet von einem Dollmetscher, welchen der
englische Consul ihm empfohlen hatte, ausgerüstet mit seinem Herodot und
Strabo, sowie mit einem speciell für ihn aus Constantinopel erlangten Firman
des Sultans. (Von seinem mit wissentlicher Sorgfalt geführten Tagebuch hatte
Graf R. für mich nur einige Zeilen herausgehoben, deren Inhalt ich hier kurz
Wiedergeben muß).

Unser Reisender befindet sich in Theben, auf der kolossalen Marmorterasse,
von welcher sich im Angesicht des Nils der Tempel des Jupiter Ammon empor-
hebt. Eine von sechshundert gigantischen Sphynxen gebildete Gallerie führt
zu diesem kolossalen Gebäude, in welchem jeder der hundert von dreißig Säu-
len getragenen Hallen bequem eine Cathedrale des Mittelalters in sich auf-
nehmen könnte. Kraft des Firmans, welcher ihn zu Nachgrabungen berechtigte,
hatte der Graf Edmund mehrere Abtheilungen von Arbeitern auf verschiedene
Punkte der in der Nähe befindlichen Katakomben vertheilt. Er selbst hatte sich,
um ungestörter arbeiten zu können, allein aus die Terasfe begeben, und zer-
trennte eben den Bysfus, welcher die Mumie eines jungen Mannes, und allem
Anscheine nach die eines königlichen Prinzen seit Jahrtausenden geschützt hatte.
Diese Reliquie aus uralter Zeit war so trefflich erhalten, wie er es nur wün-
schen konnte, und auf den Beobachter hätte es einen eigenthümlichen Eindruck
machen müssen, diese beiden jungen Männer einander gegenüber zu sehen —
den einen seit Jahrtausenden todt, den Andern in der Blüthe des Lebens.
Die Mumie schien den Lebenden, der Lebende die Mumie zu befragen, und
Beide schienen in gleichem Maße vom Anblick des Andern überrascht zu sein.
Wie der Botaniker aus den vertrockneten Blättern, welche ihm vorliegen, sich
die frischen, duftigen, farbenprächtigen Blumen construirt, so war es Edmund ge-
geben, nach der vor ihm ausgestreckten Mumie sich ein Bild des Lebenden zu
vergegenwärtigen. Dieser Königssohn, welchen er soeben aus dem tausend-
jährigen Dunkel des egyptischen Grabes entrissen, erschien ihm jetzt in der
melancholischen Schönheit frühreifer Jugend.
Nach dem unabänderlichen Brauch der alten Egypter war der Mumie ein
Pergament beigegeben, und Edmund machte sich an die Entzifferung dieses
Documents. Schon oft war es ihm, mehr durch einige glückliche Combinations-
gaben als durch beharrliches Studium, gelungen, die hieroglyphischen Bilder
mit Erfolg zu deuten, welche die wenigen abweichenden Formen des Wanderns
der Seele von ihrem Scheiden aus der menschlichen Hülle bis vor die
Waage des ewigen Richters bezeichnen, wobei zwei Genien ihr als Begleiter
dienen.
(Fortsetzung folgt.)
 
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