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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 1-13 (2. Januar - 30. Januar)
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Dienstag den 14. Januar

Preis vierteljährl. 40 !r. ohne
Hs Trägerlohn und Postaufschlag.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeil«.

Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.

/X Woher und Wohin?
Es ist in unseren Tagen schon Vieles darüber gesprochen
und geschrieben worden, was denn eigentlich das Freimaurerlhum
als letztes Ziel anstrebe; gleichwohl dürfte es sich für jeden wahren
Christen weder als nutzlos noch als interesselos erweisen, das End-
ziel dieser Geheimbündelei zur ernsten Erwägung und Beherzigung
sich von Zeit zu Zeit wieder vor die Seele zu führen, um sowohl
die gegenwärtige Weltlage im Allgemeinen, als auch im Besonderen
die politischen, socialen und religiösen Verhältnisse, wie sie sich uns
zur Zeit in den einzelnen europäischen Ländern darbieten, aus
ihrem letzten und innersten Grunde verstehen zu lernen. Daß der
geheime Logenbund eine antikirchliche (resp. antichristliche) Thätig-
keit entwickelt, darüber ist die Welt, Dank der Offenherzigkeit man-
ches Logenmannes nicht mehr im Zweifel, denn sie ist eine zu offen-
liegende Thatsache, als daß sie noch bestritten werden könnte. Die
Losung ist ausgegeben, sie lautet auf Vernichtung der römischen
Kirche oder mit anderen Worten: man will den altehrwürdigen
tausendjährigen Bau der römisch-katholischen Kirche nach Art und
Manier der Maulwürfe unterwühlen, damit er so eines Tages
unter dem Hohngelüchter und Händeklatschen der staunenden nnd
enttäuschten Welt mit gewaltigem Gekrach — wie vonselber —
Zusammenstürze. Halten wir dies als ausgemachte Thatsache fest,
so werden viele, ja die meisten Erscheinungen unserer Tage ihre
genügende Erklärung finden: Soll die Kirche allmählig vernichtet
werden, w muß ihr vor Allem jeglicher Nachwuchs geraubt d. h.
es muß die Jugend ihren Armen entrissen, ihrem Einflüsse ent
zogen werden, eingedenk der Erfahrungswahrheit: wer den Knaben
hat, der hat den Jüngling, und wem der Jüngling gehört, dem
ist auch der Mann: — wer die Jugend hat, der hat die Zukunft.
So sehen wir denn allerwärts den Kamps entbrennen um die
Schule, einen Kampf um jene Stätte, wo das Heranwachsende
Geschlecht seine Erziehung, seinen Unterricht, seine Grundsätze für
bas Leben, kurz seine künftige Lebensrichtung zu empfangen hat.
Daher das Streben von einer gewissen Seite, die Schule ihres
confessivnelleu Charakters zu entledigen, sie zu rationalisiren, den
religiösen Unterricht möglichst zu beschränken, die übrigen Unter-
richtsgegenstände vor jeder religiösen Beimischung sorglichst zu
schützen und zu bewahren, rationalistische Lesebücher, Geschichts-
bücher rc. in der Schule einzuschmuggeln. Oder ist es etwa nicht
so? Was ist denn die Tendenz aller jener vielredenden Männer,
jener Helden im Worte, die da auf der ganzen Linie von Wien
bis Karlsruhe wie auf Commandoruf mit so heißem Blute und

so kecker Stirne für das nagelneue Schulgesetz in die Schranken
treten ?
Aber noch mehr. Wir ersehen aus einem großen Theil der
Presse und können nicht unzweideutig erkennen aus mancher
Rede, wie man von einer gewissen Seite her bemüht ist, das
ckiviäs st iinpsra (theile und herrsche) an der kath. Einheit
in Anwendung zu bringen. An die Einheit in der Lehre, in der
Regierung und im religiösen Leben ist der Bestand der kath. Kirche
geknüpft, das wissen nicht wir allein, das wissen auch unsere
Feinde; daher der Eifer, die Emsigkeit, wenn es gilt, Zwmracht
zu säen im kath. Lager, daher das unverkennbare Streben, die
Gemeinden gegen ihren Seelsorger, die Priester gegen ihren Ober-
Hirten aufzuhetzeu, und überhaupt die Herzen der Katholiken dem
Haupte der großen kath. Gemeinschaft, dem hl. Vater zu ent-
fremden. Wer nur ein wenig in der gegnerischen Presse seit
Jahr und Tag sich umgesehen, dem dürften Belege hiefür nicht
fehlen.
Ist es ferner wahr, daß es Endzweck der Maurer ist, unsere
Kirche vom Leben zum Tode zu befördern, so wird es auch keine
Erklärung bedürfen, warum „man" den Abfall vom Glauben
und katholischer Gesinnung so gerne sieht und befördert,
warum man so eifrig bemüht ist, das gläubige Volk seinem Glau-
ben und seiner Kirche zu entfremden; bann braucht man auch nicht
mehr zu fragen, woher denn der giftige Haß und Ingrimm
gegen alles das komme, was irgendwie geeignet ist, den kath. Sinn
und das kath. Leben zu erwecken und zu befördern. Warum hätte
man so gerne die Feiertage abgeschafft? Warum sind die
Volksmissionen so Vielen ein Dorn im Auge? Warum ist man
denn so verfolgungssüchtiq gegen eifrige, berufstreue Priester, streut
dagegen jenen Geistlichen mit so vollen Händen Weihrauch, die da-
von das Gegenrheil sind? Und von welcher Seite kam denn der
Ruf: schlagt ihn tobi, den Hund, er ist ein Jesuit?
Ist es endlich wahr, daß die Hammerschläge, die wir beson-
ders m unfern Tagen so hageldicht fallen hören, der römischen
Kirche gelten, so weroen wir auch nicht weiter nach Gründen zu
fragen brauchen, um den gewaltigen Sturm gegen die Hierarchie,
oder, um mit den Feinden zu reden, gegen das „Pfaffenthum"
verstehen zu können. Wer sich mit dem Gedanken trägt, der römi-
schen Kirche das Lebenslicht auszublasen, dem muß selbstverständ-
lich als Haupthinderniß der Clerus und sein Einfluß auf das Volk
im Wege stehen. Will man daher glücklich zum Ziele gelangen,
will man zum Heiligthume vordringen, so müssen zuerst die Wäch-
ter desselben niedergeworfen werden, denn es muß dem Geistlichen

Abenteuer eines englischen Polizeiofficianten.

(Schluß.)
„Befreien Sie mich von meinen Fesseln, verschaffen Sie mir ein Mittel
zu entrinnen und morgen wird Ihre Tochter in Ihren Armen liegen. Wenn
nicht, so stirbt mein Geheimnih mit mir."
Rasch erhob sie sich, stürzte nach einem Dolche, der auf dem Tische lag,
und zerschnitt die Stricke, womit ich an die Mauer gebunden war.
„Hier noch ein Glas Wein!" rief sie in wahnsinniger Aufregung, „Sie
haben es nöthig. Jetzt, während ich die Thür verriegle, reiben Sie Ihre er-
matteten Glieder noch mit Wein ein."
Nachdem die Thür verriegelt war, rieb sie mich noch selbst ein, um die
unterbrochene Circulation des Blutes wieder herzustellen, und öffnete dann
leise ein Fenster.
„Sie können nicht versuchen," sagte sie, „sich gegen die Männer, die unten
sind, zu stellen. Sie müssen durch dieses Fenster so schnell als möglich ent-
fliehen." Sie zeigte mir dabei eine Wafserrinne, welche vom Dache bis bei-
nahe zur Erde führte.
„Und Sie?" fragte ich, „wie werden Sie entrinen?"
„Wir sind," sagte sie rasch, „beinahe eine halbe Stunde von Hampstead.
Auf der Hälfte des Weges steht ein Haus, laufen Sie so schnell wie möglich
und holen Sie von dort Hülfe, aber beeilen Sie sich ! Der Riegel an der Thüre
wird wohl so lange widerstehen. Aber Sie täuschen mich doch auch nicht?
„Nein, ich versichere Sie,"
Das Hinabgleiten, welches ich versuchen wollte, war schwierig, ja selbst ge-
fährlich, indeß kam ich glücklich zur Erde und lief in aller Eile in der Rich-
tung nach Hampstead.
Ich war noch nicht lange gelaufen, als ich plötzlich den Hufschlag eines
Pferdes hörte. Ich hielt an, um sicher zu sein, daß ich mich nicht irre. Da
vernahm ich öfters einen lauten Schrei, er drang aus der Richtung, von wel-
cher ich herkam, zu mir herüber und wiederholte sich kurz darauf.

„Ohne Zweifel," sagte ich mir, „sind es die beiden Verbrecher, welche
meine Fiucht entdeckt haben und mich nun verfolgen."
Unterdessen näherte sich das Pferd, welches ich gehört hatte, in vollem
Trabe. Es war das eines Polizeiagenten, welcher eine Patrouille machte.
Nur die Vorsehung konnte ihn mir gerade jetzt geschickt haben.
„Um's Himmels Willen !" schrie ich, „helfen Sie eine Frau retten, die
sich im Augenblick in den Händen zweier Erzschurken befindet!"
„Setzen Sie sich hinter mich auf's Pferd!" rief er mir zu.
„Hier bin ich schon!"
Das feurige Thier jagte im Galopp dahin, als ob es verstanden hätte,
daß es sich beeilen müsse, und in wenigen Augenblicken waren wir an dem
Hause, aus welchem ich soeben entronnen war.
Marie Düsquesne lehnte sich soweit zum Fenster heraus und schrie so
laut wie möglich. Wir drangen in das Haus. Niemand war im untern
Stock. Eilends stiegen wir die Treppe hinauf, von wo das laute Geschrei Le-
vasseurs und Dübarle's erschallte, die sich anstrengten die Thüre einzudrücken.
Ihr Wuthgeheul verhinderte sie, das Geräusch unserer Tritte zu hören. Mar-
tin bemerkte uns zuerst, und es gelang ihm, zu entrinnen, woran mir indeß
im Augenblick nicht das Geringste gelegen war. Levasseur feuerte, als er
mich gewahrte, seine Pistole auf mich ab, fehlte aber. In dem nämlichen Augen-
blick stürzte ich mich mit einer Wuth auf ihn, der ich mich nie fähig gehalten
hätte, nnd knebelte ihn, während mein Gefährte seinerseits Dübarle überwäl-
tigte. Zwei Stunden danach waren die Verbrecher im Gefängnisse.
Den andern Tag suchte ich der Maria Düsquesne mit der größten Vor-
sicht mitzutheilen, daß ich über ihre Tochter leider nichts wisse. Aber sie war
nicht im Stande, diese Enttäuschung zu ertragen. Von neuem wurde sie wahn-
sinnig und mußte nach Bedlam gebracht werden, woselbst sie zwei Jahre ver-
blieb. Daun aber, als sie wieder geheilt war, verschaffte ich mit Hülfe meiner
Freunde das nöthige Geld, womit sie sich nach Paris begab. Dort habe ich
sie seit jener Zeit wieder gesehen und es schien ihr ganz gut zu gehen.
Levasseur und Dübarle, nachdem der Erstere noch eingestanden hatte, daß
er es gewesen sei, welcher mich auf dem Leicester-Square ermorden wollte, wur-
den zu lebenslänglicher Deportation verurtheilt.
 
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