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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 14-26 (2. Feburar - 29. Februar)
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Dsnnerstag und Samstag.

für Stadt

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Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.



15.

Dienstag den 4. Februar


Die Katholiken-Versammlung in Köln.
(Nach den Kölnischen Blättern.)
(Fortsetzung.)
Nach Herrn Lindau betrat Herr Moufang aus Mainz die
Rednerbühne.
Regens Domcapitular Dr. Moufang aus Mainz begann
seine prachtvolle, begeisterte Rede, die fast eine Stunde dauerte
und wiederholt von stürmischem Beifall unterbrochen wurde, mit
der Betrachtung, wie schön es sei, für die Kirche, für die höchsten
geistigen Güter in den Kampf einzutreten. Jetzt sind herrliche
Tage, sagt er, Tage des Kampfes, fchöne Tage für den, der Au
gen hat zu sehen, was Gott thut. Redner ist der Zuversicht,
Gott habe die Absicht, die Welt aus ihrer jetzigen Erniedrigung
emporzuheben zu neuem geistigen Leben; als einen Beweis des
sen betrachtet er die anwesende große Versammlung. Nichts aber
bringe eine Nation tiefer herab, nichts bringe der Welt mehr
Unheil und Schaden als niedrige Anschauungen und falsche Ideen,
nichts erhebe die Völker mehr, als wenn sie sich von großen Ideen
begeistern und leiten ließen. Das beweise die Geschichte. Eng-
land war vor 100 und noch vor 50 Jahren nicht bloß reich,
sondern auch groß; denn es hatte eine Politik, die aus Principien
beruhte, es hatte Staatsmänner, die sich von großen Ideen leiten
ließen. Aber es ist anders geworden; die Baumwolle und die
Steinkohlen sind jetzt maßgebend; England trifft seine Entschei-
dung jetzt einzig nach den Interessen des Handels und der In
dustrie: Alt-England's Stimme gilt aber jetzt wenig mehr im
Rathe der Völker, seine Minister sind gehorsame Diener der mer^
canülen Interessen geworden. In Frankreich hat das Kaiserthum
von 1852 versprochen, eine Periode des Wohlstandes herbeizu
führen, aber ganz verkehrte Wege dazu eingelchlagen durch den
Luxus und den Finanzschwindel, den es angeregt. Seine Politik
habe weder seine Ehre noch seine Größe gefördert; 1859 habe es
einen ungerechten Krieg geführt, und jetzt sei der pfiffigste aller
klugen Regenten so schwach geworden, daß er sich sogar „ uns,
den Ultrumontanen" in die Arme geworfen habe. In Amerika
war eine große, herrliche Vereinigung von 36 Staaten; aber
der Geist Washingtons, der Geist der Freiheit, Mäßigung und
Redlichkeit ist geschwunden, Gelderwerb das höchste Ziel geworden,
und so ist die stolze Union dahin gekommen, daß nach jahrelan
gem Bruderkriege die Hälfte der Nation ohne alles Recht ist und
die ganze nordamerikanische Freiheit in Frage steht. Schon Las
ganze 18. Jahrhundert war in den civiltsirtesten Staaten Euro
pa's ohne alle höhere Idee im öffentlichen Leben, darum wurde
es von der französischen Revolution in den Staub getreten. Wie
ist Oesterreich heute arm und schwach, daß die Minister in der
Hauptfrage der Gegenwart, in der römischen, glaubten sich neu
tral halten zu müssen. Aber mau hat dort auch seit 40 Jahren
das Volk behandelt, als sei gut Essen und Trinken die Haupt'
fache. Ein ideenloses Volk aber verdient Schläge, es ist reif zur
Sclaverei. So sei es wahr, daß gemeine Anschauungen und
falsche Joeen ein Volk zu Grunde richten; aber eben so wahr,
daß wahre und große Ideen ein Volk erheben und verjüngen. Im
10. und 11. Jahrhundert lag das christliche Volk danieder; das
Salz der Erde war schal geworden, die Fürsten begünstigten die
Niederträchtigkeit im Clerus. Da warf Gott die große Idee
der Kreuzzüge hinein, und es hob sich der Glaube, die Sitten
wurden geläutert, Künste, Handel, Gewerbe, Bürgerthum und
Freiheit wuchsen in den folgenden Jahrhunderten empor. Und
was geschah zu unserer Väter Zeit? Als Deutschland niederge-
treten, als unsere Könige antichambrirten, um dem Sohne der
Revolution zu huldigen, da habe Gott in das Volk die Idee seiner
Selbstständigkeit, feines Rechts und seiner nationalen Existenz ge
warfen, nnd was habe die Idee gewirkt! Das Abschütteln der
Fremdherrschaft sei das Wenigste; aber das matte Deutschland,
wie fei es erstanden! Was damals geschehen, wolle Gott wieder
thun; falsche Ideen beherrschten Alles, wo aber der Geist Gottes
wehe, da wehe der Jrrthum weg und begeistere man sich an der
Wahrheit. Das fei die Bedeutung des Kampfes, den Pius kämpfe,
und den wir mitkämpfen. Es handele sich nicht um ein paar
Quadratmeilen Landes, sondern um große Ideen, die der heil.
Vater vertrete. Unter diesen Ideen sei vornehmlich die Gerechtig-

keit. Sie sei die Grundlage aller Staaten. Man habe gesagt,
Gewalt geht vor Recht, aber Recht bleibe Recht beim Herrgott
im Himmel und Unrecht bleibe Unrecht. Wo sind die Cabinete,
die diese Ideen der Gerechtigkeit vertreten? Nur Einer sei da,
der das Recht vertrete, Pius IX.; er vertrete nicht nur sein Recht, son-
dern das Recht aller Confessionen. Diese Idee der Gerechtigkeit müsse
oben bleiben, so wahr ein Gott im Himmelsei! Eine andere Idee sei der
Werth der geistigen Güter. Diese verstehe die Welt nicht mehr,
vie nur an's Verdienen und Geldmachen und den Erwerb mate-
rieller Güter, an den Mercantilismus und Industrialismus denke.
Wieder sei Einer, der das nicht thue, der die Menschheit mcht
versinken lasse, der die geistigen Güter schütze, — der Papst.
Eine fernere Haupt-Idee sei die Unabhängigkeit der religiösen Au-
torität. Im Heidenthum, wo die staatliche und religiöse Auto-
rität noch verwachsen gewesen, habe man keine Gewissensfreiheit
gekannt; das Christenthum habe beide selstständig neben einander
hingestellt, und 1500 Jahre lang seien sie geschieden gewesen, bis
die Reformation den Grundsatz aufgestellt: Wessen das Land sei,
ver habe die Religion zu bestimmen. Daher stamme die allmälig
fortschreitende Irreligiosität der gebildeten Klassen, da man sich
nicht die Religion vom Landesvater wollte vorschreiben lassen.
Autorität müsse es in Sachen der Religion geben, aber diese
müsse frei und unabhängig sein, — das sei die Bedeutung
des jetzigen erhabenen Kampfes. Endlich komme in der Reihe der
großen Ideen die Ideen der Einheit und Zusammengehörigkeit
aller Völker der Christenheit. Die Idee der Nationalität sei
gefälscht und verderblich ausgebeutet worden. Ein Beispiel gebe
Oesterreichs Sprachenkampf — Nationalitäten und Sprachen stän-
den sich hier feindlich gegenüber. Das Christenthum wolle aus
der ganzen Welt eine Familie, ein Reich Gottes machen. Diese
Idee, die schönste, die es gebe, werde in dem Kampfe verwirklicht,
den der Papst führe; seine Armee bestände nicht aus Deutschen,
Franzosen, Belgiern, nur aus treuen Söhnen des heil.
Vaters aus der ganzen Welt. Das Blut von Mentana
gebe allen Katholiken eine Blutsverwandtschaft, wie sie nicht schöner
zu denken sei. Die Welt brauche große Ideen, aber auch große
Männer, welche diese verwirklichen; diese seien dann die Werkzeuge
Gottes. Unser Herrgott schicke sie von Zeit zu Zeit, um die Welt
emporzuhebeu. Männer wie Leo der Große, Gregor der Große,
sollten für 1000 Jahre das Papstthum zum politischen Central-
punkte machen, der hl. Venedictus seinen Orden gründen, um die
Schätze der Wissenschaft und Civilisation zu retten, Karl der
Große die Idee des abendländischen Kaiserthums verwirklichen.
Als dies Kaiserthum seine Macht gemißbraucht, habe Golt einen
Gregor VII. und Jnnocenz III. gesandt, um die Idee der Frei-
heit der Kirche zu verwirklichen, um im Anfänge des Jahrhunderts
einen Pius VII., um die Freiheit des Gewissens zu vertreten
gegen den Despotismus. Auch Köln habe seinen Clemens August
gehabt, als die Kirche als Magd vor der Bureaukratie gestanden.
Es sei seitdem bester geworden. Wir haben jetzt in P us IX.
den großen Mann, der die großen Ideen zur Verwirklichung bringt.
An ihm sei alles groß. Als er 1846 den Thron bestiegen, habe
es geschienen, seine Milde und Herzensgüte könnten ihn zur
Schwachheit verleiten. Aber er habe eine große Energie neben
seiner großen Milde, eine Energie gegen Drohungen, Schmeiche-
leien, Liebkosungen und Lügen gezeigt. Die Zeit, wo ein solch'
großer Papst große Ideen zur Geltung bringe, sei da; dieser
Papst sei angefeindet, Gott sei es gedankt; denn das verdoppele
die Liebe zu ihm, Pius am Kreuze ziehe die Herzen an sich durch
die großen Ideen, welche er vertrete. Als Redner noch mit hoher
Begeisterung das Lob des hl. Vaters weitergeführt hatte, warf
er die Fragen auf: Was haben wir nun zu thun, was
haben wir zu hoffen? — Uns an den hl. Vater an schlie-
ßen, seine Ideen in uns aufnehmen und ihnen dienen mit Geld
und Ansehen, mit Blut und Leben. Wir haben großen und reichen
Segen zu erwarten, wie das 4. Gebot es verheiße; die Kirche fei
ja unser Aller Mutter und der Papst unser Vater. Heil und
Segen werde von daher der ganzen Welt zu Theil. Wir sehen
es in Frankreich, wo das unterwühlte Volk sich aufrichte im
Kampfe für den hl. Vater; wir sehen es in Belgien, Hol-
land und England, wo überall die kath. Bewegung beginne;
wir sehen es auch in Deutschland, dem Lande der Sieben-
 
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