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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 1-13 (2. Januar - 30. Januar)
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Erscheint wöchentlich 3 Ma'.: Dienstag
Donnerstag und Samstag.

* Der Hirtenbrief des Hochwürdigen
Herrn Bischofs von Mainz über „die gegen-
wärtige Lage des hl. Vaters."
Dieses neueste Schreiben des Herrn Bischofs v. Ketteler an
die Katholiken seiner Diöcese verdient die höchste Beachtung aller-
katholischen Kreise, weil es mit überzeugender Klarheit darthut, daß
bei öen Wühlereien gegen ven Sitz des hl. Vaters „weder die
Einheit Italiens und noch viel weniger eine größere politische Frei-
heit der letzte Grund, das Wesen dieses Kampfes, sondern fein
Hauptgegenstand die Religion ist, der Papst ist als Träger der-
selben und als sichtbarer Stellvertreter Jesu Christi."
Dies weist der Herr Bischof aus den hierauf bezüglichen
Aeußerungen Garibaldis nach, der in unzweideutiger Weise bei
vielen Gelegenheiten erklärte, sein letztes Ziel sei die Vernichtung
des Papstthums als solches und damit der katholischen Kirche über-
haupt. Ein Glück aber sei es, daß dieser Bandenführer fein letztes
Ziel so offen ausgesprochen habe, — die Katholiken können jetzt
wenigstens über die wahre Absicht der Feinde ihrer Kirche in
keinerlei Zweifel mehr befangen sein. Es sind die geheimen Ge-
sellschaften, die Freimaurerlogen, tue den Untergang unserer Kirche
auf ihre Fahnen geschrieben haben und die eine Menge bethörter
und verführter Leute durch Gauckeleien und furchtbare Eide dazu
gezwungen haben, zeitlebens ihnen als willenlose Werkzeuge ihrer
verruchten Pläne zu dienen. Durch die Thütigkeit dieser geheimen
Bünde, die seit langer Zeit insbesondere Italien durchwühlen, sind
auch tue italienischen Fürsten gestürzt worden, weil sie häufig uw
klug genug waren, ihr Vertrauen Verschworenen zu schenken, die
unter glcißnerffcher Maske sie verrathen und verkauft haben.
Wie könne auch, meini der hochwürdige Verfasser mit Recht,
das kleine Gebiet des hl. Vaters ein Hinderniß für die Einheit,
Macht und Grüße Italiens sein! Im Gegentheil, es liege ein
großer Vorzug Italiens vor andern Ländern darin, wenn in seiner
Mitte das Oberhaupt der Kirche in völliger Unabhängigkeit walte
und von da aus fernen Einfluß auf die ganze Welt ausübe. Die
Italiener könnten sich eine weit würdigere Aufgabe ihrer Vater-
landsliebe zum Ziele setzen, indem sie ihr tiefzerrüttetes Gemein-
wesen im Innern wieder aufzubauen mchten. Die Männer aber,

die in rascher Folge Italiens Geschicke zu leiten sich berufen fühl-
ten, führten ganz andere Dinge im Schilde: sie arbeiteten an der
Vernichtung des Christentbums. Das treulose Lügensystem, das
sein Netz über Italien gesponnen, habe der Bischof Düpanloup
von Orleans wahrheitsgetreu aufgedeckt und mit Recht die auf un-
zählige Thatsachen gestützte Frage aufgeworfen: „Gibt es denn in
diesem Italien noch einen ehrlichen Menschen, dem man trauen
kann?"
„Ich nehme keinen Anstand,"ruft Bischof v. Ketteler aus „zu ant-
worten : Nein, in diesem Italien, d. h. unter den maßgebenden Persön-
lichkeiten, die diesen Kampf gegen den Papst und die Kirche seit Jahren
führen, gibt es keinen ehrlichen Mann, und es ist deßhalb auch ganz
einerlei, was sie sagen und thun, ob sie den Papst lästern oder ihm schmei-
cheln, ob sie ihn offen anfeinden, oder ihn in diplomatischen Ver-
handlungen ihrer Treue, Liebe und Ehrfurcht versichern. Wo keine
Ehrlichkeit mehr ist, da hat das Alles eine und dieselbe Bedeu-
tung. Daher kann der hl. Vater sich auch auf kein Versprechen,
auf keine Versicherung, auf keinen Staatsvertrag, überhaupt auf
gar nichts einlassen, was gegenseitige Redlichkeit voraussetzt. Wo
diese fehlt, haben ja alle Bürgschaften eines gegenseitigen Ueber-
einkommens ihren Werth verloren. Nicht nur auf der Stirne
des Teufels steht das Wort „Lüge", sondern auch auf der Stirne
aller jener Feinde des hl. Vaters in Italien, hoher und niedriger;
und an der Spitze aller Verträge und Staatsurkunden, die dem
hl. Vater von diesen angeboten werden, steht die Ueberfchrift:
„Lüge."
Ich würde aber ein Unrecht gegen die Leiter jener Bewegung
in Italien begehen, die jetzt gegen den Papst käptpsen, um ibm
das letzte Stückchen Erde zu rauben, von wo aus er in Unab-
hängigkeit sein hohes Amt für die ganze Kirche üben kann, wenn
ich nicht beifügte, daß dieses Lügensystem im Kampfe gegen den
Papst und uns Katholiken leider nicht allein in Italien ange-
wendet wird. Die Frage: „Gibt es denn in diesem Italien
keinen ehrlichen Mann mehr?" — läßt sich leider auch auf viele
andere Männer in anderen Ländern, welche an den öffentlichen
Angelegenheiten beteiligt sind, mit demselben Rechte anwenden.
Es fällt mir hier schwer, zu schweigen und nicht weiter diesen
Gedanken zu verfolgen, da es mir unerträglich ist, einem eitlen
Thoren, wie Garibaldi gegenüber, der aber unter denen, die un-

D'r Lorenz.

Ich bin aach der Ansicht: wo d'r Hungertyphus bereits ausgebroche, wie
m dem gelobte neie norddeutsche Bund — wo sich das breißische Dvauerschbiel
d'r schleesifche Weewer wiederholt — do greif e Jeder in de Sack, da drag e
Jeder sei Scherfele bei — aus Menschlichkeit! — Jwel nemme dars's uns awer
Niemand, wann mer uns bei der Gelegenheit unwillkiihrlich anen gewisse brei-
ßische Jwermuth vun Anno 1866 erinnere, der im Kriegsglick acht Sigaare
uf de Mann per Dag kummandirt hott! Anno 1866 acht Sigarre uff de Mann,
un Anno 1868 kee acht Kartoffl uff de Mann per Dag! Des is e merkwerdigi
Parallel!! Anno 1866 e Pund Fleesch uff de Mann, laut Kommando! Anno
1868 kee Pund Brod — ohne Kommando ! — Des schtolze Keenigreich Breiße !
Des schblendüe Keenigreich Breiße; Dem Keenig 16 Millione! Dem Her-
zog 9 Millione! Dem General so uu so viel hunnert dausend — un dem
Minischter so un so viel hunnert dausend Dhaler Dotation! Wo bleibt die
groß Hungerdotation sor die Landwehr in Ostbreiße? — D-r Mohr kann
gehn — der Mohr hat seine Schuldigkeit gethan! — Doch nit! For d'r Mohr
is g'sorgt worre, noochdem d'r erschte Schmerzensschrei in Berlin bekannt war.
Die Berliner hawe Erdarweute for Eisebahnbaute in Ostbreiße genehmigt. Unser
lrewer Herrgott hott awer vun dere Milddhätigkeit nit viel Notiz genumme,
un hott 25 Grad unner Null uff de Baromeether g'schriewe! — Vier Woche
lang Heere mer schun vun dem Elend! Un wie's for vier Woche war, is es
noch hell'. Wo bleibt die Intelligenz, die G'schwindigkeit — wo bleiwe die
blitzschnelle Verkehrsmittl, durch die unser deitsche Brieder Anno 1866 die
beehmische Schlacht gewunne habe? Wo bleiwe die Hilfsmittel in greeßerer
Noth? Vielleicht die Berliner Lotterie? Bis die Lotterie gezoge is, dhutgar
Manchem im Kreis Gumbinnen kee Zahn mehr weh! — Ja, so gehn die
Gang! Wer nix wie Hinnerlaader im Kopp hott, vergißt die Vorderlaader
O7 dw Wicklmaschiene driwer. Un d'r Wickl is doch die Hauptfach! En leerer
^>ack fallt um! — Also scheene Aussichte im neie Johr! Wo mer hinqucke
pungersnoth! In Ostbreiße, in -Allgier, in Frankreich, un so weiter. Viel
Pulverkorn verschösse — viel Lecher in de Hoffe! Un dabei ganz Eirooba mo-
brel! E recht hibschi Gegend!
uorr e Nagglschmidd! Awer wenn ich an dem allmächtige Ber-
liner Reichskanzler seiner Schtell wär, hätt ich dem neie norddeitsche Bund doch
wenigschtens nit die Blees geewe, daß ich dem neidische Ausland gezeigt hätt:
wie viel seiner Unerdhane norr wie Veggl uff de Zweig leewe! Der Herr
Reichskanzler muß die Noth in Ostbreiße schun lang vorausg'sehe hawe. For
so'n Nothfall hätt' Seine Herrlichkeit aach 's Geld nemme kenne, wo's zu sinne

war — wie Anno 1866! Die Kammer hätt' aach noch die paar Millione
noochdräglich genehmigt! 's wär in eem Hingangs. Die Verfassung hott doch
emool e Loch g'hatt! Loch is Loch!
Die Regierung von Peru braucht widder 5000 Deitsche zur Grindung
vunnere Colonnie! Die deitsche Regierunge warne davor! Kann's de Deitsche
in Peru schlechter geh'n, als in Ostbreiße? Ich dreh die Hand nit rum! —
Wie schaad, daß kee Mensch Batrone esse kann! Mit Pulver un Blei kennt
ma alleweil iwerall uffdische. Also gewehnt euch dran, ihr Hungrige! Lernt
Pulver un Blei verdaue, un es wird eich wohl ergehn zu alle Zelle. Die
Zeigheiser in ganz Eirooba sinn mohl versehe mit. Die Fruchtheiser herngege
sinn leer. Also gewehnt eier verwehnte Brodmäge an Pulver un Blei, un be-
dracht eich die gegenwärtig Winterlandschaft! — Schnee und Weh — wo hin
ich seh! Ma kriecht orndlich Luscht zu reise!
Nach Italien, nach Italien
Möcht ich meinen Koffer schnallen,
Wo in Rom der Papst noch sitzt,
Wo der Us-g'ulailluomo
Auf den Hund ist sehr gecomo.
Wo er säuern Angstschweis schwitzt.
Nach dem Lande Abyssinien
Wöcht auch mal ich hininien.
Wo der König Theodor
Fremde Leute hält gefangen.
Und Brittania ist gegangen
Ihm zu koofen sich dafor.
Nach dem Land der edlen Kreter
Möcht einmal auch ich später,
Wo der Omer Pascha flucht,
'Wo er alles möchte mordien,
Weil das Volk ist so gewordien
^illi-Türkisch und verrucht!
Hin nach Preußen, hin nach Preußen
Thut's mit Allgewalt mich reißen.
Wo man leicht zwei Jahre kriegt.
Wenn man-abgeordnet wach ist.
Und dann muthig, was 'ne Sach ist,
Etwas allzufrei ausspricht! (Mannh. Familienblätter.)
 
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