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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 14-26 (2. Feburar - 29. Februar)
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An die Gr. Universitätsbibliothek
in Freiburg.

Erscheint wöchentlich 3 Mal: Dienstag,
Donnerstag und Samstag.

für Stadt


Dole

wd Land.

Preis Vierteljahr!. 40 kr. ohne
Tragerlohn und Postaufschlaa.
Jns.-Geb. 2 kr. die Spaltzeile.


Samstag den 1. Februar

18N


Die Katholiken-Versammlung in Köln.
(Nach den Kölnischen Blättern.)
Anknüpfend an die kurze Mittheilung, die wir unfern Lesern
bereits in der letzten Nummer gaben, beginnen wir in dem Be-
richte über d^ großartige und wirklich glänzende Versammlung,
welche gestern im Gürzenich-Saale tagte, bei der Rede des Geh.
Raches Professor Dr. Walter aus Bonn. Angesichts der zahl-
reich Versammelten, so begann er, werde das Herz von zwei Ge-
fühlen bewegt. Das erste sei die freudige Erinnerung an die
Zeit vor vierzig Jahren, als den deutschen Katholiken die Morgen-
röthe der kirchlichen Freiheit aufgegangen. Nach langer Nacht
habe der hochselige König Friedrich Wilhelm IV. durch Aufhebung
des Placet den Verkehr mit dem päpstlichen Stuhle freigegeben;
1848 seien durch die deutschen Bischöfe die ewig denkwürdigen
Beschlüsse zu Würzburg gefaßt worden, und deren Erwartungen
wären 1850 in Erfüllung gegangen: in die preußische Verfassung
seien die Grundzüge der Freiheit der katholischen Kirche aufge
uommen worden. Das frohe Gefühl der erlangten Freiheit aber
werde jetzt niedergedrückt durch den Schmerz über die Lage des
hl. Stuhles, den eine Reihe von unerhörten Gcwaltthaten betrof-
fen. Der größte Theil der Kirchengüter ist geraubt, der Nest
wird bedroht. Die Gegner sind ausgerüstet mit allen Mitteln
der Gewalt und Hinterlist, ihre verbrecherischen Absichten in's
Werk zu setzen; sie werden nicht vor Rom umkehren, wie einst
Attila vor den Thoren der Siebenhügelstadt; für edele Regungen,
für Charactergröße sind sie unzugänglich. Bei so großen Gesah
ren muß der Much erwachen, die Gesinnung erstarken, das Ver
trauen sich heben und Begeisterung sich entflammen. Aus den
Leiden der Kirche erheben sich die Kraft der Gesinnung und das
Streben nach Einsicht und Zusammengehörigkeit. Zeuge dessen
sind die rasch sich nachfolgenden Versammlungen, in welchen sich
jetzt schon die Gläubigen bis jenseits des Oceans um ihren Hirten
schaaren. Man könne Vertrauen fassen zu dem, was der Brust
jedes rechtlich dekenden Menschen innewohne; das Gefühl für
Recht und Gerechtigkeit sei so mächtig, daß selbst die im Glauben
getrennten Brüder ihre Stimme für die Legitimität des heil.
Vaters erhöben und Gaben einschickten. Das Vertrauen müsse
sich mächtig erhöhen und gestärkt fühlen, da die Sache der Kalho
liken bei unserm Könige Anerkennung gefunden: dieses Vertrauen
stütze sich auf die Gewißheit, daß Gottes mächtige Hand auf der
Kirche ruhe, daß aus den Leiden und Verfolgungen die Kirche
immer glänzender und blühender erstarke, aus dem Blute der
Märtyrer neue Christen erständen. So groß auch die Hoffnun-
gen, — eben so groß sind aber auch die drohenden Gefahren;
vielleicht wird der heil. Vater noch mit schwerer Prüfung und
wir mit ihm heimgesucht werden: darum: „Halten wir unver-
brüchlich treu an der Kirche, so stehen oder fallen wir mit
Ehre."
Herr Metzgermeister Falk aus Mainz sagte, er sei nicht
gekommen um Reden zu hallen, vielmehr um sich vom hl. Köln
begeistern zu lassen und diese Begeisterung stromaufwärts in seine
Heimath zu tragen. Köln möge jedoch nicht stolz sein, daß es
Mainz übertreffe; es habe ja vor dreißig Jahren einen Bischof
in Kelten gehabt, Mainz aber noch nicht. Das habe hier die
unausbleiblichen Früchte getragen. Er freue sich, daß Deutschland
endlich vom Schlafe zu einer bemundernswerthen Begeisterung er
wacht sei. Die katholische Sache werde trotz Stadtrath, Kammer
und Garibaldi nicht zu Grunde gehen. Man habe erst da das
hohe Gut, die Freiheit des Oberhauptes der Kirche in seiner Wich
tigkeit erkannt, als dasselbe den Katdoliken entrissen werden sollte.
Jetzt wäre zu wünschen, daß die Begeisterung sich als leben
dig und bleibend erweise, nicht als ein augenblickliches Auf
flackern. Vieles sei geschehen durch die Errichtung neuer Orden,
der Congregationen und Bruderschaften; vielleicht habe man sich
zu sehr in die Congregationen vertieft und zu weit vom öffent
lichen Leben zurückgezogen, sonst könne es nicht wohl so weil ge
kommen sein, wie es geschehen. Schwerlich hätte man sich sonst
so lange wehrlos beschimpfen lassen, wie es geschehen, durch die
schlechte Presse, das Theater und die Versammlungen. Wohl
habe sich schon Manches geändert seit der Bildung katholischer
Casino Gesellschaften, die in Mainz, Coblenz, Aachen, Köln und

andern Städten blühten. Man müsse fortwährend auf der Wacht
stehen, dann würden die Gegner schon Respect bekommen. An-
maßend wolle man in katholischen Städten und Staaten nicht
sein, sondern nur von Andern so liebevoll behandelt und aufge-
genommen werden, wie man sie behandelt habe, als sie noch ver-
einzelt standery. Daß so viele Theilnehmer im Gürzenich erschie-
nen, lege Zeugniß dafür ab, daß die Begeisterung für die gute
Sache sich gesteigert habe. So auch in Frankreich, wo das kath.
Volk die Regierung gedrängt, zum Schutze für den hl. Vater ein-
zutreten. Man möge aber nicht zu großes Gewicht auf die Ge-
sinnungen in höheren Kreisen legen, da ja auch diese, wie alles
Menschliche dem Wechsel unterworfen seien. Kräftiger als alle
Waffen der Mächtigen sei die Liebe und Anhänglichkeit des katho-
lischen Volkes, und diese müsse man pflegen, uno mit Gaben und
Opfern jeglicher Art für die Ueberzeugung einstehen, — „das
ganze Volk muß begeistert eintreten."
Herr Stadtpfarrer Ibach aus Limburg: Die römische
Frage bewegt mit Recht die kath. Herzen. Wenn das Haupt
ruhelos über Pie Erde dahin wandelt, siechen die Glieder; die
Gebäude müssen einfallen, wenn der Fels wankt. Wenn der hl.
Vater siegt, so ist das ein Sieg über die Revolution in der gan-
zen Welt. Der Gesalbte des Herrn hat alsdann den Belial
niedergeworfen. Der Papst ist der Vater der Fürsten und darf
in Betreff der Souverainerät keinem derselben nachstehen, keinem
unterworfen sein, der hl. Vater darf keinem andern Fürsten
unterthan sein; das sagte einst Voltaire in einem Briefe an Fried-
rich II., und Napoleon I. sagte, als er noch Consul war: „Der
Papst darf nicht in Paris, Wien oder Madrid thronen, wenn
rdm eine freie und unabhängige Stellung gesichert sein soll: Rom
ist seine Residenz." Die Hand, welche segnen solle, müsse frei
sein, damit sie die Cardinäle und Bischöfe frei von fremdem Ein-
fluß wählen und die Concilien ausschreiben könne. Die Noth-
wendigkeit ersehe man aus den Fällen, wo Päpste verhaftet wor-
den seien. Jnconsequent wäre es, wenn die Gegner behaupteten,
der weltliche Besitz sei durchaus nicht erforderlich. Ist doch der
Kaiser von Rußland Oberhaupt der russischen Kirche und doch
hat er weltlichen Besitz, und Niemanden fällt es ein, das zu ta-
deln. Die kath. Kirche hat auch materielle Mittel nöthig zur
Verwendung für geistige Zwecke, zur Pflege der Wissenschaft und
Kunst, nicht bedingt durch Kammermajoritäten. Sie muß im Be-
sitz ihres unbestreitbaren Eigenthums verbleiben. Napoleon I. hat
später beabsichtigt, die weltliche Herrschaft von der geistlichen zu
trennen, um den hl. Vater beeinflussen zu können; daher nahm
er ihn gefangen. Nom ist als bleibender, unabhängiger Sitz für
den hl. Vater zu bewahren; dort schlug Petrus seinen Sitz auf
und starb als Simon, um als Petrus wieder aufzustehen mit
jedem neuen Papste, mit unserm h. Vater zum 258. Male. Rom
ist mit dem hl. Vater und der hl. Vater mit Nom verbunden,
und diesen Bund wird auch die Zukunft nicht lösen. Vom 8.
bis 12. Jahrhundert standen die mächtigsten Kaiser, Fürsten und
Völker des Erdkreises dafür ein, im 12. bis 14. Jahrhundert die
größten Kirchenfürsten und erhabendsten Päpste, vom 14. Jahr-
hundert an traten dafür die größten Gelehrten und Staatsmänner
in die Schranken, bis es unfern Tagen vorbehalten blieb, dieser
Forderung der kath. Vernunft das Siegel aufzudrücken. Rom
gehört nicht den Italienern, nicht den Franzosen, nicht den Oester-
reichern, Rom — ist Eigenthnm des hl. Vaters. Rom in den
Händen von Jung Italien würde geknechtet sein, mit Nom ver-
knüpft der Katholik die theuersten und liebsten Erinnerungen,
Rom darf man nicht mit Füßen treten lassen. Auf Gott können
wir unser Vertrauen setzen, daß er für die hl. Stadt eintreten
werde, wie zur Zeit der Kreuzzüge für Jerusalem. Vertrauen wir
auf den Herrn und seine Hülfe, wenn wir unsere Schuldigkeit
gethan haben. Gott sei Dank, daß das deutsche Blut in Be-
wegung kommt! Lassen wir aus Reden endlich Thal en
werden!
Herr Dr. Braubach meinte, wir lebten in einer recht
katholischen Zeit, weil die Zeit des Kreuzes über uns hereinge-
brochen. Papst Pius bestehe ein wahres Martyrerthum, für seine
Güte und Liebe erndte er seit 20 Jahren nur Trübsal und Lei-
den. Drei Uebel seien die Merkzeichen der Zeit, Unwissenheit in
katholischen Angelegenheiten, Lüge und Welt-Eitelkeit. -Diese drei
 
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