99
Uhr, weil aber der Herr Amtsverweser erst Nachts ca. V28 er-
schien, dann durch die Kirchenglocke aus das Rachhaus entboten
und ihnen noch einmal recht warm und herzlich den Staatsrath
Lamey empfohlen hatte, derselbe doch nur 4 Stimmen, sage Vier
Stimmen erhielt. Eine Stimme fiel aus den hiesigen Bürger-
meister. Schließlich muß ich noch zur Ehrenrettung der hiesigen
Gemeinde bemerken, daß der fragliche Artikel in der Tauber, des
sen bin ich fest überzeugt, von einem hiesigen Bürger nicht ver-
faßt ist. B.
Gissigheim, 19. Febr. Wir halten 218 Wähler, von
denen 194 Herrn Jakob Lindau wählten und 24 an Lamey ihre
Stimmen gaben. Letztere waren der Bürgermeister, der Gemeinde-
rath, der Schullehrer und d e Juden. Von den andern Orts-
bürgern ging keine Stimme für Lindau verloren.
Nun kamen wir an die Wahl, und wie ging es da zu? um
neun Uhr Vormittags gingen die Bürger auf das Rachhaus. Der
Bürgermeister hatte schon die ganze Vorbereitung getroffen, bevor
die Bürger kamen, er hatte die zu ihm stimmenden Gemeinderäthe
als Wahlcommission bestellt und wollte die Wahl in einem engen
Zimmer vornehmen. Die Wahlzelte! sowie noch viele andre Be-
richte waren vom Amte aus gekommen — sie lauteten alle für
Lamey; sie wurden in großer Menge ausgetheilt, ja sogar jedem
Bürger wurden solche Zettel durch den Gerichtsboten in's Haus
geschickt, allein groß war ihre Enttäuschung, als die Bürger auf
traten und eine ernstliche Wahl, keine bloße Spiegelfechterei, for
derten! Die Bürger verlangten aus ihrer Mitte die Wahlcommis-
ston vorzuschlagen, auch müsse oie VKchl in der großen Rathsstube
vorgenommen weroen.
Das kostete aber einen schweren Kampf, so daß um halb 12
Uhr Mittags noch nicht eine einzige Stimme abgegeben war. Der
Bürgermeister und Consorten wollten durchaus das Verlangen
zuge en, allein die Bürger standen wie die Felsen, keiner wich vom
Rathhause, bis der Ausgang entschieden war. Es mar dann et-
was Erfreuliches, wie Einer nach dem Andern seinen Zettel für
Herrn Lindau abgab!
Insbesondere der Schullehrer hatte seine äußersten Kräfte
angewendet, etwas für Lamey zu erwerben, es half aber alles
nichts. Wir hatten in unserm Gissigheim nicht eine einzige Ver-
sammlung vor der Wahl gehabt, auch aus dem Pfarrhause keine
Dylbe zu hören bekommen, — und doch ist das Resultat ein so
glänzendes!
8 Freudenberg. Die am 18. d. M. stattgefundene Wahl
lieferte een Ergebnrß von 209 Stimmen für Lindau, während der
vielgepriesene Lamey deren 51 erhielt. Die Popularität Lamey's
steht somit hier auf schwachen Füßen, namentlich wenn man be-
denkt, von welcher Seele er Stimmen erhielt. Der Bote wird mit
dem Resultat so ziemlich zufrieden sein; aber nun von etwas An
derem. Es wurde seiner Zeit hier durch den kath. Ortsschulrath,
dessen Vorsitzender schon vor einigen Jahren das Vergnügen hatte,
mit dem Pfälzer Boten nähere Bekanntschaft zu machen, und der
auch Katholik ist, das famose neue Lesebuch eingeführt, wobei ein
auch im Bolen schon gezeichneter Elementarculturförster die hülf-
reichsten Handdienste leistete. Die Einführung war schon von An
sang an der hiesigen kath. Bevölkerung nicht recht und nach Ver-
lesung des betr. Ordinariatserlasses verschwand das Büchlein ganz
aus der Schule. Letzte Woche nun ließ der „Vorsitzende des kath.
Ortsschulraths" durch den Polizeidiener ausschellen, daß das betr.
Lesebuch bei Strafe eingeführt werden müsse. Der Pfarrer trat
dagegen auf und die Folge war: der Herr Bürgermeister ließ ein
mit seinem Namen versehenes Plakat an das Rathhaus anheften,
in welchem der Pfarv. als „Friedensstörer" in der Gemeinde dar
gestellt ward. Wenn der Bote die Abschrift dieses hübschen Akten-
stückes wünscht, kann es ihm Zugeschickt werden. Dasselbe scheint
übrigens wenig Zustimmung bei der Bürgerschaft (der kath.) ge-
sunden zu Huben, denn der Herr Bürgermeister ließ es selbst bald
wieder abnehmen.
Den nämlichen Abend war hier eine Wahlbesprechüng, der un-
gefähr 300 Theilnehmer beiwohnten. Der Herr Bürgermeister fand
sich auch ein, um zu sehen, daß dem betr. Polizeistrafgesetz ß (soviel
ich weiß 531 u od. d) kein Leid geschehe. Auch zwei Gensoarmen
waren in der Nähe des Lokals. Die Versammlung ging indeß
in Vollster Ruhe und Ordnung vor sich, so daß der gestrenge Herr
nichts zu erinnern fand. An der großen Anzahl Theilnehmer und
an den donnernden Bravo's, die während der Versammlung aus
gebracht wurden, jedoch weder auf ihn noch auf Lamey, konnte er
aber deutlich sehen, auf welcher Seite die kath. Bevölkerung steht.
Wie diese gesinnt ist, geht auch deutlich aus dem Wahlresultat her-
vor, denn trotz aller Blühe unserer Gegenpartei bekam, wie oben
erwähnt, Lamey nur 51 Stimmen, wahrscheinlich von den Israe-
liten und noch Einigen, die vom Bürgermeister abhängig sind.
— Aus dem Taubergrunde. Die Angst vor "den Amt
männern schwindet immer mehr beim Volke und die letzte Nieder-
lage der Regierungspartei wäre nicht so großartig gewesen, wenn
nicht der übertriebene Eifer des Beamtenthums selbst am meisten
geschadet hätte. Prachtvoll benahmen sich die Bürger von Gerchs-
heim. Dorthin wurden nämlich am Sonntag vor der Wahl un
geheure Ballen von Belehrungen und Lameyzetteln durch die Amts-
boten gebracht, allein die wackern Leute wiesen sie energisch zurück
und erklärten rundweg: „Saget dem Amtmann, wir brauchen
seine Vormundschaft nicht und wissen schon, was wir zu thun und
wen wir zu wählen haben".
Ungeheurer Jubel erfüllt das ganze weite Tauberthal, —
die Amtsleute und deren Mußdiener schnauben in ohnmächtigem
Grimm, der lediglich unser Lachen herausfordert. (Bravo so ist's
recht! Da ist dem Bote mitgetheilt worden, der Oberamtmann
Schmieder habe sogar auf der Treppe des Rathhauses in Tauber-
bischofsheim die Leute angehalten und ihnen mit drohender Miene
die Erwählung Lamey's anbefohlen. Das wäre denn doch das
Uebermaß von Wahlbeherrschung, aber auch das Uebermaß von
Feigheit von jenen, die sich dergleichen haben gefallen lassen. Und
das ist der nämliche Schmieder, der von Lamey nach Tauber
bischofsheim zur Strafe versetzt wurde, weil er damals kein Freund
der neuen fortschrittlichen Richtung war! Der Nämliche hat sich
auch durch die famosen Wiesencul.urZn, die die unglaublichsten
Summen verschlangen, und den entschiedensten Tadel des Landes -
commissärs Fecht in dessen Jahresbericht herausforderten, sehr viele
Gegner geschaffen. Wir bitten also unsere Correspondenten, denen
etwas über diese log. Culturen bekannt ist, uns Mittheilungen zu-
gehen zu lassen, da wir das größte Interessen an Herrn Schmieder
und seiner Verwaltung nehmen. Die Redaction).
-s- Obergrombach. Von 153 Stimmen sielen auf Frei-
herrn v. Göler 189 und auf Banquier Kölle von Karlsruhe mit
Hülfe des Culturförsters 14 Stimmen.
ff Karlsruhe, 24. Febr. Minister Stabel ist dem Vernehmen
nach außer der goldenen Kette noch mit 0000 fl. Ruhegehalt be-
gnadigt worden. Wenn Minister Jolly nach den Parlamentswahlen
sich noch nicht veranlaßt gesehen hat um seine Zuruhesitzung zu
bitten, so mag ihm wohl die Höhe der Pensionssummen der abge-
tretenen Minister hiezu veranlassen. Weiter verlautet, daß der
neue aus Preußen geholte Kriegsminister eine Besoldung von
14,000 fl. erhält. Ob es wahr ist, daß er sich bei etwaiger
Pensionirung einen Ruhegehalt von 10,000 fl. ausgehalten hat.
möchten wir denn doch fast bezweifeln, wünschen aber deßhalb eine
offtcielle Belehrung. Ueberhaupt wäre es an der Zeit, daß ebenso
gut, wie die vielen Ordensverleihungen bekannt gemacht werden,
dem Volke Ausschluß gegeben wird über die Besoldungs- resp. Pen-
sionsverhältnisse jener Männer, welche an die Spitze der Regierung
berufen werden.
* Karlsruhe, 25. Febr. Der preußische General v. Beyer
ist laut Karlsruher Zeitung zum Kriegsminister ernannt worden.
Der Generalstabschef v. Lescynski ist bereits ein Preuße. Weitere
Osffciersberufungen aus Preußen sollen bevorstehen.
Ich Aus dem Amtsbezirk Ettlingen. Sie sind beisam-
men gesessen heute und haben getagt, die großen Herren von
den 4 Aemtern Hemsbach, Ettlingen, Durlach und Pforzheim um
sofort zu verkünden den Sieg, den die Servilen hier im IX.
Wahlbezirk davongetragen haben. Ob sie jubeln, wissen wir nicht
— man hört nicht viel davon, obschon ihr Candidat mit Stim-
menmehrheit durchgegangen, Hr. Dahmen also hier durchgefallen
ist. Der Geldmann von Pforzheim erhielt im ganzen Bezirk 8096
Stimmen, unser Candidar nur 3942, so wenigstens berichtet das
neuste Telegramm von Ettlingen.
Allein, allein! Nicht edle Damascener-Klingen waren es,
mit denen unsere Gegner aus der Mensu" gestanden sind und mit
denen sie gefochten und den Sieg erlangt haben.
Es wurde schon bei der 1. vertraulichen Besprechung in B.
hervorgehoben, daß im 9. Wahlbezirk sür uns wohl nichts wird
durchzusetzen sein — die Fabriken in Pforzheim und die in Alb-
lhal sind von vorneherein sür uns als nicht zu zählen verzeichnet
worden. Denn man kannte von andern Gelegenheiten her die
Einschüchtungen, die von den Fabrikherrn und Fabrikdirigenten
gegenüber den Arbeiten geltend gemacht werden.
Das wußten wir im Voraus also — allein nie und nimmer-
mehr hätten wir geglaubt, daß von Männern, die ohnedieß noch
„liberal" sein wollen, Dinge möglich wären, wie sie im Amts-
bezirke Ettlingen vorgekommen sind. Bekanntlich steht der hiesige
Bezirk schon lange in allzu schwarzem Geruch; diese Tintenflecken
nun sollten ausgewaschen werden, koste es was cs wolle.
Sie hatten Furcht, die Herren, es könnte ihr Dennig doch
unterliegen und deßhalb wurde alles in Bewegung gesetzt. Ein
Gemeinderath der Amtsstadt mußte, als die Rührigkeit der Schwar-
zen bekannt wurde, in die benachbarten Ortschaften und für
Dennig Propaganda machen.
Allein alles Reden half nichts, trotz seiner guten Hoffnung,
mit der er sich entfernte, haben alle Orte im hiesigen Bezirk, mit
Ausnahme vielleicht von Forchheim, den Herrn Dahmen gewählt.
Als nämlich die schlichten Landleute den Ausruf der Servilen und
Anichlüßler gelesen hatten, der von einigen Geldmännern und
dem Amtmann unterzeichnet war, erklärten Manche: so, den
Dennig wählen wir erst recht jetzt nicht, weil dis unter-
schrieben sind. Und wie gesagt, sie wählten vorherrschend den
Herrn Dahmen, so in Kupferich, in den Gemeinden der Pfarrei
Uhr, weil aber der Herr Amtsverweser erst Nachts ca. V28 er-
schien, dann durch die Kirchenglocke aus das Rachhaus entboten
und ihnen noch einmal recht warm und herzlich den Staatsrath
Lamey empfohlen hatte, derselbe doch nur 4 Stimmen, sage Vier
Stimmen erhielt. Eine Stimme fiel aus den hiesigen Bürger-
meister. Schließlich muß ich noch zur Ehrenrettung der hiesigen
Gemeinde bemerken, daß der fragliche Artikel in der Tauber, des
sen bin ich fest überzeugt, von einem hiesigen Bürger nicht ver-
faßt ist. B.
Gissigheim, 19. Febr. Wir halten 218 Wähler, von
denen 194 Herrn Jakob Lindau wählten und 24 an Lamey ihre
Stimmen gaben. Letztere waren der Bürgermeister, der Gemeinde-
rath, der Schullehrer und d e Juden. Von den andern Orts-
bürgern ging keine Stimme für Lindau verloren.
Nun kamen wir an die Wahl, und wie ging es da zu? um
neun Uhr Vormittags gingen die Bürger auf das Rachhaus. Der
Bürgermeister hatte schon die ganze Vorbereitung getroffen, bevor
die Bürger kamen, er hatte die zu ihm stimmenden Gemeinderäthe
als Wahlcommission bestellt und wollte die Wahl in einem engen
Zimmer vornehmen. Die Wahlzelte! sowie noch viele andre Be-
richte waren vom Amte aus gekommen — sie lauteten alle für
Lamey; sie wurden in großer Menge ausgetheilt, ja sogar jedem
Bürger wurden solche Zettel durch den Gerichtsboten in's Haus
geschickt, allein groß war ihre Enttäuschung, als die Bürger auf
traten und eine ernstliche Wahl, keine bloße Spiegelfechterei, for
derten! Die Bürger verlangten aus ihrer Mitte die Wahlcommis-
ston vorzuschlagen, auch müsse oie VKchl in der großen Rathsstube
vorgenommen weroen.
Das kostete aber einen schweren Kampf, so daß um halb 12
Uhr Mittags noch nicht eine einzige Stimme abgegeben war. Der
Bürgermeister und Consorten wollten durchaus das Verlangen
zuge en, allein die Bürger standen wie die Felsen, keiner wich vom
Rathhause, bis der Ausgang entschieden war. Es mar dann et-
was Erfreuliches, wie Einer nach dem Andern seinen Zettel für
Herrn Lindau abgab!
Insbesondere der Schullehrer hatte seine äußersten Kräfte
angewendet, etwas für Lamey zu erwerben, es half aber alles
nichts. Wir hatten in unserm Gissigheim nicht eine einzige Ver-
sammlung vor der Wahl gehabt, auch aus dem Pfarrhause keine
Dylbe zu hören bekommen, — und doch ist das Resultat ein so
glänzendes!
8 Freudenberg. Die am 18. d. M. stattgefundene Wahl
lieferte een Ergebnrß von 209 Stimmen für Lindau, während der
vielgepriesene Lamey deren 51 erhielt. Die Popularität Lamey's
steht somit hier auf schwachen Füßen, namentlich wenn man be-
denkt, von welcher Seele er Stimmen erhielt. Der Bote wird mit
dem Resultat so ziemlich zufrieden sein; aber nun von etwas An
derem. Es wurde seiner Zeit hier durch den kath. Ortsschulrath,
dessen Vorsitzender schon vor einigen Jahren das Vergnügen hatte,
mit dem Pfälzer Boten nähere Bekanntschaft zu machen, und der
auch Katholik ist, das famose neue Lesebuch eingeführt, wobei ein
auch im Bolen schon gezeichneter Elementarculturförster die hülf-
reichsten Handdienste leistete. Die Einführung war schon von An
sang an der hiesigen kath. Bevölkerung nicht recht und nach Ver-
lesung des betr. Ordinariatserlasses verschwand das Büchlein ganz
aus der Schule. Letzte Woche nun ließ der „Vorsitzende des kath.
Ortsschulraths" durch den Polizeidiener ausschellen, daß das betr.
Lesebuch bei Strafe eingeführt werden müsse. Der Pfarrer trat
dagegen auf und die Folge war: der Herr Bürgermeister ließ ein
mit seinem Namen versehenes Plakat an das Rathhaus anheften,
in welchem der Pfarv. als „Friedensstörer" in der Gemeinde dar
gestellt ward. Wenn der Bote die Abschrift dieses hübschen Akten-
stückes wünscht, kann es ihm Zugeschickt werden. Dasselbe scheint
übrigens wenig Zustimmung bei der Bürgerschaft (der kath.) ge-
sunden zu Huben, denn der Herr Bürgermeister ließ es selbst bald
wieder abnehmen.
Den nämlichen Abend war hier eine Wahlbesprechüng, der un-
gefähr 300 Theilnehmer beiwohnten. Der Herr Bürgermeister fand
sich auch ein, um zu sehen, daß dem betr. Polizeistrafgesetz ß (soviel
ich weiß 531 u od. d) kein Leid geschehe. Auch zwei Gensoarmen
waren in der Nähe des Lokals. Die Versammlung ging indeß
in Vollster Ruhe und Ordnung vor sich, so daß der gestrenge Herr
nichts zu erinnern fand. An der großen Anzahl Theilnehmer und
an den donnernden Bravo's, die während der Versammlung aus
gebracht wurden, jedoch weder auf ihn noch auf Lamey, konnte er
aber deutlich sehen, auf welcher Seite die kath. Bevölkerung steht.
Wie diese gesinnt ist, geht auch deutlich aus dem Wahlresultat her-
vor, denn trotz aller Blühe unserer Gegenpartei bekam, wie oben
erwähnt, Lamey nur 51 Stimmen, wahrscheinlich von den Israe-
liten und noch Einigen, die vom Bürgermeister abhängig sind.
— Aus dem Taubergrunde. Die Angst vor "den Amt
männern schwindet immer mehr beim Volke und die letzte Nieder-
lage der Regierungspartei wäre nicht so großartig gewesen, wenn
nicht der übertriebene Eifer des Beamtenthums selbst am meisten
geschadet hätte. Prachtvoll benahmen sich die Bürger von Gerchs-
heim. Dorthin wurden nämlich am Sonntag vor der Wahl un
geheure Ballen von Belehrungen und Lameyzetteln durch die Amts-
boten gebracht, allein die wackern Leute wiesen sie energisch zurück
und erklärten rundweg: „Saget dem Amtmann, wir brauchen
seine Vormundschaft nicht und wissen schon, was wir zu thun und
wen wir zu wählen haben".
Ungeheurer Jubel erfüllt das ganze weite Tauberthal, —
die Amtsleute und deren Mußdiener schnauben in ohnmächtigem
Grimm, der lediglich unser Lachen herausfordert. (Bravo so ist's
recht! Da ist dem Bote mitgetheilt worden, der Oberamtmann
Schmieder habe sogar auf der Treppe des Rathhauses in Tauber-
bischofsheim die Leute angehalten und ihnen mit drohender Miene
die Erwählung Lamey's anbefohlen. Das wäre denn doch das
Uebermaß von Wahlbeherrschung, aber auch das Uebermaß von
Feigheit von jenen, die sich dergleichen haben gefallen lassen. Und
das ist der nämliche Schmieder, der von Lamey nach Tauber
bischofsheim zur Strafe versetzt wurde, weil er damals kein Freund
der neuen fortschrittlichen Richtung war! Der Nämliche hat sich
auch durch die famosen Wiesencul.urZn, die die unglaublichsten
Summen verschlangen, und den entschiedensten Tadel des Landes -
commissärs Fecht in dessen Jahresbericht herausforderten, sehr viele
Gegner geschaffen. Wir bitten also unsere Correspondenten, denen
etwas über diese log. Culturen bekannt ist, uns Mittheilungen zu-
gehen zu lassen, da wir das größte Interessen an Herrn Schmieder
und seiner Verwaltung nehmen. Die Redaction).
-s- Obergrombach. Von 153 Stimmen sielen auf Frei-
herrn v. Göler 189 und auf Banquier Kölle von Karlsruhe mit
Hülfe des Culturförsters 14 Stimmen.
ff Karlsruhe, 24. Febr. Minister Stabel ist dem Vernehmen
nach außer der goldenen Kette noch mit 0000 fl. Ruhegehalt be-
gnadigt worden. Wenn Minister Jolly nach den Parlamentswahlen
sich noch nicht veranlaßt gesehen hat um seine Zuruhesitzung zu
bitten, so mag ihm wohl die Höhe der Pensionssummen der abge-
tretenen Minister hiezu veranlassen. Weiter verlautet, daß der
neue aus Preußen geholte Kriegsminister eine Besoldung von
14,000 fl. erhält. Ob es wahr ist, daß er sich bei etwaiger
Pensionirung einen Ruhegehalt von 10,000 fl. ausgehalten hat.
möchten wir denn doch fast bezweifeln, wünschen aber deßhalb eine
offtcielle Belehrung. Ueberhaupt wäre es an der Zeit, daß ebenso
gut, wie die vielen Ordensverleihungen bekannt gemacht werden,
dem Volke Ausschluß gegeben wird über die Besoldungs- resp. Pen-
sionsverhältnisse jener Männer, welche an die Spitze der Regierung
berufen werden.
* Karlsruhe, 25. Febr. Der preußische General v. Beyer
ist laut Karlsruher Zeitung zum Kriegsminister ernannt worden.
Der Generalstabschef v. Lescynski ist bereits ein Preuße. Weitere
Osffciersberufungen aus Preußen sollen bevorstehen.
Ich Aus dem Amtsbezirk Ettlingen. Sie sind beisam-
men gesessen heute und haben getagt, die großen Herren von
den 4 Aemtern Hemsbach, Ettlingen, Durlach und Pforzheim um
sofort zu verkünden den Sieg, den die Servilen hier im IX.
Wahlbezirk davongetragen haben. Ob sie jubeln, wissen wir nicht
— man hört nicht viel davon, obschon ihr Candidat mit Stim-
menmehrheit durchgegangen, Hr. Dahmen also hier durchgefallen
ist. Der Geldmann von Pforzheim erhielt im ganzen Bezirk 8096
Stimmen, unser Candidar nur 3942, so wenigstens berichtet das
neuste Telegramm von Ettlingen.
Allein, allein! Nicht edle Damascener-Klingen waren es,
mit denen unsere Gegner aus der Mensu" gestanden sind und mit
denen sie gefochten und den Sieg erlangt haben.
Es wurde schon bei der 1. vertraulichen Besprechung in B.
hervorgehoben, daß im 9. Wahlbezirk sür uns wohl nichts wird
durchzusetzen sein — die Fabriken in Pforzheim und die in Alb-
lhal sind von vorneherein sür uns als nicht zu zählen verzeichnet
worden. Denn man kannte von andern Gelegenheiten her die
Einschüchtungen, die von den Fabrikherrn und Fabrikdirigenten
gegenüber den Arbeiten geltend gemacht werden.
Das wußten wir im Voraus also — allein nie und nimmer-
mehr hätten wir geglaubt, daß von Männern, die ohnedieß noch
„liberal" sein wollen, Dinge möglich wären, wie sie im Amts-
bezirke Ettlingen vorgekommen sind. Bekanntlich steht der hiesige
Bezirk schon lange in allzu schwarzem Geruch; diese Tintenflecken
nun sollten ausgewaschen werden, koste es was cs wolle.
Sie hatten Furcht, die Herren, es könnte ihr Dennig doch
unterliegen und deßhalb wurde alles in Bewegung gesetzt. Ein
Gemeinderath der Amtsstadt mußte, als die Rührigkeit der Schwar-
zen bekannt wurde, in die benachbarten Ortschaften und für
Dennig Propaganda machen.
Allein alles Reden half nichts, trotz seiner guten Hoffnung,
mit der er sich entfernte, haben alle Orte im hiesigen Bezirk, mit
Ausnahme vielleicht von Forchheim, den Herrn Dahmen gewählt.
Als nämlich die schlichten Landleute den Ausruf der Servilen und
Anichlüßler gelesen hatten, der von einigen Geldmännern und
dem Amtmann unterzeichnet war, erklärten Manche: so, den
Dennig wählen wir erst recht jetzt nicht, weil dis unter-
schrieben sind. Und wie gesagt, sie wählten vorherrschend den
Herrn Dahmen, so in Kupferich, in den Gemeinden der Pfarrei