Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

DOI Kapitel:
Nr. 65-76 (3. Juni - 30. Juni)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.43881#0264

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
258

an welchem die ganze Stadt Antheil zu nehmen entschlossen war.
Ein großer Theil der Festtheilnehmer war bereits in dem Garten
versammelt, als ein Polizeibeamter erschien, um die Anwe-
senden zum Verlassen des Locales aufzufordern. Seinen Worten
gab sofort die nöthige Zahl von Schutzmännern Nachdruck, welche
das Publikum in kurz angebundener Weise zur Thüre hinaus
zwangen. Die ganze Stadt befand sich in Folge dieses Auftritts
in fieberhafter Aufregung und starke Militärabtheilungen durch-
zogen die Straßen, in welchen Tausende von Menschen hin- und
herwogten.
Berlin, 28. Mai. Die heutige Sitzung des Reichstags war
noch schwächer besucht, als die gestrige; von 297 Abgeordneten
waren wenig mehr als 100 anwesend, und auch von diesen befand
sich während der Debatte nur ein Theil im Saal. Daß der Reichs-
tag nach den Ferien besser besucht sein werde, ist kaum zu erwarten,
denn ein großer Theil der Abgeordneten ist nach Hause gereist und
will nicht nach Berlin zurückkehren. Die fortwährenden Reisekosten
fangen an für diejenigen, welche nicht Hunderte von Thalern für
jeden Sessions-Monat zu opfern im Stande sind, drückend zu wer-
den, und außerdem ist der Reichstag, und zwar in allen seinen
Fractionen, darüber sehr mißgestimmt, daß noch immer nicht das
Büdget eingelaufen ist, also auch nach Pfingsten, wenn es dann
vorgelegt wird, wenigstens eine Woche verfließen muß, ehe die
Plenarvorberathung beginnen kann. In der Thal läßt sich schwer
die bisherige Zögerung rechtfertigen, denn am Ende ist denn doch
die Herstellung des Budgets des norddeutschen Bundes pro 1869,
nachdem dasjenige von 1868 im Bundesrath und Reichstag voll-
ständig durchberathen werden ist, keine Hexerei. Nur eines ist
sicher: halb ist der Parlamentarismus bereits ruinirt; fährt die
Regierung in der bisherigen Weise fort, so geht er vollständig da-
rauf. Daß die Tribünen heute sehr schwach besetzt waren, läßt
sich leicht erklären, ^bedenklicher ist, daß man selbst im hiesigen Pw
blckum sich wenig um das, was der Reichstag thut, bekümmert
und kaum die Zeitungsberichte liest. (Franks. Ztg.)
Ausruf.
Am 16. d. M. brannten in Altheim 35 Gebäude nieder, weil
ein vier- und ein sechsjähriger Knabe sich einmal ein Feuerchen
machen wollten. Dadurch wurden 11, meist arme Familien mit
etwa 80 Personen obdachlos. Es fehlt ihnen aber auch an Klei-
dung und Nahrung, da sie bei dem schnellen Umsichgreifen des
Feuers fast gar nichts retten konnten, sogar ihr Ackergeräthe, das
sie doch so nothwendig zur Bestellung ihrer Felder bedürfen, ist
verbrannt. Dem augenblicklichen Nothstand der Abgebrannten
wurde zwar durch das Zusammenwirken Aller und der benach
barten Gemeinden abgeholfen. Auf längere Zeit hinaus kann dies
aber nicht geschehen, da die hiesige Gemeinde nicht zu den wohl-
habenden gehört. Daher nehmen wir unsere Zuflucht zu der öffent-
lichen Wohlthätigkett und bitten die löbl. Redaction des „Pfälzer
Boten", etwa eingehende Beiträge für uns in Empfang zu nehmen.
Auch ist der Unterzeichnete zur Empfangnahme von Beiträgen
bereit.
Altheim, Amts Walldürn, 28. Mai 1868.
Erzbischöfliches Pfarramt.
V. Dahl, Pfarrer.
L r i e f k a st e n.
Nach Wertheim. Wir werden Ihren Aufsatz in einer der nächsten
Nummern bringen.

Feuerjo!
Es brennt in Mannem! Feuerjo!
Des Lagerhaus steht roth in Flamme.
Helm uff! Eilt euch! Seid ihr all do?
Die Mannschaft und die Schpritze z'samme?
Der Hauptmann fiehrt se hin zur Bahn,
Sie gucke sich deß Feuer an.
Eh' mer thut lösche, muß mer wisse
Ob's brennt, wo's brennt, unn wie deß Feuer
Iß Feuer worre. — Nein' geschmiffe
Jn's Lagerhaus wie in e Scheuer,
Der Funke zündt Petroleum
Unn Spiritus, Jamaika-Rhum.
Deß All liegt aach in unsrer Stadt,
Wie könne mir nach Mannem fahre!
S' wär Unrecht, mehr! es wär Berrath:
Mir sinn bestellt die Schwesfelwaare,
Deß Bluntschli- unn deß Schenckel-Stroh
Zu hüte: sunscht brennt's lichterloh.
Unn jetzt gar, wo im Uewwermuth
Die Schwarze ihren Lindau wolle
Mit Fackle hole: deß wär gut!
Wann mir do drunne schpritze solle,
Wo hier vielleicht der Caarlsplatz brennt,
Wo's Amthaus sindt e — Helles End.
Mir bleiwwe do! Des Beichte wär'.
Die Schwarze kreegte gar kee Licht;
Denn hawwe se's vun ungefähr,
Mer weeß nit, was for Unglück g'schicht:
Glüh'nd Feuer, ärger wie die Pescht
Verzehrt z'letscht unser Rattenescht.
Mir danke's unsrer Polizei
Die Hot de Fackelzug verbotte:
E Schpruch, wie e Columbus-Ei!
Die schwarze Krebs sinn roth gesodde.
Wo keen Licht, do giebts keen Feuer:
Die Köpp haut ab, dann iß es g'heuer.

Aach uns fehlt vor Verstawwerung
Der Odem: radicale Mittel
Thun üwwerall die vornehmscht Wirkung:
Hilft keen Verbott, do hilft d'r Knittel.
Nor weeß mer nit, wie lang 's noch geht
Mit der Maschien, bis still sie schteht. —

Nachschrift.
I.. Heidelberg, 3. Juni. Ans authentischer Quelle kann ich
Ihnen in Betreff der Wahl eines Erzbischofs berichten, daß das
Hochw. Domcapitel dem Großh. Ministerium erwidert chat, es be-
harre auf seiner Liste und S. K. Hoh. der Großherzog habe
nur das Recht, alle Vorgeschlageue bis auf drei als „minder ge-
nehm" zu erklären. Drei Candidaten müßten aber auf der Liste
bleiben, als „genehm" erklärt werden und so das Domcapitel die
Freiheit haben, aus diesen drei „Genehmen" gemäß der Bulle uä
äom. ZroAis oustoäiam den Bischof zu wählen.

Für die Brandbeschädigten in Altheim
sind beim Erzb. Pfarramt daselbst eingegangen:
Von Hrn. Pfarrer Erbacher in Pülsringen 7 fl., wofür im Namen der-
selben dankt Dahl, Pfarrer.
Ferner sind bei der Redaction eingegangen: Von der Grün 1 fl.

Fahrniß-Versteigerung.
Aus der Verlassenschaft des Herrn Erz-
bischofs vr. Hermann von Vikari werden
Montag den 22. Juni d. I.
und die folgenden Tage, jeweils
Vormittags 9 Uhr an fangend
im Erzbischöflichen Palais folgende Fahr-
nisse gegen Baarzahlung öffentlich verstei-
gert: Gold und Selber, Präziosen, Betten
und Weißzeug, Schrernwerk, Küchengeräthc,
Stockuhren, Gemälde, 2 Chaisen, Faß- und
Bandgeschirr, Wein, Gartengeschirr und
verschiedener Hausrath.
Bemerkt wird, daß Gold und Silber
Mittwoch den 24. Juni,
Morgens 9 Uhr anfangend
und die Weine
Donnerstag 25. Juni,
Nachmittags 2 Uhr,
versteigert werden.
Tue Weine sind:

Vom Jahrgang 1855
4 Ohm.
1857
14 „
1858
22 „

1860
2V- „

Vom Jahrgang
1861
15
Ohm.
1862
16
,,
1863
47
1864
16
//
1865
14
1866
42
1867
20

Ebringer 2^/s Ohm.
Sodann 115 Flaschen feine Weine und
Champagner und 60 Maaß Branntwein.
Freiburg, den 28. Mai 1868.
Der Gr. bad. Notar.
Roman.

Eisenbahnsahrten.»»schm Heidelberg-Mosbach-Würzburg.
Abgang von

Heidelberg (Karlsth.) 4« 7«« 9" 12' 3° 7« 10"
Waibstadt Ank. 5° 8«° 10'° 1'» 3" 8«' 11"
> Ank. 5°° 9«° 10" 2° 4°° 9°° 12«»
Mosbach ^bg. 6° — 11» 2» 4" 5" I2«°
i Mnk 7»_ ns« Zio 53t 7 iss 1
Osterburken j 7,0
o . § Ank. 8" — 12b« 411 0-3 8«° 2«°
^auoa Abg. gi» g»° 12°° 4'° 6«° — 2°°
Würzburg Ank. 8 9" 2«° 5°° 7"-3°°

Würzburg Abg. 11°° 5 8'° 10 1" 6°°
o . l Ank. 1°° 6'° 9-« 11'° 3'« 8"
Lauda Abg. o»° 930 Zis g»»
, l Ank. 2" 8° 10'° 12-" 4-° 9'°
Osterburken ^hg. 2»° 8" 10«° 12°° 4°° 9«'
«n jAnk. 3°° 9«° 11» 1" 5°° 10'b
Mosbach j^ba 3°° 6°° 9" 11'° 1«° 5" 10«°
Waibstadt Ank. 4" 7°° 10°« 11°' 2" 6«° 11°
Heidelberg (K., Ank.) 5" 8°' 11»« 12°° 3° 7«° 11"

Lauda Abg. 6bv 8^b
Distelhausen „ ' 6^ 8"
Tauberbischofsheim,, 7? 8^
Hochhausen Ank. 7" 9

Lauda-Hochhauscn.

1 4'b 8^0
1» ^23 tz38
1^6 431
^40 355

Hochhausen Abg. 5^
Tauberbischofsheim „ 5^
Distelhausen „ 5^
Lauda Ank. 6

8 II
gio ii 10
Z18 1118
325 1125


Druck, Verlag und Expedition von L. Schweiß in Heidelberg. — Verantwortlicher Redakteur: I. Bi. Fla schon.
 
Annotationen