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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Schütz-Wolff, Johanna: Die Architektur der Primitiven in Ägypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0060

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teste, Schwächste, und w i r kommen und stau-
nen erschüttert vor dem wahren afrikanischen
Gesicht, in dem wir den Bruder erkennen, in dem
die wahre Beziehung zur Heimat steckt. Um die-
sen Bruder in seiner Reinheit zu schauen, fuhr
ich nilaufwärts, wo im Eingeborenenhaus ich ihm
gegenüber stand.

Wenn wir auf solch eine Siedlung blicken
(S. 39 oben), von der Höhe der Felsen, die der Nil
an seinen Ufern chaotisch übereinander türmt,
so sehen wir in feinem Rhythmus, zwischen Wür-
feln und Rechtecken, lange, liegende Zylinder.
Ein neues Element, das unserer modernen Archi-
tektur fast vollständig fehlt, die Kurve neben der
Geraden, der Bogen, der Halbkreis neben dem
Quadrat.

Das nubische Haus, oder man muß richtiger
sagen, das nubische Gehöft, besteht eigentlich

aus soviel Häusern, als Stuben vorhanden sind.
Die Schlafräume, die die stärkste Kühlung bean-
spruchen, sind überdacht. Es sind jene liegen-
den, längshalbierten Zylinder, die sich nebenein-
ander lagern, jeder Raum mit seinem eigenen
Dach. Die Spannung des Bogens ist bedingt
durch sein Baumaterial, den Nilschlammziegel,
der nur eine bestimmte Höchstbreite der Span-
nung zuläßt. Diese gibt die Norm für sämtliche
Gewölbe von Kairo bis Assuan und darüber hin-
aus. Niemand wird auch nur einen Zentimeter
schmaler bauen, als der Baustein es zuläßt.

Die Wohnräume und Ställe sind meist unüber-
dacht, für die Tiere niedere, für die Menschen
höhere kubische Räume, die sich nach oben leise
verjüngen (wohl aus statischen Gründen), was
dem Bau aber ein feines Fingerspitzen-Gefühl
gibt. Die Fenster sind rechtwinklig in die Wand

Assuan

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