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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Lotz, Wilhelm: Die jüngste Generation in der Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0087

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ziehung im Gegensatz zu dem, was man bisher
unter Erziehung in der Kunst verstand, mit der
griechischen Erziehung zum Menschheitsidea!
vergleichen, denn dort versuchte man auch eine
Haltung zum Leben anzuerziehen, mit einer be-
ständigen Freiheit diesem Leben gegenüber.
Man machte den Menschen weniger oder nicht
zum Lehrer en miniature, sondern gab ihm nur
die Möglichkeit, sich lebendig zum Leben ein-
zustellen.

Wenn das Erziehungsidea! des Architekten in
diesem Sinn verwirklicht werden könnte, so
würde dann die „Zeit" als wirklich gestaltendes
Moment das Zwingendere sein als die Persön-
lichkeit. So könnte man sich erklären, daß die
Bauten zweier verschiedener Generationen in
derselben Zeit — wie es etwa heute der Fall
sein könnte, wo die Arbeiten dieser Jüngsten
dieselbe Entwicklungsstufe kennzeichnen wie
die gleichzeitigen Arbeiten ihrer Lehrer — sehr
gleichartig sind. Das besagt natürlich noch nicht,
daß sie in der Qualität gleichartig sind. Die älte-

ren werden den Vorteil größerer Erfahrung ha-
ben, ob die jüngeren den größeren Elan haben,
wird in verschiedenen Zeiten verschieden sein.
Immerhin bietet sich hier der Ausblick und, wie
ich glaube, nicht ganz ohne Hoffnung, auf eine
Entwicklung, die strenger wie bisher an die Ent-
wicklung der Zeit gebunden ist und weniger an
das Persönliche. Der Architekt wird dann weni-
ger in seine Generation einzuordnen sein wie
bisher. Wilhelm Pinder hat in seinem Buch „Das
Problem der Generation in der Kunstgeschichte
Europas"*) zum erstenmal auf das Durch-
brechen der zeitlichen Entwicklung der Stilge-
schichte durch die Bindung der Künstler an die
Generation hingewiesen. Wird die kommende
Architektur diese Bindung ausschalten?

Von den abgebildeten Arbeiten soll uns vor
allem die Wohnhausgruppe in Namslau (Schles.)
beschäftigen. Es handelt sich um eine sehr kleine
Stadt von 6000 Einwohnern. In den letzten zwan-
zig Jahren sind kaum Wohnungen gebaut worden

*) Frankfurter Verlagsanstalt, Berlin W 15
 
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