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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Bier, Justus: Ausstellung "Die Gebrauchswohnung" in der Siedlung Dammerstock Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0696

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Gestaltung freiere Möglichkeiten geben. Interessant
ist der künstlerische Gegensatz zwischen Gropius
, f und Haesler. Der Block von Haesler, in der Masse

" - straff zusammengehalten, zeigt eine Westfront mit

... ^ 1 " { " über dem Erdgeschoß ausspringenden glasverklei-

/ " *• 'f " 7- " deten Treppenhäusern, die abends fantastisch auf-

f^^ST "~ | S- strahlen, und eine glatte Ostfront, deren komplizier-

PffW> f" ter, aber gemeisterter Rhythmus sich aus Haeslers

• P t Bestreben, jeden Raum in der Fensterfolge anzuzei-

____ c □■■minniiÄi: gen. ergibt. Diese für Haesler typische Einstellung

■^■PP^fllPMr «^ffPSlPfe-^. auf vollen Ausdruck der inneren Raumanordnung in

der Fassade teilt Gropius nicht. Er faßt die einzel-
nen Fensterelemente einer Wohneinheit möglichst zu
Reihen zusammen, zu größeren Elementen der Außen-
ordnung, die eine so freie künstlerische Gestaltung
Laubenganghaus Gropius verstatten, wie auf der strengen, ruhigen Westseite
Ostseite seines einen Miethausblocks. Diese erfährt nur
____ _=_. durch den eingezogenen Treppenhausschlitz und

das leichte Vorrücken der rechten Blockhälfte die
für Gropius charakteristische Bewegung von
Flächen gegeneinander, die sehr viel stärker auf
der Ostseite und an dem Laubenganghaus wieder-
kehrt, wo vorspringende Terrassen, Loggien und Bal-
kone zusammen mit den Senkrechten der hier auch
in der Außenerscheinung mitsprechenden tragenden
Quermauern eine weitgehende, formal sehr glücklich
bewältigte Aufschließung des Baukörpers zum ge-
rüsthaften, leichten Gehäuse bedingen.

Gropius, der als der erste Preisträger des sei-
nerzeitigen Wettbewerbes die künstlerische Ober-
obergeschosse leitung über die Gemeinschaft auswärtiger und

Karlsruher Architekten hatte, hat mit Haesler zusam-
men auch die gemeinsame Festsetzung der schon
von Dr. Lötz erwähnten Richtlinien veranlaßt, die
der einheitlichen Erscheinung der ganzen Siedlung
außerordentlich zugute kommen. Ihnen entsprechend
wurden durchweg gleiche Stockwerkshöhen, gleiche
übersichtsplan Obergeschosse Fensterelemente, gleiche Türen, gleiche Traufrinnen

und Traufkessel und der gleiche weiße Putz mit
grauem Sockel verwandt. Der Unterschied der ein-
zelnen Baugruppen liegt daher nicht wie sonst häu-
fig im Detail, sondern im eigentlich Architektoni-
schen, in der vom Grundriß her bestimmten Formung
des Gesamtkörpers. Die Richtung auf möglichst klar
übersichtspiqn Untergeschosse geprägte Typen an Stelle willkürlicher Variation hat

Laubenganghaus Gropius auch die konsequente Ausbildung sämtlicher Schmal-

seiten der Blöcke als fensterlose Brandmauern be-
^Haana^nagBmaa^HI wirkt, was die Planung eigener Ecktypen erübrigt

und künstlerisch den großen Vorteil bringt, daß das
Auge selbst bei den Kleinhausblöcken die Wohltat
der reinen Fläche neben den kleinteilig durchbroch-
nen Frontseiten erfährt.

Uber den Bebauungsplan, der aus der Verschmel-
zung der besten Plangedanken des Gropiusschen
und Haeslerschen Wettbewerbsentwurfs entstanden
ist, ist der frühere Bericht zu vergleichen. Die
streng parallele Führung sämtlicher Hauszeilen als
hygienisch und wirtschaftlich beste Form erscheint
zugleich als die durch ihre Eindeutigkeit künstlerisch
befriedigendste. Für Abwechslung sorgt ja ohnedies
das Nebeneinander unterschiedener Einfamilienhaus-
IS zeilen und Wohnblöcke. Daß dem Wohnblock sein
Recht eingeräumt ist, ist besonders zu begrüßen,
■■. • ~- weil diese Wohnform noch dringender als der Flach-

bau einer Weiterentwicklung bedarf. Neben den nor-
Laubenganghaus Gropius ma,en Blöcken mit je zwei Wohnungen an einem

Westseite Treppenhaus verdient besonderes Interesse das

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