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Pfälzer Bote für Stadt und Land — 1868

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Nr. 102-115 (1. September - 30. September)
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Palast geräumt werden, denn der Zorn der treuen Sionswächter
in Florenz will ihn in eine Kaserne verwandelt sehen!

Ein katholisches Fest.
—b. Waibstadt, 4. Sept. Wir können nicht umhin den
Lesern des Pfälzer Boten das großartige herrliche Eiuweihungsfest
unseres neuer! gothischen Tempels — von dem sie schon Manches
gelesen — vorzuenrhalteu, ein Fest das so recht wie kein anderes
den Characlsr der katholischen Feste, vie einzig in ihrer Art da-
stehen, kennzeichnet, ein Fest, das für alle Zeilen und Generationen
hiesiger Stadt und Umgegend denkwürdig sein und die freudigsten
Nachklänge bewahren wird.
Samstag den 29. August, Nachmittags Vs4 Uhr, bewegte sich
ein festlicher Zug aus hiesiger Stadt nach dem Bahnhofe, um den
hochm. Herrn Weihbischof Dr. Lothar Kübel von Freiburg in
feierlicher Werse, wie es einem apostolischen Oberhrrten gebührt, ab-
zuholen. Kanonendonner verkündete von einer Anhöhe herab —
oberhalb der Kapelle — die Ankunft des Etfenbahnzuges, Alles
war in der gespanntesten Erwartung den hochw. Herrn Bischof zu
sehen und seinen apostolischen Segen gläubigen Herzens zu empfangen.
Nachdem der Bischof ausgestiegen und von der Gemeindebehörde
und der grast.cheu Familie v. Helmstadt empfangen worden war,
hielt Herr Decan Schmidt von Dielheim eine Ansprache an den
Bischof, worauf Hochderselbe iu ergreifenden Worten erwiederte.
Alsdann sch ilt unter Kanoneusalven und Glockengeläute, den
Segen ertheilend, der Bischof durch eine Reihe weißgekleideter Mäd-
chen, liebliche blühende Gestalten im zartesten Aller, mu Kränzen
und Blumen geschmückt, sie selber liebliche Blumen — rechts und
lmks bildete das freiwillige Feuerwehreorps von Waibstadt Spalier,
und angelangt am Eingänge unserer alten ehrwürdigen Gnaden-
kapelle empfing den Bischof der Clerus, worauf sich der Oberhirte
rn das Innere der mit Oclgemälmn, Statuen und Blumengewinden
gezierten Kapelle begab, um an den Stufen des Hochaltares sein
Gebet zu verrichten. Bon da aus bewegte sich die Procession in
die Sladt, überwallt mit Standarten und Fahnen, die buntfarbig
schillernd rn den lüften flatterten und dem Donner der Kanonem
salven, die von dem nahen Mühlberge rn laulem Echo zurückhallten!
Doch leider! haben nur dabei auch ein Unglück zu berichten, indem
ein zu früh sich entladender Schuß einen', der Kanoniere, einem
braven, christlich gesinnten Burger, den Ladstock gewaltsam den Hän-
den entriß und dadurch diese schwer verletzte. —
Ein prachtvollen, vor der Stadt aufl.erichtetcr Triumphbogen,
gewunden mit frischem Grün, deeorirt oben aus dem Rundbogen
mit dem päpstlichen Banner,/unten mit den bischöflichen Insignien,
der Mitra und dem Stabe mit der passenden Aufschrift: „Lano-
ckietus, gui vsnit in Nomina Domini'* empfing den hochw. Herrn
Bischof. Hier war in zwei Reihen die liebe Schuljugend von
ihren Lehrern in musterhafter Ordnung : ud gesitteter Haltung auf-
gestellt. Eine große Menge Volks harrte hier, um auf den Knieen
den bischöflichen Segen zu empfangen. Welche Innigkeit, Kraft
und Trost liegt nicht im katholischen Glauben!
Von der Ehrenpforte wallte die Procession unter Kanonen-
donner und feierlichem Glockengeläute durch die reichlich mit Maien,
Fichten, Blumen und Kränzen gezierte und mit einem Meer von
Fahnen in den verschiedensten Farben gehüllte Stadt. Auf beiden
Seiten des hochw. Clerus gaben die Hauptleute der Feuerwehr,
in militärischer Tracht und Haltung das Ehrengeleite. Unterdessen
harrte die trefflich gekettete Kapelle des Feuerwehreorps auf dem
mit Fichten geschmückten Kkrchcnplatze, vor dem Eingänge dec pracht-
vollen und auf's reichste geschmückten Kirche. Der stolze colosfale
Thurm selbst war mit sechs päpstlichen Flaggen, in schwindelnder
Höhe decorirt. Endlich war der hochw. Herr Bischof vor dem schön
verzierten Pfarrhaufe angekommen, wo er in feierlicher Weise mit
apostolischer Würde und Erhabenheit, den Katholiken Waibstadt's
für den außergewöhnlichen Empfang, den die braven Waibstadter
bereiteten, seinen innigsten Dank aussprach. Abends ^9 Uhr
brachte die Capelle der Feuerwehr und der Sängerkranz ein Ständ-
chen vor dem Pfarrhause, und cs muß dabei namentlich der treff-
lichen Leitung des Dirigenten Völker gedacht werden. Nach Vor-
trag mehrerer Piecen sprach der Bischof von seinem Zimmer wie-
derholt seinen Dank aus und forderte zur Vorbreitung des morgi-
gen hohen Festtages auf, indem er die Worte des vorgetragenen
Liedes: „Das ist der Tag des Herrn" betonte.
Am Sonntag den 30. August, dem Einweihungstage der neuen
Kirche, verkündeten Tagreveille, Kanonensalven uno Glockengeläute
den nahen Anbruch des kommenden Tages. Morgens 7 Uhr begann
der Bffchof nach der feierlichen Abholung vom Pfarryause dre Consecra
tio.'der neuen Kirche, welche bis ^11 Uhr wähne u. mit der Ein-
weihung des Hochaltars endigte. Hierauf celebricte der hochw. Hr. Bischof
unter Assistenz mehrerer Priester das feierliche Hochamt, die Festrede hielt
Herr Decan Schmidt. Wie ergreifend war nicht am Schluffe des
Hochamtes das aus über 3000 Kehlen schallende: „ll'a tLu-
in Begleitung einer volltäi.enlun LUgeli

! Um 1 Uhr wurde der Bischof in feierlicher Procession in das
Pfarrhaus begleitet. Während der Tafel spielte die Feuerwehr-
capelle.
Nachmittage 3 Uhr wurde der hochw. Herr Bischof wieder
in feierlicher Procession in die Kirche begleitet, und es begann die
Einweihung der Seilenaltäre, welche am Vormittag nicht mehr
vorgenommen werden konnte. Abends 8 Uhr bewegte sich ein
großartiger Fackelzug unter bengalischer Beleuchtung des Kirch-
thurms mitten durch^die Stadt. Hierauf entsprach das Musikcorps
der Einladung von Leite oes kaihol. Männervereins, und begab
sich in das festlich geschmückte Vereinslocal. Oben aus dem Dache
wehte die Vereinsfahne, eine schöne päpstliche Flagge. Auf der
Galerie war von dem Vorstands des Vereins eine buntfarbige
Illumination angebracht. Es war in so recht katholischem Sinne
ein Männerfest, ein freudiges Fest, dessen Bedeutung noch durch
den Besuch mehrerer geistlichen Herren gesteigert wurde. Nachdem
das Musikcorps unter Beifall mehrere Stücke vorgetragen, wurde
von einem Mitglieds des Casino's in beredten Worten des Stifters
und Gründers des Vereins, Herrn Pfarrer Münch in Schwetzingen,
gedacht. Nach einer kleinen Pause erhob sich unser Herr Kaplan
Korn von Mannheim, der s. Z. sehr viel zur Hebung des Vereins
beigetragen hatte, und uns heute mit seinem werthen Besuche er-
freute. In begeisterten Worten suchte er bei der mißlichen Lage,
die von außen überall der Kirche drohe, den Männermuth noch
mehr zu entflammen und schloß darauf mit einem Hoch auf
die kath. Vereine, welches mit dem größten Beifall ausgenommen
wurde.
Ein anderer Redner setzte alsdann in lebenssrischen Worten
und kernhafter Sprache die Bedeutung des heutigen Festes in Be-
ziehung auf die Haltung des Vereins auseinander. Herr Stadt-
pfarrer Gumbel begann nun, bezugnehmend auf den Vorredner,
die Wichtigkeit der katholischen Vereine und den großen Nutzen
derselben darzulegen, und sprach die inhaltsschweren Worte: „der
Verein muß sich kräftigen, er muß wachsen, dahin müssen wir stre-
ben." Wohlan also, machen wir zur Stells das Wort zur That!
Den Schluß bildete der Toast auf die Waibstadter Männer
und „Waiber", ausgebracht von Herrn Decan Schmidt, der durch
den heiteren Ton seiner Ansprache die Geselligkeit und Gemäch-
lichkeit am meisten zu heben verstand. Am Schlüsse der Musikoor-
träge dankte der Vorstand des Männervereins für den freundlichen
Besuch der geistlichen Herren, mit dem Wunsche sich bald wieder
einer solchen geselligen Unterhaltung erfreuen zu dürfen. Gegen
11 Uhr begleitete die Feuerwehr Herrn Bauinspector Dernfeld, den
Entwerfer des Planes unseres neuen Gotteshauses, mit Fackeln auf
die Bahn. Der Tag endete zur allgemeinen Zufriedenheit.
Montag den 31. August verkündeten ebenfalls Glockengeläute,
Kanonendonner und Tagreveille ^sn zw iten nicht.minder wichtigen
Festtag. In aller Frühe kamen Processionen mit den Firmlingen
aus oer Umgegend. Um 8 Uhr begann der Gottesdienst. Der
hochw. Herr Bischof celebrirte die hl. Messe. Hierauf spendete der
Oberhirte gegen 800 Firmlingen das hl. Sacrament der Firmung
drei volle Stunden ohne eine Spur von irgend einer Einwir-
kung der Hitze und Ermattung bemerklich zu machen. Die Haltung
der Firmlinge machte einen außerordentlich günstigen Eindruck.
Langsamen Schrittes, mit vor der Brust gefalteten Händen, gesenk-
ten Hauptes traten sie aus dem Schiffe der geräumigen Kirche in
den Chor vor die Communicantenbank, um vom Oberhirten das
hl. Sacrament zn empfangen. Unmittelbar nach der Spendung
der hl. Firmung bestieg der Bischof die Kanzel und sprach nahezu
eine Stunde lang über die Grundpfeiler der christ katholischen Reli-
gion. Welch' eine Meisterhaftigkeit des bischöfl. Redner's. Dre
Fülle und Orginalität der Gedanken, die klare, lichtvolle Darstel-
lung, die für Jedermann verständliche Ausdrucksweise, getragen
von einer männlrch kräftigen, volltönenden Stimme, gehoben durch
eine majestätische Gestalt, der die edle, ruhige und angemessene Be-
wegung entsprach, — alles zusammen übte einen außerordentlichen
Zauber auf die Versammlung, die Kopf an Kopf gedrängt mit ge-
spannten Blicken und ganz Ohr dem gewaltigen apostolischen Worte
ihres Oberhirten lauschte. Kein Laut, keilt Geräusch wurde bei
einer Versammlung von mehr denn 3000 Zuhörern bemerkbar.
Die versammelte Gemeinde harrte bis zum Schluß der hei-
ligen Handlung, worauf der Bischof in der nämlichen Procession
wie vom Psarrhause her auch wieder dahin zurückbegleitet wurde.
Die Gememde und Kirchenvorstände der Pfarrei und auswärtige
Geistliche machten hier dem Bischof ihre Aufwartung. Nachmittags
4 Uhr begab sich der hochw. Herr Bischof in Begleitung des hochw.
Clerus und des Festcomilö's, an der Spitze die Musik, irr die Kirche
und ertheilte feierlich den Segen. Von da bewegte sich unter
^usik, Kauonensalven und Glockengeläute der Zug gegen das Sins-
heimer Thor. Hier angekommen hielt dec apostolische Oberhirt
nochmals eine sehr rührende Rede, welche keine Augen thränenleer
ließ. Wir fühlten uns um 1800 Jahre zurückversetzt in das hl.
Land als der Herr Bischof begann: „Nun begreife ich, warum
der göttliche Heiland sagte, lastet die Kleinen zu mir kommen."
Nach feierlichem Gebete und Empfehlung der Jugend in den Schutz
der allerfeUgsteu Jungfrau ertheilte er nochmals den Segen, den
 
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