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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Kramer, Ferdinand: Die Thonetindustrie
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Hilberseimer, Ludwig: Entwicklungstendenzen des Städtebaus
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0253

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1871 stirbt M. Thonet. Er hinterläßt bereits
zwanzig Fabriken und Sägewerke, außerdem Ver-
kaufsmagazine in fast allen europäischen Groß- ^^mmmmmm.......mrZ0Mii

Mittlerweile sind die Patente abgelaufen. Die I ^^0tltw'im'^g^^^^^^^^

Konkurrenzfirma COHN entsteht, die in künstle- V^jfy f m f w0lM

nischer Hinsicht führt, technisch aber bald über- ^T""" II \ J ^00S^^^JL

flügell und dem Thonetkonzern einverleibt wird, ^SSS^K^KKU^mm *

1918. nach dem Zerfall der Donaumonarchie. J^Ä^W^^fc»« m

liegen die Fabriken in Polen, Tschechoslowakei. I Wm%'' | m

Ungarn und Deutschland. Die Umwandlung der 1 - \ ....... r^flm

Firma in eine A. G. ist daher nicht zu vermeiden. 1 ^T^wBm^iB^TJ

außerdem findet eine Fusionierung mit dem groß- / B^il 1

ten Konkurrenzunternehmen, der kapitalkräftigen V

Mundus A. G., Zürich, statt. Diese Verbindung I 1 %

eröffnet wieder die während des Krieges ver- 1 \

lorengegangenen Märkte in Südamerika, Indien § m

Die gesamte Thonet-Mundus-A. G. beschäftigt
20 000 Menschen. Jährlich werden 200 000 f
Meterzentner Möbel in alle Weltteile verschickt.
Die Durchschnittsproduktion beträgt täglich
18 000 Stühle, allein vom Sessel Nr. 14 wurden Thonetstühle
bisher 10 000 000 Stück hergestellt. Dieses
Unternehmen hat also Dimensionen angenom-
men, die sich mit den Typen der Serienfabrika- sieht. Es ist zu hoffen, daß eine entsprechende
tion der amerikanischen Automobilindustrie abso- Lösung für die Möbelfabrikation überhaupt ge-
lut vergleichen lassen. Das gilt in arbeitstechni- funden und daß die jetzige Krise dadurch
scher, organisatorischer und finanzieller Hin- überwunden wird. Ferdinand Kramer

ENTWICKLUNGSTENDENZEN DES STÄDTEBAUS

In der gesamten Formengeschichte der Mensch- lagen. Die ägyptische Kultur beruht, wie alle Kul-

heit von den Uranfängen an bis zur Gegenwart turen des alten Orients, auf einer Sklavenwirtschaft,

lassen sich zwei Gestaltungskategorien feststellen: Mit absoluter Machtvollkommenheit herrschende

die organhafte und die geometrische. Beide ent- Könige haben mit der Wirtschafts- und Arbeitskraft

sprechen bestimmten Gemeinschaftsstrukturen, ganzer Völker sich ungeheure Tempel, Paläste und

deren Sinn sie symbolhaft zum Ausdruck bringen. Grabanlagen geschaffen, deren architektonische

Zwar sind sie im einzelnen durch verschiedenartige Ordnung die gesellschaftliche Schichtung klar zum

Einflüsse vielfach modifiziert, trotz aller Variationen Ausdruck bringt. Von ihrer Uberdimensionierung

lassen sich aber die für jede Gestaltungskategorie geht eine das Individuum völlig erdrückende Wirkung

charakteristischen formbildenden Elemente immer aus, die noch verstärkt wird durch die strenge

wieder feststellen. axiale Bindung des Zugangsweges.

Dieser Gegensatz von Geometrischem und Orga- Im schärfsten Gegensatz zu den festen, starren

nischem bezieht sich auch auf die architektonischen und schweren ägyptischen Bauwerken stehen die

Bildungen, sowie Einzelbauwerke wie Stadtanlagen, aufs äußerste aufgelockerten baulichen Anlagen der

und auch hier sind es soziologische Ursachen, die Griechen. Gewiß sind auch hier geometrische For-

zu diesen bestimmten Formen geführt haben. men als Grundlage verwendet, aber nicht um ihrer

Am auffallendsten tritt das in Erscheinung im Ver- selbst willen in einem starren Achsensystem, son-

gleich etwa ägyptischer und griechischer Bauan- dem in einer beispiellosen Bewegtheit passen sie

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