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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 4.1929

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Villon, Pierre: Filmkunst in Frankreich
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https://doi.org/10.11588/diglit.13710#0313

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Man Ray „Der Seestern"

glaubhaft zu machen, aber sein Sinn für Komik und
sein Geist geben uns noch genug Stoff zu intellek-
tuellen Genüssen.

Angesichts eines Talentes wie desjenigen Rene
Clairs, und wenn man bedenkt, wie sehr der Ge-
schmack der großen Masse sich bezüglich der Film-
kunst gebessert hat, muß man sich fragen, ob nicht
der Augenblick gekommen ist, daß das Publikum sich
seiner Kraft bewußt wird und darauf besteht, die
Filme zu sehen, die es gerne sehen möchte. Vor
dem steigenden Erfolg derjenigen Pariser Vor-
trupp-Kinos, welche ein mit sicherem Geschmack
zusammengestelltes Programm haben, müßte die
Lebensfähigkeit eines solchen Unternehmens als ge-
sichert betrachtet werden. Es wäre der einzige Weg
aus der Sackgasse, in der das europäische Kino
fest sitzt.

Man Ray „Der Seester n".

Der zum Pariser gewordene Amerikaner Man Ray
kam von der Malerei zur Fotografie und von die-
ser zum Film. Er gehört zur Bewegung des Sur-
realisme. Doch genügt dieses programmatische
Schlagwort nicht, die rein grafische Schönheit sei-
ner Fotografien, den echt kinematografischen
Rhythmus seiner Filme und ihre sensitive Lyrik zu
umschreiben. Diese Filme sind nicht für das große
Publikum gemacht, welches zwar sehr wohl das
eigentlich Filmische einer guten Produktion fühlt und
sich unbewußt davon beeinflussen läßt, welches
aber immer nach einer tragenden Geschichte ver-
langt, statt sich ganz der Bewegung und der Poesie
solch eines Avantgarde-Filmes hinzugeben, wie man
sich dem Eindruck der Musik hingibt.

„Der Seestern", gedreht nach einem Scenario von
Robert Desnos, ist ein visuelles Gedicht, ein Liebes-
gedicht, einfach, melancholisch, ergreifend, halb
Wirklichkeit, halb Traum. Ein reines Kunstwerk, das
man nicht erklärt und nicht erzählt, ebensowenig,
wie man Musik erzählt.

Germaine Dulac „Die Muschel und der
C I e r g y m a n".

Germaine Dulac kam zum Film, weil sie in ihm die
Möglichkeiten neuen Ausdrucks sah. Es war ihr nicht
immer gegeben, frei nach ihrem Willen zu arbeiten.

Germaine Dulac: „Die Muschel und der Clergyman"

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