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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Berliner Kunstschau
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Die Aunst-Halle.

56

Nr.

ircten, mit einer „Phantasie zunr perligen Dreikönigs-Abend".
Er verwendet nur wenige Mittel, sehr wenig Farbe, erzielt
aber durch trefflich geschloffene Komposition und sichere Zeich-
nung gleichwohl eindringliche Wirkungen. Besonders gelungen
sind die lieblichen Engelchen, die den drei Königen durch die
Dämmerung des Abends voranziehen oder sie umdrängen.
Als ein begabter Schüler Heinrich Zügel's hat sich
chon mehrfach Emanuel Liegend arth gezeigt; die „Kühe
am Wasser", die man hier sieht, befestigen durch die Breite
und Frische, mit der sie gemalt sind, den früher gewonnenen
günstigen Eindruck. Uebrigens darf seine treffliche Studie
„weiblicher Rothkopf" nicht unerwähnt bleiben. Landschaften
voll tiefer Empfindung und Stimmung haben Augnst Finck,
von Eanal, Franz Lisch und R. Kaiser ausgestellt. Die
Größe der Anschauung, die das Parkbild des letzteren aus-
zeichnet, kehrt fast noch deutlicher wieder irr einer kleinen
Radirung von großer Schönheit des Tones.
Unter den Arbeiten der Berliner Maler hängt eine Land-
schaft von R. Thierbach, die trotz ihrer Unscheinbarkeit manch
prunkendes Gemälde in den Schatten stellt. Es scheint ein
Motiv aus Thüringen zu sein, ein Städtchen inmitten waldiger
brühen, dessen Mittelpunkt ein Schloß auf ragendem Felsen
bildet. Lin köstlicher Duft liegt über der weiten Landschaft,
und eine Fülle schlichten deutschen Empfindens hat der Maler
in dies traulich poetische Bild hineingelegt. — Mit ungleich
derberen Mitteln arbeitet Poffmann-Fallersleben in
seinem „Oldenburgischen Bauernhaus", das in einem weniger
kraß-goldenen Rahmen besser wirken würde, das aber auch so
einen nachhaltigen Eindruck hinterläßt. Bon den zahlreichen
weiteren Landschaften Berliner Künstler seien Türcke's frische
pavelbilder, Sander's Mondaufgang, p änsch', Pflu gr adt's
und Otto Antoine's Arbeiten genannt. Bon den beiden
kleinen Gemälden des Letzteren erfreut besonders das „Mühl-
bachthal". Endlich seien noch hervorgehoben Gtto 6. Engel's
kleine, sehr farbenkräftige und frische Pastelle, unter ihnen
„Die Fähre", das stimmungsvolle „Bach dem Regen" und der
„Morgen im Pafen", sowie eine brillante Radirung Permann
Struck's „Borstadtabendstimmung" und ein koloristisch-inter-
essantes, sehr malerisches „Stillleben" von E. Albrecht. —-
Im großen Oberlichtsaal bei Keller L Reiner findet
man zur Zeit nur ein einziges Kunstwerk, aber eines, von
dem seit längerer Zeit sehr viel geredet nnd geschrieben*),
und über das nicht minder viel gestritten worden ist, Mar
Kling er's „Beethoven". Schon dies außerordentliche Auf-
sehen, das in gleichem Maße neuerdings wohl kein anderes
Kunstwerk erregt hat, ist ein Beweis dafür, daß es sich hier
um eine ungewöhnlich bedeutende Leistung handelt. In der
That empfängt man von den: Bildwerk entschieden den Ein-
druck wahrhaft monumentaler Größe. Freilich muß man es
genießen mit inniger Sammlung, wie einige der Tondichtungen
des Meisters, den es darstellt oder — richtiger gesagt — dein
es als puldigung geweiht ist, nur die reine hohe Schönheit zu
empfinden, die ein großer Künstler mit zwingender Kraft in
diese seine stolze Schöpfung gebannt hat.
Paul Warncke.
Easper's Kunstsalon in der Behrenstraße hat für die
begonnene Wintersaison abermals eine sehr mannigfaltige
Gruppe voir Bildern und mehrere Plastiken, u. a. von dein
*) Bgl. unseren Wiener Kunstbericht in Br. des
VII. Jahrgangs.

Wiener Gurschner zusammengestellt. Beben einigen guten, alt-
holländischen Gemälden, die auf die Namen Netscher, F. Bol
und B. Maes angesprochen werden, bilden zwei kleine, markante
Baturschilderungen Eonstables, ein seltsames pundebild von
E. Delacroix und ein paar treffliche Arbeiten der Barbizon-
schule, besonders die mit einein köstlich weich gemalten Frauen-
akt belebte Landschaft von Diaz, den Hintergrund, den
historisch interessanten Theil dieser Auswahl. Die Mehrzabl
der Stücke gehört natürlich den Lebenden an, unter denen wir
Franzosen wie A. de la Gandara und L. Boulard, Engländer
und Schotten wie Austeil Brown, Mac Bride, parrington Mann,
Murray Reid, 6. Sidney, Grosvenor Thomas, M. Wright
u. s. w., Polländer uud Belgier wie Nicol Jungmann, E. Elaus,
Wysmuller, und endlich die Deutschen p. von Bartels, G. Kuehl,
Lcnbach, Menzel, O. Reiniger, Fr. Stuck, W. Trübner,
A. Kampf, Skarbina, Kappstein, L. Peilemann, I. Schenker
u. v. A. finden.
Unter den Männerporträts der Sammlung tritt, wenn
inan den rothgekleideten pasensäger jenes Rembrandtschülers
ausnimmt, Lenbachs charakteristische Pastellskizze des Grafen
Bülow am meisten hervor. Bon Frauenbildnissen macht ferner
der frische, geistvoll hingesetzte Kopf der Erbprinzeß von
Meiningen — von der pand desselben Meisters herrührend —
einen nachhaltigen Eindruck, neben welchem die ebenfalls in
Profil gestellte palbfigur einer aristokratischen Dame von
de la Gandara wegen des krankhaft trüben Inkarnats ver-
blassen muß. Franz Stucks braunmodellirter, weiblicher Kopf
giebt in Schöpfung und Ausdruck nichts neues mehr. L. Peile-
mann weiß in zwei Darstellungen der Grazie seiner Modelle
ebenso sehr gerecht zu werden, wie der Polländer Jungmann
dem eigenthümlichen Wesen eines bäuerlichen Kinderpaares,
das er in Hellen Farben und festen Umrissen giebt. Auch von
einigen vorhandenen Landschaften läßt sich Günstiges hervor-
heben, z. B. dem intensiv beleuchteten Küstenbilde des Im-
pressionisten Emile Elaus, einer Gartenschilderung Skarbinas,
einer Landschaft mit Mühle von Pans von Bartels. —
Im Salon Ed. Schulte sind wir noch nachträglich einigen
Malern Beachtung schuldig, die durch die künstlerische Wucht
der Kroyer-Ausstellung leider etwas in den pintergrund ge-
drängt wurden. Im vorderen Mittelraum sind es zumal zwei
Landschafter, der Oldenburger G. Müller vom Siel und
der Berliner Aquarellist Mar Fritz, von denen Jeder eine
eigen geartete, reife und echte Künstlerschaft besitzt. Müller
vom Siel hat in eine, mit Wasser und Baumgruppen belebte
Spätsommer-Landschaft seiner peimath einen schwcrmüthigen
Ausdruck gelegt, der, wie auch der hochmalerische Reiz dieser
Leinwand nachhaltig fesselt. Mar Fritz wirkt, neben solchem
Pathos der Schilderung wie ein Lyriker voll Feinheit und
Poesie des malerischen Ausdrucks. Bur ein sonniges, glückliches
Talent kann so anspruchslose, in Mitten oder aus der Umgebung
kleiner märkischer und pommerscher Orte geschöpfte Motive —
Stadtgraben, paide, Weiher, Kanal, Lirkenallee, peuaufladen
u. s. w. — mit einem Zauber von Farbe und Licht umkleiden,
der dem nüchternen Blicke des Alltagsmenschen in diesen
Winkeln einer gewöhnlichen Natur entgeht.
Bubert von perkomer .wirkt dagegen in einigen
Aquarellen mit hübschen Typen von weiblichen und männlichen
Landleuten süßlich und unwahr. F. Klei n-Ehevalier ge-
fällt mir in einer kraftvollen Farbenskizze mit Schiffern, die
auf die Fluth warten, besser als in seinen Porträts, die freilich
neben dem sauberen Dopxelbildniß von T. M. porsfall durch
breite Pinselführung wirksam abstecken. In einer Kollektion
 
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