Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 8.1903

DOI article:
Zur Wiener Stadtmuseumsfrage
DOI article:
Haenel, Erich: Dresdner Kunstbrief
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.61999#0122

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
)02 Die Kunst-Halle. Nr. 7

allein um seine äußere Erscheinung, wenn dasselbe
auch für den beabsichtigten Zweck ungeeignet ist, so ist
dies unrichtig und entspricht ganz der Kamxfesw eise
der Sezession, hier seien sofort Beweisstücke für
diese angeführt: Es ist unwahr, daß der Architekten-
klub sich gegen die Anfertigung der Modelle beider in
Betracht kommenden Entwürfe ausgesprochen hat.
Lerner nennt die Sezession den Architekteuklub der
Wiener Künstlergenossenschaft in ihrem Schreiben an
Euer hochwohlgeboren eine Privatgesellschaft. Ist die
Sezession etwa eine amtliche Gesellschaft? Der Künftler-
genossenschaft gehören 67 Architekten als Mitglieder an,
der Sezession nur 5. Allerdings befindet sich unter
diesen auch jener Herr, der sich für die Wiener Archi-
tekten schämt, daß sie unsere Stadt mit solchen Monu-
mentalbauten, wie das Rathhaus, die Universität, die
Museen, das Burgtheater, das Parlamentsgebäude rc.,
verunziert haben, während wir dieselben als Ruhmes-
titel unserer einstmaligen Mitglieder Ferstel, Hansen,
hasenauer und Schmidt ansehen. Wir aber würden
uns schämen und es tief beklagen müssen, wenn unsere
schöne Stadt fragwürdigen Bauexperimenten
ausgeliefert würde. Angesichts des Urtheils des
Preisgerichtes, bei welchem auf das Projekt Schachner
sich alle Stimmen, auch jene der Anhänger des Wagner-
schen, vereinigten, erhoffen wir, daß dasselbe von
unserer Gemeindeverwaltung zur Ausführung ange-
nommen wird."
III. Sezession. „Nachdem der Architektenklub der
Künstlergenossenschaft öffentlich gegen die Anfertigung
von Modellen für das Museum der Stadt Wien auf-
getreten war, fühlte sich die Sezession verpflichtet, in
einem Brief an den Bürgermeister der Stadt Wien
auch ihren Standpunkt zu vertreten. Wie aus dem in
allen Tagesblättern publlzirten Brief ersichtlich ist, hat
die Sezession sich jeder Polemik sowohl über die um-
strittenen Projekte, als über die Form des Streites ent-
halten. Darauf ergriff die Genossenschaft bildender
Künstler Wiens nochmals das Wort zu einem öffent-
lichen vehementen Angriff auf die Sezession im All-
gemeinen und einem von ihr hochgeschätzten Künstler
im Besonderen. Die Form, deren sich die Wortführer
der Genossenschaft hierbei bedienen, überhebt uns der
Nothwendigkeit, sie einer Antwort zu würdigen, was
wir mit Rücksicht auf die der Sache Fernerstehenden
ausdrücklich erklären zu sollen glauben." —
Wir unsererseits haben keine Veranlassung, in dem
Kunststreite Wiens Partei zu ergreifen; wohl aber lag
es auch für den draußen stehenden Chronisten nahe,
hier objektiv lediglich den Rechtsstandpunkt zu betonen.
Trotzdem möchten wir, da die Dinge einmal so weit
getrieben sind und die Oeffentlichkeit nachhaltig be-
schäftigen, gern wünschen, daß, entgegen dem von der
Genossenschaft vertretenen unleugbaren Rechte auf die
Anerkennung eines legalen Iuryspruches, dennoch der
Sezession der Wille gelassen werde, hat die Jury,
wie wir hoffen, nach strengster Prüfung und bestem
Wissen geurtheilt, dann dürste auch der Vergleich der
Modelle kein anderes Resultat ergeben. Dagegen wird
den Anfechtern des legalen Preisträgers vielleicht in
jenen Kreisen des Publikums der Nimbus entzogen
werden, die sich gewohnheitsmäßig zu den „Unter-
drückten" stellen — wenn den sentimentalen Leuten hier
ad oculos demonstrirt wird, daß Niemand unterdrückt
werden soll, sondern daß auf allen Seiten lediglich der
Wunsch besteht, das Beste für einen schönen Zweck zu
erreichen. G.

Zreröner Xunrtbriej.
der Kampf um die architektonische Umgestaltung
des altberühmten Terrassenbildes durch Wallot's
ä Ständehaus die Gemüther in Bewegung brachte,
ist das Interesse unseres Publikums für Alles, was mit
baukünstlerischen Problemen zusammenhängt, nie ganz
erloschen. Die zahlreichen Neubauten, die z. Z. :m
Werke sind — ich nenne nur das neue Ministerialgebäude
an der Tarolabrücke, die Lukaskirche, das Hauptpostamt
— werden eifrig und zum Theil unter nachdrücklicher
Ablehnung kritisirt. Man hat allmählich eingesehen,
daß die Architektur als freie Kunst bei gutem willen
auch dem Laienverstand zugänglich ist, und freut sich
nun des erweiterten kritischen Jagdgebietes. So kam
es, daß der Wettbewerb um den Bau einer Kapelle
für die Ehrlich'sche Stiftung trotz der verhältniß-
mäßigen Kleinheit des Objektes im vergangenen Monat
in den Mittelpunkt des kommunalen Interesses trat.
Da die Anlage nur flöO Sitzplätze verlangte, eine Bau-
summe aber von über 200,000 Mk. zur Verfügung stand,
so griffen die Architekten die Gelegenheit natürlich freudig
auf, einmal mit den künstlerischen Mitteln in's Volle zu
gehen. Kein Wunder, daß eine ganze Anzahl der
Bewerber gerade an diesem Ueberschuß künstlerischer
Schaffensfreiheit scheiterte: das Streben, der reichen
Mittel durch gehäufte Ornamentik, unorganische Deko-
ration oder übertriebenen Maßstab Herr zu werden,
hat die reichlicbe Hälfte der 38 Entwürfe für die prak-
tische Ausführung unmöglich gemacht. An dem, mit
dem f. Preis ausgezeichneten Entwurf von wilh. Kreis
und Otto Gußmann nimmt die schlichte Monumentalität
des Aeußeren sofort ein. Die Art, wie der kräftige,
nur in seiner Spitze etwas unklare Thurm mit dem
oblongen Schiff zusammenwächst, bringt das Ganze
als einen fertigen Organismus unmittelbar dem Be-
schauer nahe. Noch mächtiger steigert sich der monu-
mentale Grundzug im Innern, wo Gußmann die ganze
Fülle seines so hochentwickelten dekorativen Farbensinns
spielen läßt. Liner derartigen Schöpfung wird man mit
konfessionellen Gesichtspunkten, wie sie jetzt aufzutauchen
scheinen, Forderungen protestantischer Schlichtheit u. a. m.
nicht gerecht. Man sollte sich darüber freuen, wenn
Kreis auch einmal in Dresden selbst zeigen kann, wie-
weit seine künstlerische Persönlichkeit, der andere Orte
schon soviel verdanken, gereift ist. Der Entwurf des
2. Preises, von W. Opfermann, zeichnet sich besonders
durch die prachtvoll schlichte und zweckmäßige, auch
malerisch feinsinnige Durchbildung des Innern aus,
während Turt Ufer (5. Preis) die Silhouette des äußeren
Aufbaues, mit der originellen Lckstellung des Thurmes,
besonders geglückt ist. Am anmuthigsten im Stil einer
ländlichen Kapellenanlage ist M. h. Kühnes Arbeit
aufgefaßt, bei der nur die ungeschickte Gothik des Fenster-
maßwerks stört. Die Absonderlichkeiten, denen man unter
den Entwürfen sonst begegnet, könnten ein architektonisches
Karikaturenalbum füllen: Is stzüe möllerns, vulgo Jugend-
stil feiert selbst an solch' ernstem Vorwurf hier wahre
Orgien. Der Eindruck, daß das architektonische Schaffei:
der Gegenwart der Klärung, und sei es selbst durch
das Ferment eines historischen Stilcharakters im einzelne::
Fall, dringend bedarf, wird auch vor dieser Gruppe
von Leistungen wieder warnend lebendig.
Einer Moderne, wie sie uns als erreichbar und
segensvoll vorschwebt, sucht jetzt Theophil Müller,
der Inhaber der jungen F:rma „Werkstätten für
deutschen Hausrath", den Weg in's deutsche Bürger-
haus zu bahnen. Auf dem letzten Hauptwort liegt der
 
Annotationen