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Die Kunst-Halle — 8.1903

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Grosse Berliner Kunstausstellung 1903
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Die D u n st - H a H e.

Nr. 2^

373

goldigen „Iuliabend" im Birkenwäldchen ein koloristisch
äußerst feingestimmtes, in der großen Leinwand
„Sommerlust" eins der farbenprächtigsten Gemälde
der Ausstellung geliefert hat. Gr ist der frohsinnige
Lyriker dieser Gruppe.
Linen ausgezeichneten Beobachter des deutschen
Buchenwaldes im Sommer, dessen Darstellungen ebenso
malerisch wirksam wie gewissenhaft durchgeführt find,
hat unsere Dünstlergemeinde in Paul Flicket kürzlich
verloren. Seine durch Sonnenstecke belebten lauschigen
Waldinterieurs gehören hier zu den besten Landschaften.
Als Schilderer unserer stimmungsvollen Tannen- und
Fichtenwälder wissen Tarl Heßmert (Dolberg),
Heinrich Dohnert, V. Freudemann, August Dahle,
L. Douzette, Tarl Dapxstein nachhaltiger zu fesseln,
aber wir müssen uns versagen, die persönlichen Eigen-
heiten dieser Künstler näher zu würdigen. Don Feld
und Flur haben malerisch trefflich verwerthete Sommer-
und auch Winter-Motive geliefert: O. H. Engel, W. Feld-
mann, G. Frenzel, N. Dammeier, Hans Hartig, Hans
Dlohß, T. Langhammer, Franz Lixpisch, W. Llfert u. A.
Die Linen schufen intim gesehene Ausschnitte schlichter
heimatlicher Gegenden, die Andern ließen ihren: kolo-
ristischen Vermögen freieren Lauf und steigerten das
farbige Leben des Naturbildes zu poetischer Wirkung.
Und endlich besitzt auch Berlin einige Landschafter,
die am liebsten ihre Motive in der Ferne suchen. Außer
den oben Genannten sind noch L. Döxler d. I.,
Hans Meyer, F. Lechner und Hans Busse zu nennen,
deren Beiträge namentlich durch die poetische Stimmung
italienischer Szenerien den Beschauer sympathisch an-
sprechen. Lechner's „Schlucht" ist als Temperamalerei
auch technisch von Interesse. Die Schilderer von
Architekturen und Dorfansichten, unter denen besonders
Albert Hertel und Max Uth mit einer Anzahl aqua-
rellirter Stücke hervorragen, sollen zum Schlüsse nur
gestreift werden.
Bei den Düsseldorfern, die fast sämmtlich auf
dem gesunden Boden der Heimat stehen, herrscht die
durch Stimmung malerisch verfeinerte Wirklichkeits-
schilderung vor. In: Rahmen dieses landschaftlichen
Realismus lernen wir bei diesen Dünstlern die nähere
und entfernte Umgebung des Niederrheins kennen.
H. Liesegang dehnt sein Studiengebiet bis Holland aus
L. Dampf giebt abermals ein dörfliches Motiv aus
Flandern in dunkler Tönung. Peter Greef versteht
Birken trefflich zu malen; H. Hartung giebt ein Stück
des kultivirten Rheinufers; Max Hünten, Tornelius
Wagner u. A. wissen in ähnlicher Richtung zu inter-
essiren. Hugo Mühlig wirkt in einer Hannoverschen
Dartoffelernte kleinen Formats ebenso unwiderstehlich
echt wie in einer köstlichen Lntenfamilie, die sich mit
anderem Geflügel auf grünem Wiesenhange träge
sonnt. A. Bertrand's „Dlostergarten" mit jungen
Mönchen ist eine vollwerthige Probe von delikater Ton-
malerei. Auch die Abendlandschaften von Graf von
Merveldt und H. Hermanns stehen auf der bekannten
künstlerischen Höhe dieser feinfühligen Schilderer. Von
ihrer aparten koloristischen Weise bieten sodann
<N. Ackermann und Julius Bergmann einige Beiträge,
von denen freilich die des letzteren mit dessen vor-
jährigen Leistungen nicht rivalisiren können. Desgleichen
interessirt F. von Wille, der Poet und Stllist unter den
Düsseldorfer Landschaften, mit seinen Lifelbildern,
seinen einsamen grünen Hügelxersxektiven weniger als
im Vorjahre. H. L. Pohle, der xinselsichere Porträtist,
gravitirt mit den bunten Palettentönen einer Ideal-
landschaft nach gewissen Münchenern, zumal H. Urban.
Natürlich fehlt die G. Achenbachschule, vertreten

durch den Italienschilderer A. Flamm, in diesem Dreise
nicht. Drei Gemälde des Altmeisters selbst, süd-
italienische Motive, gehören durch den unvergleichlichen
Zauber der Farben und der Luftperspektive zu dessen
besten Schöpfungen.
Die Sensation der Münchener Abtheilung ist die
Riesenleinwand von Ludwig Willroider „Nach der
Sintfluth", gewiß eine künstlerisch wie technisch erst-
rangige Leistung, wenn man die Schwierigkeiten er-
wägt, die gewaltige Fläche dieser in Graubraun ge-
tauchten Berglandschaft mit den überall abstießenden
Gewässern, den dunstigen flüchtigen Wolkenmassen ein-
heitlich zu gestalten und mit echter RegenstimmNng zu
sättigen. Andsrsen-Lundby und Zeno Diemer treten
gleichfalls mit virtuos gemalten Gebirgslandschaften
auf. I. Willroider auf der einen Seite ist mit seinen
Isarmotiven als klassischer Vertreter des Realismus
von gestern anwesend. Buttersack und Hermann
Hartwich (vgl. Abbg.) vertreten die frische Wirklichkeits-
schilderung von heute. Die poetisirung der landschaft-
lichen Natur tritt uns hier endlich in mehreren Bei-
trägen von Th. palmw, Lrnst Liebermann und am
wirksamsten in den idealen Tampagnamotiven Herman
Urban's entgegen; die farbenschönen Arbeiten des
letzteren sind übrigens in einer leuchtenden Tempera-
Harzenkaustik ausgeführt.
An die übrigen deutschen Dunstzentren wird nur
durch eine geringe Zahl von Werken erinnert; aber es
ist doch manches Gute darunter. Dresden hat, außer
der überragenden Draft L. Bracht's, noch den poesie-
vollen M. Pietschmann, den feinen Intimisten w. Tlau-
dius und die kräftigen Realisten R. Sterl und F. Hoch-
mann als Vertreter. Aus Karlsruhe lernen wir
neben den bewährten Landschaftern p. von Ravenstein
und G. Dampmann einen Neuling, Wilhelm Lacken-
meyer mit einem „Lifeldorf", einem dunkeltonigen
Naturausschnitt von feiner Behandlung, kennen; auch
Max Roman kommt mit verschiedenartigen Motiven,
als schlichter Beobachter der Wirklichkeit gut zur Gel-
tung. Königsberg hat zwei seiner neuen hervor-
ragenden Lehrkräfte, L. Dettmann und O. Iernberg,
entsandt, zwei sehr unähnliche Koloristen. Iernberg
bietet rauhe ostpreußische Naturausschnitte, Dettmann
Schilderungen von wiesen und Felder:: in Morgen-
stimmung von gesteigertem koloristischen Ausdruck, aber
etwas summarischer formaler Behandlung. Endlich sei
einer der packendsten Darsteller von Wald- und Wiesen-
flächen genannt, Tarl Vinnen, der für das eine seiner
kraftvoll gemalten, herrlich beleuchteten Wald- und
Parkidylle ein auffällig großes Format gewählt hat.
Da ich den Gruppen des Auslandes bereits
früher eine freilich sehr flüchtige Würdigung zu Theil
werden ließ, so will ich an dieser Stelle nur noch einige
Namen nennen. Vortreffliche Beiträge verdankt die Aus-
stellung namentlich den Belgiern M. Blieck, V. Gilsoul,
p. Mathieu, Ld. Farasyn, A. Marcette, van Leem-
xutten, die in der That einen Glanzpunkt des Ganzen
ermöglichten. Von Holländern käme und zwar lediglich für
das Marinebild H. w. Mesdag in Betracht. Dagegen
hat Frankreich eine kleine Reihe namhafter Kräfte und
zwar fast ausschließlich Vertreter der impressionistischen
Landschaftsschilderung aufzuweisen: Monet, Pissarro,
Renoir, Sisley, L. Boudin, St. Lopine u. A. So
ändern sich die Zeiten: was der Geschmack nicht heilt,
heilt die Gewohnheit, und was die Gewohnheit nicht
heilt, heilt der Konkurrenzneid — so könnte inan den
Spruch des Hippokrates, als Motto für den Franzö-
sischen Saal im Moabiter Glaspalast, zeitgemäß ver-
ändern. Italien hat hier in Francesco Sartorelli einen
 
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