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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 9
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Rapsilber, M.: Aus den Berliner Kunstsalons
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Kunstchronik
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Nr. 9

Die Kunst-Halle.

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tauchen auf und verschwinden wieder und sind längst
vergessen, wenn ein neuer Schub auf der Bildfläche er-
scheint. Ls ist gewiß ein löbliches und vornehmes Be-
streben, wie es hier augenscheinlich obwaltet, junge
Talente zu fördern und ihnen die Gelegenheit zu bieten,
ihren weg in die Oeffentlichkeit zu finden. Aber es
kommt nur leider nichts dabei heraus, es müßte denn
die Lrkenntniß sein, daß das in die große Masse
wirkende Runstgönnerthum eine verlorene Liebesmüh',
ein echtes Talent aber keiner Gönner bedarf, sondern
sich selbst aus eigener Kraft am besten zu helfen und zu
fördern weiß, was soll man nun also aus der neuen
Ausstellung bei Wertheim herausheben? Etwa die
freundlichen Bilderchen von Franz Türcke, die sich an
allerlei alten malerischen Häusern, Gärten und Garten-
mauern ereifern, ein zierliches Virtuosenstück von Viktor
Freudemann, das die idyllische Lage von Lauterburg
im Schatten der Harzberge schildert, die Freilichtstudien
von Hans Klohß, dekorativ-dünnfarbige Landschaften
von Georg Altheim, eines Neulings aus Darmstadt,
von Theodor Hagen-Weimar schauen wir eine Nach-
lese zu der größeren Ausstellung, die er jüngst an dieser
Stelle hatte, sehr schöne und in Klarheit ausgereifte
Bilder, in denen bereits die schroffen Uebergänge aus
einer Malweise in die andere applanirt erscheinen. Den
Blick in das Thüringerland mit den Wundern der
Perspektive bieten zwei neue Bilder, und wie ein Märchen
muthet eine Weimarer Parkpartie an der Ilm an, den
grünsonnigen und geheimnißvollen Ort belebt die
Phantasie unwillkürlich mit Goethe'schen Gestalten. —
Im Salon Paul Tassirer sodann ist eine Aus-
stellung von Berliner Künstlern bedeutsamerer Art ver-
anstaltet worden. Natürlich rekrutiren sich die Beiträge
aus der Sezessionsgruppe. Mit Wohlgefallen wird
inan bemerken, wie sich Heinrich Hübner in seinem
Gebiet stetig verfeinert, wie er mit der zunehmenden
Glätte des Vortrags eine materielle wie geistige Schön-
heit mehr und mehr zu meistern versteht. Das gilt
vom Interieur sowohl wie vom Freilichtporträt. Bei
den Damenbildnissen wirkt sicherlich der grüne Sonnen-
zauber des Gartens mit, so daß eine eigene Anmuth
und Frische die Persönlichkeiten verklärt. Bemerkens-
werth ist auch ein Stillleben im Freilicht. Die mancherlei
Früchte und Blumen und Schalen auf dem blendend
weiß gedeckten Gartentisch boten ein entzückendes Problem
und man merkt der sauberen Malerei die Herzensfreude
an, die den Künstler bei der dankbaren Arbeit beseelte.
Aehnlich war's auch bei einen: Interieur, wobei das
Spiel von direktem Licht und Reflex fein beobachtet und
veranschaulicht wurde und bei alledem wird ersichtlich,
daß Hübner, wie mancher anderer wackerer Sezessions-
mann, sich nunmehr auf das Idealisiren der Farben-
werthe verlegt. In neumodisch outrrrter, mittlerweile
aber wohl schon abgestandener Mosaikschablone findet
der Landschaftsmaler Paul Baum seines Lebens und
Strebens Seligkeit. Ich denke mir aber, es könnte
einen sonst geistreichen Menschen auf die Dauer ver-
rückt machen, Tag aus Tag ein zu pünkteln und zu
tupfen. Auf die Länge muß dabei auch ein starkes
Talent veröden, und das gerade offenbart sich an den
neuesten Arbeiten Baum's, die durchweg ungenießbar
sind und ausgerechnet den Effekt verfehlen, auf den sie
angelegt sind. Allenfalls könnte man ein Aquarell aus
Konstantinopel und eine vom Nebel umflorte Landzunge
mit dem leis erschauernden Meer gelten lassen, weil
hier die betreffende Technik Oer Natur entgegenkam.
Am umfangreichsten aber ist diesmal Max Slevogt
vertreten, der strammste Berliner Naturalist. Man sieht
da, wie Slevogt vor lI Jahren malerisch bedeutsam

anfing, wie er dann sZHo mit seiner Ringerschule in
das krasse Extrem einer ungeschminkten Wirklichkeits-
malerei übersprang, um seitdem nut seinem farblosen
Ungestüm der Schönheitsfreude gesitteter Menschenkinder
Dohn zu sprechen. Slevogt produzirt unglaubliche
Massen von Skizzenkitsch, die bislang noch nicht zu
Zweck und Ziel geführt haben. Das Unfertige, Halbe
und Unzulängliche an der ganzen Art von Slevogt tritt
ferner an dem großen Bilde eines Sommermorgens,
das augenscheinlich als Prunk- und Nenommirstück ge-
malt ist, zu Tage. Hier strebte der Künstler nach dem
großen Wurf, nach der großen Form oder Stimmung,
aber er verrennt sich hiebei in eine wilde Strichele: und
wer das Bild einen Tag in der Stube zu hängen hat,
wird unfehlbar seekrank werden. Neuerdings scheint
Slevogt in die Bahnen Liebermann's einlenken zu wollen,
was die Bändigung der Töne in das starkmalerische
Grau anlangt. Das zeigt sich an einem großen Harems-
bilde. Ein Ritter hat einen Pascha todtgeschlagen und
zieht nun als Herr und Sieger in dessen Harem ein
und alsbald stürzen die nackten, hageren, knochigen und
grauhäutigen Weibsen über den riesenhaften Kerl her,
um ihn an allen vier Himmelsrichtungen zugleich der
störenden Rüstung zu entkleiden. In diesem Bilde lebt
eine malerisch forsche Kraft, es wirkt bei all der Ver-
zeichnung des Ritters sehr stark und nun mag man ab-
warten, ob sich Slevogt jetzt auf eine neue Seite legen
wird.
M. Rapsilber.

Aunrtckronik.
* Berlin. Die Kgl. Akademie der Künste hielt zum
Geburtstage des Kaisers am 27. Januar im Konzertsaale
der Hochschule für Musik in Lharlottenburg eine öffentliche
Sitzung ab, in der die Festrede von: Geheimrath Prof.
I. Otzen über „Das Moderne in der Architektur der Neuzeit"
gehalten wurde.
* Berlin. Für das Kaiser Friedrich-Museum be-
stimmt, traf in der Werhnachtswoche des verfloßenen Jahres,
als Geschenk des Sultans an den Kaiser, der Skulptur en-
schmuck des altorientalischen Schlosses M'schaffa, verpackt
in H22 Kisten, hier an. Prof. Strzygowski soll den Kaiser
s. Zt. auf den kunstgeschichtlichen Werth dieses frühmittelalter-
lichen Monuments, dessen Ruinen am Wege von Damaskus
nach Mekka liegen, aufmerksam gemacht haben. Außer Reliefs
gehören auch einigen Statuen von roher Behandlung zu diesen
Skulpturen.
Berlin. Für die Kgl. N ationalgallerie hat Bild-
hauer Hugo Bermald eine Bronzebüste des Historikers Heinrich
von Treitschke geschaffen.
* Berlin-Steglitz. Die Gemeindevertretung bewilligte
2000 Mk. zur Beschaffung eines von Prof. Hildebrandt zu
malenden Kaiserbildes für den Rathhaussaal.
* Leipzig. Ls besteht die Absicht, den Festsaal des
neuen Rathhauses mit Fresken zu schmücken. Line Ent-
scheidung in der Auswahl des Künstlers ist noch nicht ge-
troffen. Da der größte deutsche Vertreter der monumentalen
Malkunst, Prof. Hermann Prell, von Geburt Leipziger ist,
brauchte der Magistrat nicht sehr in die weite zu schweifen.
* London. Knepp Lastle in Sussex, ein altes Schloß,
wurde kürzlich mit allen Kostbarkeiten durch eine Feuersbrunst
eingeäschert. Nur wenige der Kunstschätze wurden gerettet. Die
Gemäldesammlung enthielt allein acht Holbeins, nämlich
Anna von Eleve; Eromwell; Graf von Essex; Eduard Stafford;
Herzog vow Buckingham; Sir Henry Guldeford; Lady Gulde-
ford; Sir Richard Rich, Kanzler Eduard VI.; Aegidius, der
weise uud das Porträt einer unbekannten Dame, von
 
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