Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0073
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2. Heft
DOI article:Bangel, Rudolf: Die Kunst auf dem internationalen Markt, II.: Bilder aus der Kollektion Preyer im Haag
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BILDER AUS DER KOLLEKTION PREYER IM HAAG
Äbb. 5. JAN STEEN, Die Triktrakfpieler
jünger als de Hooch und wahrfcheinlich Schüler des 1654 bei der Pulverexplofion um-
gekommenen Karel Fabritius. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß de Hooch und
Vermeer [ich gekannt haben. Es ift nur die Frage, welcher Künftler von dem anderen
am meiften gelernt, welcher den anderen am meiften beeinßußt hat. Eines der typifch-
ften Beifpiele für eine ftarke gegenfeitige Beeinßuffung ift das Bild bei Preyer: „Herr
und Mädchen am Tifch“ (Abb. 6). Intenfiver tritt die Übereinftimmung mit Vermeer
kaum zutage, als in diefem Bild des de Hooch. Wäre nicht der kräftig zinnoberrote
Stuhl im Vordergründe, nidit der Ausblick rechts in einen Hof, in den der warme
Sonnenftrahl einfällt, man könnte das Bild mit feinen orangegelben Vorhängen, mit
dem fanften Blau im Gewände des Mädchens, mit den bläulichen Schattentönen auf
deffen Armen und auf der Kanne, ja mit der ganzen Anordnung der Figuren für einen
Vermeer halten. Die Hauptgruppe im Vordergrund ift noch etwas kühl und fteif, das
für de Hooch Typifche ift jedoch auch in diefem Frühbild fchon trefflich gelungen: der
Durchblick ift von einer Wärme und Weichheit des Tones, wie ihn nur de Hooch be-
herrfcht hat. Vermeer vermeidet im allgemeinen diefe Ausblicke und kann, wenn er
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Äbb. 5. JAN STEEN, Die Triktrakfpieler
jünger als de Hooch und wahrfcheinlich Schüler des 1654 bei der Pulverexplofion um-
gekommenen Karel Fabritius. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß de Hooch und
Vermeer [ich gekannt haben. Es ift nur die Frage, welcher Künftler von dem anderen
am meiften gelernt, welcher den anderen am meiften beeinßußt hat. Eines der typifch-
ften Beifpiele für eine ftarke gegenfeitige Beeinßuffung ift das Bild bei Preyer: „Herr
und Mädchen am Tifch“ (Abb. 6). Intenfiver tritt die Übereinftimmung mit Vermeer
kaum zutage, als in diefem Bild des de Hooch. Wäre nicht der kräftig zinnoberrote
Stuhl im Vordergründe, nidit der Ausblick rechts in einen Hof, in den der warme
Sonnenftrahl einfällt, man könnte das Bild mit feinen orangegelben Vorhängen, mit
dem fanften Blau im Gewände des Mädchens, mit den bläulichen Schattentönen auf
deffen Armen und auf der Kanne, ja mit der ganzen Anordnung der Figuren für einen
Vermeer halten. Die Hauptgruppe im Vordergrund ift noch etwas kühl und fteif, das
für de Hooch Typifche ift jedoch auch in diefem Frühbild fchon trefflich gelungen: der
Durchblick ift von einer Wärme und Weichheit des Tones, wie ihn nur de Hooch be-
herrfcht hat. Vermeer vermeidet im allgemeinen diefe Ausblicke und kann, wenn er
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