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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 6.1914

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2. Heft
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Friedeberger, Hans: Die Anbetung der Könige von Hugo van der Goes
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https://doi.org/10.11588/diglit.26375#0084

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DIE ANBETUNG DER KÖNIGE VON HUGO VAN DER GOES

Bei Rogier läßt fich irgend ein Einfluß der behaupteten italienifchen Reife nicht
nachweifen. Bei unferer Anbetung der Könige fcheint er mir aber außer Zweifel zu
flehen. Er zeigt fich zunächfl in der ganz neuen freien und hoheitsvollen Art der
Repräfentation, in der Art, wie bei einzelnen Teilen, namentlich bei dem knienden
König die Falten in neuer, großartigerer Weife behandelt find, dann aber in Einzel-
heiten. So nordifch Motive wie die Haltung des zweiten Königs und noch mehr die
des Mohrenkönigs find — die hintenübergebeugte Haltung, und das unbeftimmte lockere
Faffen der Linken — fo wenig paffen Dinge in diefe Welt, wie das Motiv des knien-
den Pagen, von dem der mittlere König das Gefäß empfängt. Alles, die Art des
Kniens, die fchwungvolle graziöfe Art des fich Vorbeugens und Darbringens, ja fogar
die Farben des Gewandes (zu einem hellen violettroten Unterkleide ein hellblauer
Mantel) gehören nicht zu den Dingen, die im Norden heimifch find. Sieht man end-
lich einen Kopf wie den des Knaben in der rechten Ecke, unter dem fogenannten
Selbftporträt des Malers, fo meldet fich die Erinnerung an jugendliche Köpfe im Werke
Verrocchios, etwa an den Tobias des Florentiner Akademiebildes.

Rückwärts weift der Typus des knieenden Königs zu dem Frühwerk Hugos van der
Goes, dem Mittelbilde des Altars der Liechtenfteingalerie. Hier erfcheint in dem knien-
den König derfelbe Kopf. Die Figur erhält auf dem Frühbilde noch eine befondere
Bedeutfamkeit dadurch, daß die beiden anderen Könige auf den Flügel des Altars ver-
wiefen find. Bedeutet diefe Auszeichnung und Wiederholung vielleicht, daß wir es mit
dem Porträt einer beftimmten hervorragenden Perfönlichkeit zu tun haben?

In der farbigen Erfcheinung fällt auf, mit welcher Konfequenz eine einheitliche

Lichtführung angewendet ift. Auch die reiche Abflufung des Inkarnats überrafcht. Die
feinflen, kühlften Töne gehören der Madonna und dem Kinde, die dadurch, trat} der
feitlichen Verfchiebung der Hauptgruppe, einen fehr flarken Akzent erhalten. Jofeph
der übrigens in der Malerei etwas flauer erfcheint — und der knieende König haben
wärmere Tönung, dann wird es nach rechts immer wärmer, bis die Färbung bei dem
Mohrenkönig in einem goldig warmen Ton gipfelt. Dementfprechend ift auch das Kleid
der Maria kühler, ein hellviolettes Untergewand mit blauem und fmaragdgrünen Mantel,
jofeph trägt gleichfalls ein kühl-violettes, mehr ins rötliche fallendes Gewand mit braunem
Kapuzenmantel und weißem Überwurf. Den farbigen Höhepunkt der Kompofition
bildet der glühend kirfchrote Mantel des knieenden Königs, deffen Farbe fich, ge-

dämpfter, in der Mütje des flehenden Königs wiederholt, ln der rechten Ecke herrfchen
dann die olivgrünen Töne mit warmem braunen Schimmer, unterbrochen durch Brokate,
die der Ärmel des knienden Königs bereits ankündigte.

Das ift das, was man bisher fagen kann. Nun hat der befte Kenner der Materie

das Wort: Direktor Friedländer wird fich im Jahrbuch der kgl. Preußifchen Kunfl-

fammlungen ausführlich über das neue Bild äußern.

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